27. April 2018: Die Donauuferbahn muss gerettet werden!

 

Es besteht die Gefahr, dass demnächst damit begonnen wird, einen Teil der Donauuferbahn Linz/St.Valentin-Perg-Grein-Persenbeug-Marbach-Emmersdorf-Spitz-Krems abzureißen. Das heißt, zwei benachbarte Bundesländer betreiben konträre Verkehrspolitik: Während die Donauuferbahn im oberösterreichischen Abschnitt, nämlich im Bezirk Perg, mit neuen Bahnsteigen und steigenden Fahrgastzahlen ein Vorzeigebeispiel ist, besteht in Niederösterreich die Gefahr, dass der 19 Kilometer lange Abschnitt zwischen Weins (östlich von Sarmingstein) und Lehen-Ebersdorf (Gemeinde Emmersdorf) überhaupt abgetragen wird.

 

Zwischen dem Wachau-Ort Emmersdorf und dem in der Nähe von Persenbeug gelegenen Dorf Weins befindet sich ein Donauuferbahn-Abschnitt, für den der Abriss droht. Das wäre nicht nur eine unglaubliche Zerstörung von Kulturgut und von wertvoller Infrastruktur, sondern auch eine endgültige Unterbrechung der durchgehenden, Bundesländer-verbindenden Bahnstrecke von Wien über Krems nach Linz. Damit wäre die Wachau, eine der schönsten Landschaften Österreichs, per Bahn von Westen nicht mehr direkt erreichbar, sondern nur mehr über den Umweg St.Pölten-Krems. Außerdem wäre diese Zerstörung eine Aktion gegen den Klimaschutz, der eine massive Verkehrsverlagerung von der Straße zur Schiene erfordert.

 

Von Linz bzw. von St.Valentin fahren die Zuggarnituren der Donauuferbahn in Richtung Osten seit 2010 nur mehr bis Sarmingstein, also bis nahe der Landesgrenze zu Niederösterreich. Holztransporte gibt es noch zwischen dem niederösterreichischen Weins und dem oberösterreichischen Sarmingstein mit Fortsetzung Richtung Westen zur Westbahnstrecke. Von Weins ostwärts findet aber bis Emmersdorf seit 2010 kein Verkehr mehr statt. Auf dem Bahnkörper wachsen zum Teil bereits Sträucher. Die Sanierung würde ca. 15 Millionen Euro kosten. 

 

Konkretes Beispiel für eine mögliche Verkehrsverlagerung: Derzeit wird der Schotter vom Hartgranit-Steinbruch der Firma Loja (an der Donauuferbahn nahe Persenbeug) über das Kraftwerk Ybbs/Persenbeug mit riesigen 40-Tonnen-LKWs zur Westbahnstecke gebracht. Es handelt sich um 100.000 Tonnen Schotter pro Jahr. Die enorme Belastung setzt nicht nur dem Kraftwerk zu, sondern ist auch eine Zumutung für die Straßenanrainer (Lärm, Staub…). Daher wäre es sinnvoll, diesen Schotter (übrigens Bahnschotter!) auf der Donauuferbahn zu transportieren.

 

Da von Seiten des Bezirkes Perg an der Erhaltung der Donauuferbahn (DUB) großes Interesse besteht, verfassten die acht oberösterreichischen DUB-Anrainergemeinden St. Nikola, Grein, Saxen, Baumgartenberg, Arbing, Perg, Schwertberg, Mauthausen vor gut einem Jahr eine gemeinsame Petition. Diese Petition wurde an Entscheidungsträger überreicht, und zwar am 21. März 2017 an das Verkehrs- und Umweltministerium (Mag. Jörg Leichtfried, DI Andrä Rupprechter), am 26. September 2017 an Frau LH Mag. Johanna Mikl-Leitner und am 12. Oktober 2017 auch an LH Mag. Thomas Stelzer.

 

In Richtung Landes- und Bundespolitik wurde somit von den oberösterreichischen DUB-Gemeinden getan, was sie tun konnten. Jetzt sind die Bürgerinnen und Bürger am Zug, sich an der Unterschriftenaktion, die mit 15. April 2018 in der Pfarre Grein gestartet wurde, zu beteiligen. Diese Unterschriftenaktion wird von vielen Pfarren des Bezirkes Perg, vor allem von jenen der DUB-Anrainergemeinden, getragen. Es soll damit ein deutliches Zeichen gesetzt werden, dass die vollständige Erhaltung der DUB gefordert wird und dass man sich mit den niederösterreichischen Verkehrsinitiativen solidarisiert. An der Spitze der niederösterreichischen Initiativen steht das “Regional- und Verkehrsforum Waldviertel” (http://www.verkehrsforumw4.at/index.php), das von DDr. Josef Baum geleitet wird ( josefbaum@)lindner-edv.at ).

 

Nach Papst Franziskus ist der Klimaschutz eine der wichtigsten Aufgaben im Sinne der Schöpfungserhaltung. Da sich Bahnlinien wesentlich leichter elektrifizieren lassen als der Straßenverkehr und der Strom auf Bahnlinien effizienter in Bewegung umgesetzt werden kann als auf Straßen, ist die Bahn ein Klimaschutz-System (in Österreich außerdem schon zu über 80 % mit Wasserkraft-Strom betrieben). Daher sind die Erhaltung und der Ausbau des Bahnnetzes ein enorm wichtiges Anliegen. Das Wegreißen einer Bahnlinie ist hingegen abzulehnen. 

 

 

 

Zur neueren Geschichte des Personenverkehrs auf der DUB:

 

Bereits die Tatsache, dass die DUB von den ÖBB nur als nördlich der Donau verlaufende Ausweichstrecke zur Westbahnstrecke betrachtet wurde, führte dazu, dass der Oberbau bloß erhalten wurde, aber keine Attraktivierung des Angebotes im Personenverkehr stattfand. Dazu kam, dass mit dem Ausbau der parallelen Donau-Bundesstraße B3 diese an Kapazität und Attraktivität zulegte und daher auf der DUB der Güterverkehr an Bedeutung verlor und die Fahrgastfrequenzen in den Keller sanken. Lediglich die wenigen Fahrrad-Züge gewannen an Bedeutung, welche aber für die ÖBB kein Grund waren, das Angebot zu verbessern. Schließlich wurde 1986 bekannt, was die ÖBB mit der DUB planten, nämlich die Betriebseinstellung.

 

 

Erfolgsgeschichte in OÖ

 

Dagegen formierte sich aber Widerstand, sodass es nicht zur Betriebseinstellung kam. Vor allem im Bezirk Perg, also auf oberösterreichischer Seite, entstand die sehr rührige Bürgerinitiative „Fördergemeinschaft Donauuferbahn“. Dazu kam, dass für den Bezirk Perg als ersten Bezirk Oberösterreichs ein Nahverkehrskonzept erstellt wurde und die DUB zwischen St. Valentin und Sarmingstein (50 km) zur wichtigsten Nahverkehrsachse dieses Bezirkes erklärt wurde: Bahn als Rückgrat, Busse als Zubringer. Bald wurde mit der Attraktivierung des Bahnverkehrs begonnen, und zwar durch Verdichtung des Fahrplans, durch den Bau von Bahnsteigen, durch Einsatz moderner Fahrzeuge und durch die Errichtung der „Ennsdorfer Schleife“, mit der eine nach Westen ausgerichtete Einbindung in die Westbahnstrecke und somit eine Direktverbindung mit Linz entstand (es mussten nicht mehr alle DUB-Züge den Knoten St.Valentin anfahren, um dort auf die Züge der Westbahnstrecke umsteigen zu können – und umgekehrt).  

 

 

Der Beginn des Niederganges in NÖ

 

Auf niederösterreichischer Seite wurde hingegen von Seiten der ÖBB die Infrastruktur der DUB zunehmend vernachlässigt. Mit dem fortschreitenden Ausbau der Westbahnstrecke wurde aus Sicht der ÖBB die DUB als Ausweichstrecke immer weniger wichtig. Fuhren 1992 die Personenzüge zwischen Krems und St.Valentin noch im Zweistundentakt (mit Zusatzangeboten in der Wachau, besonders zwischen Krems und Spitz und mit zusätzlichen Zügen zwischen St.Valentin und dem Strudengau auf oberösterreichischer Seite), so konzentrierten die ÖBB ihr Angebot zusehends auf die Wachau und auf den Abschnitt Strudengau-St.Valentin. Im dazwischen liegende Nibelungengau, wo die Besiedelung nur wenige Konzentrationen aufweist (Marbach, Persenbeug), wurde der Fahrplan extrem dünn.   

 

Aber selbst in der Wachau folgten Fahrplan-Ausdünnungen, und zwar im südwestlichen Abschnitt, also zwischen Spitz und Emmersdorf. Ab Dezember 2005 gab es nur mehr ein Minimalangebot. Als Ersatz dienten Busse. Lediglich der nordöstliche Wachau-Abschnitt zwischen Krems und Spitz blieb von der Ausdünnungspolitik im Bahn-Personenverkehr verschont.

 

 

Der Trend zur Unterbrechung der DUB in NÖ

 

Und wie gingen die ÖBB mit den durchgehenden Radtourismus-Zügen Krems - Linz/St.Valentin um? Diese Züge waren die einzigen, auf deren Basis ein Minimalangebot im Nibelungengau, wie oben erwähnt, aufrecht erhalten wurde. Ab Mai 1998 passierten den Nibelungengau nur mehr drei Zugpaare pro Tag, davon zwei nur an Samstagen und an Sonn- und Feiertagen. Es versteht sich von selbst, dass für die dortige Bevölkerung die Bahn als Alternative zum Auto nicht mehr existierte. Die Absicht der ÖBB war klar: Man wollte den Nibelungengau nicht mehr bedienen.

 

Ab Dezember 2003 verkehrte zwischen Krems und St.Valentin immerhin noch ganzjährig ein Zugpaar. In der Sommersaison wurden zusätzlich drei Züge Krems-St.Valentin und zwei Züge St.Valentin-Krems angeboten.

 

Ab Dezember 2004 war’s aus mit der ganzjährigen Verbindung. Ein Zugpaar Krems-Linz stand nur mehr in der Sommersaison zur Verfügung. Das Zugpaar Krems-St.Valentin war zwar noch ganzjährig im Fahrplan enthalten, aber in der Wintersaison nur mehr eingeschränkt auf Samstage und Sonn- und Feiertage.

 

 

Vollzug der Unterbrechung

 

Mit Dezember 2005 begann für den Nibelungengau erstmals eine „zuglose Zeit“. Es wurde überhaupt nur mehr in der Sommersaison angeboten, und zwar mit je einem Zugpaar Krems-Linz und Krems-St.Valentin.

 

Der Ausdünnungstrend machte sogar vor der ersten Totalunterbrechung nicht Halt: Ab Dezember 2006 fuhr erstmals zwischen Emmersdorf und Aggsbach überhaupt kein Zug. Man beschränkte das Angebot nur mehr auf je ein Zugpaar Linz-Aggsbach und St.Valentin-Aggsbach.

 

Ab Dezember 2007 probierte man wieder die Rückkehr zu je einem Zugpaar Krems-Linz und Krems-St.Valentin. Ab Dezember 2008 wurde mit der Ausdünnung wieder fortgefahren, indem man das Angebot auf ein Zugpaar Krems-Linz beschränkte.

 

 

Und ab Dezember 2009 wurden auch diese Züge aus dem Fahrplan entfernt. Das heißt, im Nibelungengau gab es ab nun keinen DUB-Verkehr mehr.

 

Die negativen Auswirkungen auf den Radtourismus blieben nicht aus. Im Jahr 2010 ging der Radtourismus durch die Wachau zurück, obwohl der übrige Tourismus zunahm. Dazu gibt es eine ganz einfache Erklärung: Es gab von Linz nach Krems und zurück erstmals keine direkten Züge mehr. Diese Züge wurden früher in Teilstrecken gerne von den Radtouristen in Anspruch genommen. Seit 2010 verkehrten die sogenannten Radtramperzüge von Linz über St.Pölten und Tulln nach Wien und retour. Die Radler, die nicht die Gesamtstrecke im Sattel bewältigen wollten, fuhren jetzt z. B. bis Traismauer mit dem Zug und erst von dort am Donauradweg nach Wien. Die Wachau und Krems wurden im wahrsten Sinn des Wortes links liegen gelassen.

 

 

Im Dezember 2009 wurde schließlich auch auf dem Rest der DUB, d. h. zwischen Krems und Emmersdorf, der Personenverkehr eingestellt. Somit gab es auf dem 70 Kilometer langen niederösterreichischen DUB-Abschnitt absolut keinen Personenverkehr mehr. Lediglich für die Sommersaison war der Fortbestand des Betriebs mit Tourismuszügen vorgesehen.

 

Da kam aber im Jänner 2011 das Hochwasser dazwischen. Die B3 stand unter Wasser. Für die Ersatzbusse mussten Umleitungen übers Hinterland in Kauf genommen werden. Die DUB hingegen blieb auf erhöhter Trasse im Trockenen. Das erzeugte großen Unmut bei der Bevölkerung der Wachau: „Warum fahren keine Züge mehr?“

 

 

Der Beschluss der niederösterreichischen Landesregierung, den Bahnbetrieb nur mehr zwischen Krems und Emmersdorf aufrecht zu erhalten, und zwar nur in der Sommersaison als Tourismusverkehr, löste verschiedene Protestaktionen aus. Hier zwei Beispiele:

 

1) Nationalrat Ewald Sacher (SPÖ) trat für Erhalt des regelmäßigen Zugverkehrs ein und wandte sich gegen die bloße Nutzung als Tourismusstrecke. Er wies auf die Gefahren hin, denen die Busbenützer, vor allem die Kinder, auf der stark befahrenen Bundesstraße B3 ausgesetzt sind. Er gründete mit zwei weiteren Proponenten die „Überparteiliche Plattform zur Erhaltung der Donauuferbahn“ und rief die Bevölkerung auf, die Unterschriftenaktion „Rettet die Donauuferbahn“ zu unterstützen.

 

2) SPÖ-Gemeinderäte der vier Wachau-Gemeinden Dürnstein, Weißenkirchen, Spitz und Mühldorf sammelten Unterschriften für die Einleitung einer Volksbefragung. Sie wehrten sich damit gegen ihre ÖVP-Bürgermeister, die alle über die Köpfe der Gemeinderäte hinweg dem Verzicht auf den Regelverkehr der DUB zugestimmt hatten.

 

Trotz dieser und ähnlicher Aktionen wurde vom Land NÖ das verwirklicht, was man sich vorgenommen hatte: Tourismusverkehr in der Sommersaison zwischen Krems und Emmersdorf mit drei Zugpaaren pro Tag und mit attraktiver Verbindung mit Wien. Kein Bahnverkehr in der Wintersaison. Busse für den öffentlichen Personenverkehr in der Wachau.

 

Die ÖVP stellte sich geschlossen hinter diesen Beschluss. Wie ein Hohn klingt, dass ÖVP-Verkehrslandesrat Johann Heuras der SPÖ diese Bahn zum Kauf anbot. Er ließ SPÖ-Funktionären ein Kaufangebot um 1,6 Millionen Euro übermitteln. Dies führte zu einem Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP.

 

 

Betreiber der Tourismuszüge ist die die Niederösterreichische Verkehrsorgani-sationsgesellschaft (NÖVOG)

 

Am 14. Jänner 2010 unterzeichneten Land Niederösterreich, Republik Österreich und ÖBB eine Grundsatzvereinbarung zur Übernahme von 630 km Regionalbahnstrecken, teils eingestellt teils kurz vor der Einstellung. Die NÖVOG hat mit Stichtag 12. Dezember 2010 die vertragsgegenständlichen ÖBB-Strecken übernommen – somit auch die Strecke Krems-Sarmingstein.

 

 

Zitat aus dem Antwortschreiben der NÖVOG vom 29. August 2017 an die Gruppe „Klimaschutz-Initiative“:

 

„Die Gemeinden im von der Einstellung betroffenen Streckenabschnitt wünschten sich eine Wiederaufnahme des touristischen Fahrbetriebs auch zwischen Emmersdorf und Sarmingstein und haben daher 2013 eine Machbarkeitsstudie angeregt, die von Knoll Traffic & Touristic Solutions und con.os tourismus.consulting gmbh 2013 durchgeführt wurde. Ergebnis war, dass eine touristische Nachnutzung auf der Strecke Emmersdorf-Sarmingstein aufgrund der vorliegenden Zahlen wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Darauf folgend wurde von den betroffenen Gemeinden im November 2013 festgehalten, dass es keine Nachnutzungsüberlegungen bzw. kein gesamthaftes Übernahmeinteresse der Strecke durch die Gemeinden gibt. Gemäß Eisenbahngesetz sind eingestellte Eisenbahnstrecken aufzulassen, sofern es keine entsprechende Nahnutzung gibt. Aus diesem Grund hat die Eisenbahnbehörde die entsprechenden Verfügungen zur Auflassung der Strecke erlassen.“  

 

 

Bahn-Vernichtungsmethoden:

 

1) Vernachlässige den Oberbau und dünne den Fahrplan so weit aus, bis so wenige Fahrgäste die Bahn nutzen, dass der weitere Betrieb der Bahnstrecke wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist.

 

2) Auf dieser Basis muss eine Studie zwangsläufig ergeben, dass der Weiterbetrieb einer Bahnstrecke nicht mehr verantwortbar ist.

 

3) Verlange von kleinen bzw. armen Bahn-Anrainergemeinden, dass sie bei der Sanierung des Oberbaus mitzahlen müssen oder gar einen Teil der Bahnstrecke übernehmen müssen. Wenn sie nicht dazu bereit sind, dann wirf ihnen vor, sie hätten kein Interesse am Fortbestand der Bahnstrecke.

 

4) Sorge dafür, dass die von der Einstellung einer Bahnlinie bedrohten Gemeinden untereinander in Streit geraten.

 

5) …