8. März 2019: „Mir ist nicht mehr so bang, wie mir früher war“

 

Andre Heller, 73 Jahre alt, künstlerisches Multitalent, aufmerksamer Zeitgenosse und Sozialaktivist, zeigte sich in der heutigen Ö1-Radiosendung „Da capo: Im Gespräch" (16:05 bis 17:00 Uhr) sehr beeindruckt von den weltweiten Klimaschutz-Demonstrationen von Jugendlichen. Er schöpft aus diesen Aktionen die Hoffnung, dass die Jugend gerade begriffen hat, dass sie sich für den Klimaschutz intensiv einbringen muss. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht Heller auch deshalb, weil sein autobiographisches Buch, das sich "Wie ich lernte, bei mir selbst ein Kind zu sein" betitelt und in dem er seine schwierige Kindheit verarbeitet, von Regisseur Rupert Henning verfilmt wurde und Ende Februar in die österreichischen Kinos kam.

 

In der heutigen Ö1-Radiosendung „Da capo: Im Gespräch“ (16:05 bis 17:00 Uhr), erzählten Andre Heller und Rupert Henning im Interview mit Moderatorin Renata Schmidtkunz von der Kraft der Poesie, der Freude des mutigen Tätigseins, der Bedeutung von Liebe im eigenen Leben und von der Entstehung des Filmes "Wie ich lernte, bei mir selbst ein Kind zu sein" von Regisseur Rupert Henning, in dem die schwierige Kindheit von Andre Heller im Zentrum steht.

 

Heller ist ein Mann der Tat. So reagierte er auf die Tatsache, dass 2015 zur Zeit der großen Flüchtlingsströme die Bürgermeister in den Orten, wo die Flüchtlinge ankamen, total überfordert waren, und gründete gemeinsam mit Patricia Kahane und Elke Zuckermann die Initiative „Akt.NOW“, um die Überforderten beim Flüchtlingsmanage-ment zu unterstützen und ihnen einen Schauplatz zu bieten, wo sie sich austauschen konnten. Zusammen mit Künstlern, Politikern und NGOs hatte Heller diese Idee entwickelt. Seither findet halbjährlich in Wien eine internationale Bürgermeister-Konferenz NOW statt. Diese Treffen dienen internationalen Organisationen und Bürgermeistern als Plattform und Netzwerk zum Austausch – besonders in Flüchtlingsfragen. 

 

Frau Schmidtkunz interessierte sich dafür, woher Heller seine Tatkraft und seinen Optimismus nimmt, da doch in der heutigen Zeit viele Menschen mutlos seien und vor lauter äußeren Einflüssen nicht mehr wüssten, „was sie eigentlich denken sollen“. Schmidtkunz wollte wissen, woher dieser Mut heute komme, wie man ihn erlangen könne.

 

Darauf erwiderte Heller: „Da hab ich eine interessante Antwort, die ich vor fünf Wochen nicht geben hätte können. Mich hat das auch sehr beschäftigt.“

 

Heller verwies auf diesen letzten NOW-Kongress von Ende Jänner, zu dem sich Jugendliche aus 28 Ländern und Politiker aus unterschiedlichen Ländern und NGO-Spitzenvertreter in Wien versammelt hatten, um darüber zu reden, wie sich junge Leute in der Demokratiearbeit verankern können, und zwar relativ früh.

 

Zur Information:

Vom 28. bis 29. Januar 2019 fand in Wien die 6. Internationale Bürgermeister-Konferenz NOW statt, bei der es um die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Jugendpartizipation ging. Um Wege zu finden, die Beteiligung junger Menschen am politischen Diskurs zu sichern und ihre Anliegen zu Gehört zu verschaffen, brachte Act.Now 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 28 Ländern zusammen – etwa ein Drittel davon junge Männer und Frauen aus Europa, dem Balkan und der MENAT-Region.

Das Ziel war, mit der Jugend zu sprechen, nicht über sie.

Auf diese Weise traten jungen Teilnehmer/innen in einen offenen, ehrlichen und respektvollen Dialog mit Bildungsexpert/innen, Bürgermeister/innen und anderen Entscheidungsträger/innen, um die Gesellschaft, in der sie leben, zu gestalten. Die Konferenzteilnehmer/innen tauschten sich über ihre Erfahrungen zu Projekten aus, die sie bereits in ihren jeweiligen Gemeinden realisiert haben sowie über neue Projektideen, die im Zuge der Konferenztage entstanden sind.

https://www.now-conference.org/de/

 

Heller weiter: „Und dann hab ich drei Tage geschwiegen und bin dort mit offenem Mund gesessen in diesen Gösser-Hallen – die wir adaptiert hatten für den Kongress. Ich habe Dutzende 16., 17-, 18-, 19-, 25-Jährige kennen gelernt,

 die vollkommen klar wissen,

 sie müssen sich jetzt einbringen.

Die Politiker haben einfach nicht die Begabung, nicht die Loyalität zu dem, was ihr Beruf wäre, nicht das Wissen, nicht die Unkorrumpierbarkeit, nicht die Leidenschaft, um jetzt die Zukunft in der Qualität zu gestalten, die diese jungen Leute ausbaden müssen. Und das haben die (jungen Leute – Anmerkung) dort laut und deutlich – und ganz klug begründet und artikuliert – gesagt: ‚Wir nehmen unser Schicksal selber in die Hand!’ “

 

Heller setzte fort: „Es gibt derzeit weltweit Demonstrationen. In den USA sind Hunderttausende auf dem Weg gegangen nach Washington auf Grund des Verhaltens von Trump und haben gesagt: ‚Aus! Schluss! Jetzt mischen wir uns ein!’ Und ich glaube, dass sich da abseits der traditionellen Parteien, abseits der traditionellen Politik-Erfahrungen, die wir haben, eine neue Bewegung auftut, wo Millionen junger Leute sagen: ‚Unser Leben werden wir gestalten, nehmen wir in die Hand.’ Also da ist was, was ich nicht am Sucher hatte, was sicherlich weder die FPÖ, noch die SPÖ, noch die Grünen, noch die ÖVP am Sucher haben – in der Dringlichkeit, in der es schon stattfindet und sich auch geriert. Mir ist nicht mehr so bang, wie mir früher war.“

 

Quelle: Ö1-Radiosendung „Da Capo: Im Gespräch“ vom 8. März 2019, 16:05 bis 17:00 Uhr