6. August 2020: Immer mehr Menschen waren vor Corona im Flugzeug unterwegs

 

 

Waren im Jahr 1960 nur etwa 0,1 Milliarden Passagiere mit dem Flugzeug unterwegs, so waren es 2017 bereits 4,1 Milliarden. 2018 sollten es 4,3 Milliarden sein, für das Jahr 2036 werden bereits 7,8 Milliarden prognostiziert. Pro Tag waren 2017 11,2 Millionen Menschen an Bord. Etwa ein Viertel des weltweiten Luftverkehrs wurde in Europa abgewickelt – mit täglich 27.000 Flügen. (1)

 

Aber 2020 verursachte die Covid-19-Pandemie eine Zäsur, die den Flugverkehr in besonderer Weise dezimierte. Die Frage ist, warum erst die Coronakrise kommen musste, um uns klar zu machen, dass der Flugverkehr reduziert werden muss.  

 

„Die Reisebewegungen pro Person und Jahr sind in der Vergangenheit weltweit enorm gestiegen.“ Und damit auch die Flugreisen. „Ein Flug verursacht einen Anteil von 90 Prozent der Treibhausgas-Emissionen einer Urlaubsreise. Bei der Bahn sind es nur 18 Prozent.“ (2)

 

„Würden Flugpreise die wahren Kosten widerspiegeln und etwa Kerosinsteuer und Flugticketabgabe beinhalten, wären sie um vieles höher. Dadurch würden Flugzeuge dort und dann fliegen, wo keine brauchbare Alternative besteht. Auf anderen Strecken würden beispielsweise für Ziele in Europa internationale Bahnverbindungen ebenso entstehen wie gesundheitsfördernde Radreisen im eigenen Land.“ (2)

 

Ein besonderes Problem des Flugverkehrs sind die Kurzstreckenflüge

 

„Von 32 Prozent der Passagiere, die im Jahr 2019 von Wien-Schwechat abflogen, war ihr endgültiges Reiseziel weniger als 800 Kilometer entfernt. Insgesamt machten rund fünf Millionen Fluggäste einen Kurzstreckenflug. Davon hatten rund 638.000 Passagiere eine Flugdistanz von weniger als 400 Kilometer an ihr endgültiges Reiseziel. Weitere 1,54 Millionen Passagiere steuerten mit dem Flugzeug ein Ziel an, das nur zwischen 400 und 600 Kilometer von Wien entfernt ist.“ (3)

 

„Laut Umweltbundesamt verursachen die Inlandflüge in Österreich pro Personenkilometer rund 50 Mal mehr klimaschädliche Emissionen als die Bahn.“(3) „Viele Flüge in Europa und auch in Österreich sind kurz und in Bahndistanz. Kurzstreckenflüge weisen pro Kilometer einen besonders hohen CO2-Ausstoß auf.“ (3)

 

Das hat damit zu tun, dass beim Kurzstreckenflug das Verhältnis zwischen „Hubarbeit“ und waagrechter Gesamtentfernung sehr ungünstig ist. Denn der größte Energieaufwand (und somit CO2-Ausstoß) ist dann nötig, wenn das Flugzeug auf die nötige Höhe „gehoben“ werden soll - also für den Steigflug. Gering ist hingegen der Energieaufwand, wenn das Flugzeug die angepeilte Höhe erreicht hat und sich nur mehr waagrecht (noch dazu in dünner Luft) bewegen kann. Die Folge ist, dass Kurstreckenflüge sehr energie- und emissionsintensiv sind und daher vermieden werden sollten.

 

Seit Anfang Juli gibt es die täglichen Flugverbindungen zwischen Salzburg und Wien-Schwechat nicht mehr. Aber die Bahn ist noch keine Alternative

 

„Was Fridays for Future  und andere Klimaschützer seit Jahren vergeblich fordern, hat die Coronakrise und ihre wirtschaftlichen Folgen binnen weniger Wochen geschafft: Das Ende der ökologisch irrsinnigen Inlandflüge. Dennoch handelt es sich wieder einmal um eine typisch österreichische Lösung gemäß dem Motto: ‚Ich würde ja so gern, traue mich aber nicht ganz.’ Denn Flüge zu streichen, ohne zeitgleich das qualitative und quantitative Angebot auf der Schiene massiv auszubauen, ist nichts anderes als ein Schildbürgerstreich.“ (4)

 

Derzeit erreichen nämlich die Umsteigepassagiere die Tagesrandverbindungen wegen zu geringer Bahnverbindungen nicht. „Soll heißen: Bis der erste Railjet von Salzburg in Wien ist, sind die wichtigsten Flüge in Wien schon weg.“ (5)

 

Die Zeit wäre für die ÖBB gekommen, „ihre Rolle als ‚National Carrier’ für die Schiene neu zu definieren. Schon heute rollen die Nightjets der ÖBB als smarte Botschafter nachhaltiger Firmenpolitik durch halb Europa. Wer Milliarden in die Rettung maroder Fluglinien stecken kann, sollte auch genug Geld für bessere, schnellere und häufigere Zugverbindungen zwischen den wichtigsten Städten haben.“ (4)

 

Ein Vorschlag, der ernst genommen werden sollte: Für die Einstellung der Flugverbindung Salzburg-Wien hätte man „die ÖBB, den Salzburger und den Wiener Flughafen ins Boot holen“ können. „So hätte man ein strategisches Konzept andenken können, wo es eine direkte Zugverbindung vom Salzburger Flughafen zum Wiener Flughafen gibt. Nach erfolgreichem Probebetrieb mit der AUA könnte hier generell das Gepäck für alle Flüge ab Wien bei Anreise mit dem Zug eingecheckt werden. Der Passagier gibt somit in Salzburg sein Gepäck auf und nimmt es erst an der Endstation wieder entgegen.“ (6)     

 

Vor der Coronakrise flogen wenige viel, viele flogen aber wenig oder gar nicht

 

„Im Jahr 2019 gab es in Österreich doppelt so viele Personen, die noch nie geflogen sind, als Personen, die viel fliegen. 37 Prozent von Österreichs Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren flogen noch nie. 45 Prozent machen einmal im Jahr eine Flugreise oder seltener. Und nur 18 Prozent der Bevölkerung fliegen viel. 15 Prozent flogen im Jahr 2019 mehrmals, zwei Prozent mehrmals im Monat und ein Prozent mehrmals die Woche.“ (3)

 

Es wurde generell zu viel geflogen. Der Klimakurs im Flugverkehr heißt daher Reduktion

 

- Ausstieg aus fossilen Treibstoffen (Ziele, Zeitpläne und konkrete Maßnahmen festlegen)

- Fluggesellschaften zur Dekarbonisierung im Einklang mit der 1,5-Grad-Grenze verpflichten  (Erarbeitung von Unternehmensstrategien zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens)

- Keine weiteren Investitionen in den Kapazitätsausbau von Flughäfen

- Ausbau der Schnellzugstrecken

 

Steuerbefreiung für Flugkonzerne abschaffen und durch Anreize den Umstieg auf die Bahn fördern

 

- Subventionierung des Flugverkehrs stoppen

- Befreiung des Kerosins von der Mehrwertsteuer beenden

- Einführung der CO2-Bepreisung von Kerosin

- Erhöhung der Flugticketabgabe für Kurzstrecken auf mindestens 50 Euro

- Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung auf internationale Flugtickets

- Eine Vorreiterrolle könnte Österreich mit dem Plan übernehmen, dem beinharten Preisdumping der Billigfluggesellschaften mit einem Mindestpreis einen Riegel vorzuschieben

- Ausbau von Nachtzugverbindungen

- Einführung des 1-2-3-Tickets

 

 

(1) „Immer mehr Menschen im Flugzeug unterwegs“ in den „Salzburger Nachrichten“ vom 6. März 2018

(2) Brief des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) vom 22. Mai 2020 an die Mitglieder

(3) VCÖ-factsheet 2020-06

(4) „Standpunkt“ von Florian T. Mrazek, „Ein ‚National Carrier’ für die Schiene“; in: „Salzburger Nachrichten“ vom 20. Juni 2020

(5) „Grüne jubeln, Wirtschaft sieht Bruchlandung“ in der Lokalausgabe der „Salzburger Nachrichten“ vom 10. Juni 2020

(6) Leserbrief „Rettungspaket für das ‚Kulturgut’ AUA“ in den „Salzburger Nachrichten“ vom 30. Juni 2020