29. Juni 2017: Kleine Ökostromgesetznovelle im Parlament beschlossen

 

Die Kleine Ökostrom­gesetznovelle gewähr­leistet den weiteren Ausbau von Windkraft, Photovoltaik, Biogas und Klein­wasser­kraft­. An den Beschluss dieser wichtigen Novelle noch vor den Wahlen hatten selbst Insider nicht mehr geglaubt. Überraschend hat man sich nun doch noch im Parlament geeinigt.

 

Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, ist es dringend notwendig, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Weil die Preise am europäischen Strommarkt aktuell sehr niedrig sind, sind dafür eine gezielte Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen notwendig.

 

Die Klleine Ökostromgesetznovelle schafft vorübergehend Abhilfe. Für eine mittel- und langfristige Lösung muss aber noch mehr geschehen.


Das Hauptproblem besteht darin, dass vor allem in Deutschland, aber auch in anderen EU-Ländern der Ausbau der Solarstromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik boomt - was ja sehr gut ist. Aber die Politik hätte schon längst dafür sorgen müssen, dass fossile Brenn- und Treibstoffe (und Atomstrom) staatlich geregelt schrittweise verteuert werden.

Die Folge dieses Versäumnisses ist, dass die Energiewende derzeit kein Substitutionsprozess ist, sondern ein Additionsprozess. Das heißt, Strom aus erneuerbaren Energiequellen dient nicht dazu, den Einsatz fossiler Energieträger zurückzudrängen, sondern insgesamt das Energieangebot zu erhöhen und somit Energie zu verbilligen. Derzeit kommt außerdem die Tatsache dazu, dass der Weltmarktpreis bei Öl sehr niedrig ist.

Österreich rühmt sich, bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen ganz vorne zu sein, obwohl es eigentlich, von Natur aus mit Wasserkraft gesegnet, nur diese Energiequelle intensiv nutzt. Bei den anderen Erneuerbaren – vor allem bei der Photovoltaik und beim Biogas – geriet Österreich ins Hintertreffen. Dazu kommt, dass der Import von Windstrom aus Deutschland („verunreinigt“ mit Fossil- und Atomstrom) extrem billig ist, während andererseits Betreiber von Biogasanlagen und Kleinwasserkraftwerken mit diesen niedrigen Strompreisen nicht mithalten können. Zudem hält sich die Bereitschaft der österreichischen Politik, sich mit voller Kraft für den Ausbau der Grünstromgewinnung einzusetzen, in Grenzen.  

 

Nach dreijährigem Tauzeihen wurde heute nun doch die Kleine Ökostromgesetznovelle mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen.

 

Kleine Fortschritte:

 

Windenergie: 45 Millionen Euro fließen in die Förderung von Windenergie. Es kann nun endlich mit dem Abbau der Warteschlange (260 bereits genehmigte Anlagen) begonnen werden.

 

Photovoltaik: Bei der Photovoltaik ist nun die volle Ausschöpfung der Fördersumme von jährlich acht Millionen Euro ermöglicht worden; ebenso eine Investitionsförderung in der Höhe von 30 Millionen Euro für Erzeugungsanlagen und Speicher. Außerdem dürfen nun auch Gemeinschaftsanlagen auf Mehrparteienhäusern errichtet werden.

 

Kleinwasserkraft: Eine Million Euro wird aus dem Resttopf in das Kontingent für Kleinwasserkraft verschoben und die Investitionsförderung wird erhöht. Zusätzlich gibt es ein Sonderkontingent zum Abbau der Warteschlange in der Höhe von 3,5 Millionen Euro.

 

Biogas: Der Großteil der 300 österreichischen Biogasanlagen ist vor 13 Jahren ans Netz gegangen. Die Förderung ist somit ausgelaufen. Daher werden 11,7 Millionen Euro auf drei Jahre zur Verfügung gestellt. Die Betreiber müssen allerdings die Auflage erfüllen, nur bis 60 Prozent des Substrats in Form von Getreide bzw. Mais einzusetzen. Der Rest muss von biogenen Abfällen kommen. Bei Neuanlagen darf der Getreide- bzw. Maisanteil nur mehr bei 30 Prozent liegen.

 

Der Betrieb von Biogasanlagen ist zu aktuellen Marktpreisen zumeist unrentabel. Ursprünglich war daher vorgesehen, unrentable Anlagen zu schließen. Die Betreiber hätten dafür sogar eine Abwrackprämie erhalten. Es ist das Verdienst der Grünen (deren Zustimmung für das Verfassungsgesetz gewonnen werden musste), dass es nicht dazu gekommen ist.

 

Man bedenke, dass für den Umstieg auf erneuerbare Energien die (ökologisch und sozial verträgliche) Nutzung aller Potenziale dieser Energiequellen notwendig ist. Aller Potenziale! Auch die Nutzung des Biogaspotenzials!

 

Nur bei Nutzung aller Potenziale kann aus heutiger Sicht – bis etwa 2050 – die Hälfte des derzeitigen Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen aufgebracht werden. Die andere Hälfte muss durch Energie- und Verkehrseffizienz und durch Verhaltensänderungen eingespart werden.

 

Dass dazu neben intensiver Aufklärung und Aufrufen zu Verhaltensänderungen (Gehen, Radfahren…) und neben massivem Bahnausbau und Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch einschneidende ordnungspolitische Maßnahmen nötig sind (z. B. eine steigende CO2-Abgabe auf fossile Brenn- und Treibstoffe – gepaart mit Sozialausgleich und Senkung der Arbeitskosten), liegt wohl auf der Hand.

 

Aber welche politische Partei kann die CO2-Abgabe thematisieren? Welche große Tageszeitung getraut sich, auf die Notwendigkeit einer solchen Abgabe hinzuweisen? Welche Partei wagt es, zur Umsetzung des Weltklimavertrags sich dafür einzusetzen, dass die geplante „Integrierte Klima- und Energiestrategie“ einschneidende Maßnahmen enthält? Sie hätte bei der nächsten Wahl nur geringe Chancen!

 

Die derzeitige Art der Demokratie braucht daher eine Weiterentwicklung, indem die künftigen Generationen indirekt (denn sie leben ja noch nicht) ein Mitbestimmungsrecht erhalten, damit der Umwelt- und Klimaschutz endlich wirklich eine Chance erhält.

 

Es könnte diese Vertretung der künftigen Generationen von einer demokratisch legitimierten, unabhängigen Kommission (dem Rechnungshof oder Verfassungsgerichtshof vergleichbar) wahrgenommen werden, ausgestattet mit absolutem Vetorecht. Uns, dem Verein Klimaschutz-Initiative, ist dies ein großes Anliegen.

 

Nachdem es diese neuen Strukturen noch nicht gibt, müssen wir auf die gestaltende Einflussnahme von NGO’s und vielleicht auch einzelner beherzter Politiker (und Gerichte, wie kürzlich der Bundesverwaltungsgerichtshof) hoffen, dass sie als Lobbyisten für Nachhaltigkeit eintreten.

 

Große Hoffnung setzt die Ökostrom-Branche auf die große Ökostromgesetznovelle. Sie ist für Dezember angekündigt und soll ein neues, wettbewerbsfähiges Fördersystem bringen. Diese Gesetzesänderung muss allerdings auch von der EU-Kommission genehmigt werden.