6. April 2019: Greenwashing
Wenn Unternehmen so tun, als würden sie sich um den Schutz des Klimas und der Umwelt bemühen, heißt das Greenwashing. Das gibt es auch in der Politik, wenn politische Entscheidungsträger so tun, als würden die von ihnen gesetzten Klima- und Umweltschutzmaßnahmen von großer Bedeutung sein, obwohl diese Maßnahmen völlig unzureichend sind.
„Grünes“ Heizöl?
In Wien und Niederösterreich gilt seit Jahresbeginn ein Verbot für Heizkessel im Neubau. Bundesweit soll das laut Regierungsvorgaben spätestens 2020 gelten. Aber genügt es, den Ölkessel zur im Neubau zu verbieten?
Nicht nur die Ölindustrie, sondern auch der Heizölhandel ist bestrebt, im Geschäft zu bleiben und fördert zumindest noch bis Jahresende mit 3000 Euro den Tausch eines alten Öltanks gegen einen neuen. Er setzt dabei neuerdings vor allem auf das Argument, dass es statt fossilen Heizöls bald ein nachhaltiges, „grünes“ Öl geben werde. Es handelt sich dabei um den Brennstoff HVO (Hydrotreated Vegetable Oil), der aus hydrierten pflanzlichen und tierischen Ölen gewonnen wird.
Ist das eine Klimaschutzmaßnahme? Man bedenke, dass es in Österreich noch keine Produktion von HVO gibt. Im Ausland erzeugtes „grünes“ Heizöl wird fast ausschließlich aus Palmöl gewonnen und müsste importiert werden. Altfette werden in Österreich schon jetzt fast zur Gänze wiederverwertet, und zwar zu Biodiesel. Sonnenblumen- und Rapsöl zu verwenden ist keine Lösung, denn dazu bräuchte Österreich mehr Fläche und müsste dann vielleicht mehr Mais und Weizen importieren.
Totales Umdenken ist nötig, um zu zukunftstaugleichen Heizlösungen zu kommen. Ein paar Grundsätze:
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Reduktion des Heizenergiebedarfes durch Wärmedämmung und Verhaltensänderungen.
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Verbrennung von biogenen Energieträgern in der Wintersaison in Heizkraftwerken (Kraft-Wärme-Kopplung): Nah- und Fernwärme im geschlossenen Siedlungsraum, Strom für die Peripherie zum Betrieb von Wärmepumpen (Erdkollektoren).
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Sommersaison „gehört“ der Sonnen (Solarthermie).
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Heizkessel werden zur Ausnahme.
„Sauberer“ Strom?
Derzeit sind die wenigsten Stromangebote so sauber, wie behauptet wird. Manche EVUs (Elektrizitätsversorgungsunternehmen) sind Etikettenschwindler. Sie betreiben Greenwashing, indem sie mit „schmutzigem“ Strom handeln und dabei vortäuschen, den Haushaltssektor mit „sauberem“ Strom versorgen zu können. Umso „schmutziger“ ist dann der Strom, den die übrigen Kunden erhalten (Industrie…). Mit diesem Trick versuchen diese EVUs, umwelt- und klimabewusste Menschen als Kunden zu gewinnen.
Es gibt nur wenige Vorreiter-Firmen, die den Mut aufbringen, ausschließlich „sauberen“ Strom ins Netz einzuspeisen. Deshalb beziehen ökologisch Gesinnte genau von solchen Firmen den Strom. So dienen sie der Annäherung an das oben genannte Ziel.
WWF und GLOBAL 2000 haben 2018 bereits zum zweiten Mal die österreichischen Grünstromanbieter unter die Lupe genommen und herausgefunden, dass mit garantiert „sauberem“ Strom nur ganz wenige EVUs Handel betreiben, so die W.E.B Windenergie AG (www.windenergie.at) und die Alpen Adria Energie AAE (www.aae-energy.com).
Laut WWF und Global 2000 sind diese beiden Stromanbieter „Treiber der Stromzukunft“. Das heißt, die zwei sind Schrittmacher der Energiewende. Gefolgt werden sie von vier weiteren Stromanbietern der Gruppe „Solide Grünstromanbieter“, also von Anbietern noch akzeptabler Qualität.
Darüber hinaus ist die große Mehrheit der sogenannten Grünstromanbieter nicht so sauber, wie sie gerne vorgeben. Mehr als ein Drittel des in Österreich verkauften Stroms wird mit zugekauften Nachweisen umetikettiert und „grün gewaschen“.
Genauere Informationen: https://www.wwf.at/de/stromanbieter-check/
Politisches Greenwashing
Unter dem Titel „Anreize sind kein Klimaschutz“ schrieb Martin Stricker in den Salzburger Nachrichten vom 16. Februar 2019:
„Politisches Greenwashing ist der Ruf nach ‚Anreizen’. Immer wenn es heißt, Verringerung von Emissionen könnten, sollten, dürften nur durch Anreize geschehen und keinesfalls mithilfe von gesetzlichen Vorgaben, ist größtes Misstrauen angebracht. Nichts gegen Anreize, aber sie bringen nur wenig. Es würde ja auch niemand einfallen, auf Tempolimits in Ortsgebieten zu verzichten und stattdessen zu verkünden, man werde Anreize suchen, um Raser einzubremsen. Oder zu sagen, man müsse auf Anreize setzen, um Waffenmissbrauch zu vermeiden, weil gesetzlichen Zwang lehne man ab.“