9. Februar 2015: Widerspruch zwischen Verkehrspolitik und Klimaschutz

 

Ohne massive Verkehrsverlagerung von der Straße zur Schiene ist die notwendige Reduktion des Energieverbrauches nicht vorstellbar. Wie sollen aber Herr und Frau Österreicher den Klimaschutz ernst nehmen, wenn unsere Verkehrs- und Infrastrukturpolitiker mit gegenteiligem Beispiel vorangehen, indem sie mit Riesenaufwand die Flächen für den PKW- und LKW-Verkehr vergrößern, statt im selben Ausmaß und österreichweit in die Schiene zu investieren?

 

Eine Weltklimakonferenz nach der anderen mahnen zur Umkehr. Die Wissenschaft warnt, dass der Klimawandel noch schlimmere Folgen haben könnte, als bisher angenommen wurde. Aber was kümmert das unsere Politiker?

 

So lässt es sie völlig kalt, dass der Ausbau und die Attraktivierung des Bahnverkehrs eine der wichtigsten Aufgaben wäre. Denn energetisch und emissionsmäßig ist die elektrisch betriebene Bahn in Österreich auf Grund des hohen Anteils an Wasserkraftstrom dem Straßenverkehr und dem kontinentalen Fugverkehr schon heute haushoch überlegen. Außerdem lassen sich Diesel-Strecken ohne Riesenaufwand in relativ kurzer Zeit elektrifizieren, während die Umstellung des Straßenverkehrs auf direkten oder indirekten Stromantrieb Jahrzehnte dauern wird.

 

Dennoch ist der Straßenbau den Verkehrs- und Infrastrukturpolitikern wichtiger als der Bahnausbau. In ländlichen Regionen droht vielen Bahnen sogar die Betriebseinstellung und die Streckenstilllegung.

 

Beispiel Niederösterreich:

 

In Niederösterreich fand 2011 ein beispielloser Kahlschlag bei den Regionalbahnen statt. Die Landesregierung hatte 2010 groß angekündigt, 28 Bahnstrecken mit dem Anspruch von den ÖBB zu übernehmen, es besser zu machen als die ÖBB, der bessere Betreiber zu sein, und hat sich dies mit 162 Millionen Euro von Bund & ÖBB „vergolden“ lassen. Das Land Niederösterreich wurde aber diesem Anspruch nicht gerecht und sorgte dafür, dass nur 6 % der Streckenlänge im Regelbetrieb verblieben. Die Übernahme war somit eher ein großes Immobilienprojekt – Verwertung von Bahngrund in den Gemeinden.

 

Prominentestes Opfer diese Kahlschlags: Die Donauuferbahn, auch Wachaubahn genannt. Auf Grund heftiger Proteste gibt es nun in der Sommersaison Tourismusverkehr zwischen Krems und Emmersdorf.

 

Verkehrte Verkehrspolitik in Oberösterreich:

 

In der Ausgabe der „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 16. Jänner 2015 wurde über die enormen Schäden berichtet, die der Klimawandel in Österreich bis 2050 verursachen wird. In derselben Ausgebe las man, dass im Jahr 2015 das Land Oberösterreich und die Asfinag 353 Millionen Euro in den Straßenausbau investieren wollen.

 

Ist das nicht ein Abbild der falschen Klimapolitik? Man weiß, was der Klimawandel anrichten wird, wenn wir (und die Welt) uns nicht bald und radikal ändern, aber investiert dennoch ins verkehrte System, nämlich ins System Straße. Auf der einen Seite die klare Botschaft, dass eine Verkehrswende stattfinden muss, auf der anderen Seite freuen sich Politiker, dass bezüglich Linzer Westring der Baubeginn im Sommer 2015 fast sicher ist. Dieser Wahnsinn wird 650 Millionen Euro verschlingen.

 

Eine ganze Phalanx oberösterreichischer Politiker rückte vor einigen Jahren in Richtung Wien aus, als man dort den Versuch unternommen hatte, den Linzer Westring in Frage zu stellen.

 

Und wie intensiv ist der Einsatz der oberösterreichischen Politiker (und der oberösterreichischen Mainstream-Medien) für den Bahnausbau? Wo ist die Phalanx, die in Wien für den Ausbau der Summerauer Bahn und der Pyhrnbahn eintritt? Statt – wie versprochen – vor Errichtung der Mühlviertler Schnellstraße S 10 die Summerauer Bahn auszubauen, wurde dieser Ausbau wegen Geldmangel auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Für den Bau der S 10 ist aber sehr wohl Geld vorhanden.

 

Gestern erreichte Oberösterreichs Verkehrspolitik einen weiteren Tiefpunkt: Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl und der Linzer Bürgermeister Klaus Luger gaben bekannt, für welche Variante der Linzer Ostumfahrung man sich entschieden habe. Diese ca. 14 Kilometer lange Straßenverbindung zwischen der Westautobahn (Knoten Ebelsberg) und der Mühlkreisautobahn (Knoten Treffling) wird bis zu 750 Millionen Euro kosten und den Pfenningberg in einem 5,5 Kilometer langen Tunnel unterqueren. Mit dem Bau soll 2025 begonnen werden.

 

Geradezu lächerlich ist es, dass sich Oberösterreichs Verkehrspolitiker rühmen, die Verlängerung der Salzburger Lokalbahn um 2,5 Kilometer von Trimmelkam bis ins oberösterreichische Ostermieting mitfinanziert zu haben. Ganz zu schweigen von den geplanten Schildbürgerstreichen,

  • die Mühlkreisbahn auf Schmalspur umspuren zu wollen, statt sie in Normaspur zu belassen und als solche zu modernisieren – und die bestehende Verbindung zum Linzer Hauptbahnhof, nämlich die so genannte Hafenbahn, in die Mühlkreisbahn zu integrieren,

  • und die Linzer (Schmalspur)-Straßenbahn bis Pregarten über Gallneukirchen verlängern zu wollen, statt in diesem Korridor in Normaspur das zweite Gleis der Summerauer Bahn zu errichten, womit auch dem Bezirk Freistadt und dem Schnellzugverkehr (Prag-Linz-Graz…) gedient wäre. 

Geradezu kindisch ist auch die Aufregung des offiziellen Oberösterreich über die Reduktion der Flüge von Linz/Hörsching nach Wien. Die Alternative, mit dem „Railjet“ der ÖBB von Linz direkt zum Flughafen in Schwechat zu fahren, ist doch wesentlich umwelt- und klimafreundlicher. Das Management der AUA (Lufthansa) hat eben erkannt, dass Parallelverkehr Flug-Schiene für so kurze Stecken unwirtschaftlich und unnötig ist. Und – sehr geehrte Herren Politiker – vor allem auch unökologisch!