25. Juli 2015: War der Preisverfall bei den fossilen Energieträgern nicht vorhersehbar?
Energiewende heißt, den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren. Deshalb hätte man damit rechnen müssen, dass mit dieser Reduktion auch die Preise der fossilen Energieträger fallen. Mit einer CO2-Abgabe hätte man verhindern müssen, dass die Energiewende zum Stillstand kommt.
Zu glauben, die Preise von Öl, Gas und Kohle würden permanent nach oben gehen, war ein Irrtum. Seit dem Vorjahr fiel der Ölpreis von 110 Dollar je Fass (159 Liter) auf die Hälfte, kurz sogar auf unter 50 Dollar. Heizöl ist real so billig wie vor 35 Jahren. Die Treibstoffpreise sind im Keller. Am 20. Jänner erhielt man dort und da sogar Diesel um weniger als einen Euro und Super im österreichweiten Schnitt um 1,06 Euro.
Gründe sind einerseits die Wirtschaftskrise, andererseits die wachsende Gewinnung von Schieferöl und Schiefergas in den USA (die USA stehen derzeit – nach Saudi-Arabien – an zweiter Stelle bei der Förderung von Öl) und die Weigerung der OPEC, die Ölförderung zu drosseln.
Aber auch ohne Fracking in den USA wäre es mit fortschreitender Energiewende zu einer solchen Entwicklung gekommen. Denn was wollen wir? Wir wollen, dass die Verwendung fossiler Brenn- und Treibstoffe zurückgeht. Da müsste uns doch klar sein, dass in dem Ausmaß, in dem der Rückgang bei der energetischen Verwendung fossiler Energien gelingt, auch die Preise für fossile Energieträger fallen.
Das heißt, wir müssen vorbeugen, indem wir nicht nur die Streichung sämtlicher Förderungen für fossile Energien (und für Atomenergie) fordern, sondern wir müssen uns auch für die staatlich gelenkte Verteuerung fossiler Energieträger (und von Atomstrom) einsetzen, um zu vermeiden, dass uns der sinkende Ölpreis in den Rücken fällt und die Energiewende zum Stillstand kommt oder sogar ins Gegenteil kippt. Mit einer in kleinen Schritten steigenden CO2-Abgabe – ergänzt durch Sozialkomponenten zur Vermeidung von Energiearmut – muss verhindert werden, dass die Bemühungen, auf erneuerbare Energien, auf Energieeffizienz und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, durch den niedrigen Ölpreis untergraben werden.
Die CO2-Abgabe ist somit eine unverzichtbare Stütze der Energiewende. Der zweite Zweck der CO2-Abgabe ist der Rückgang des Verbrauchs fossiler Brenn- und Treibstoffe. Das heißt, die steigende CO2-Abgabe wird durch geringeren Energieverbrauch kompensiert, die Ausgaben für Energie steigen demnach nicht.
Bei der Einführung der CO2-Abgabe ist einer pragmatischen Vorgangswiese – gegenüber einer radikalen – der Vorzug zu geben. Denn die Bevölkerung muss erst von der Notwendigkeit dieser Abgabe überzeugt werden.
Einen detaillierten Vorschlag zur CO2-Abgabe finden Sie unter http://ksi.jimdo.com/aktivitäten/projekt-2012/co2-abgabe-neu/
Ohne CO2-Abgabe ist das Scheitern vom „Energieeffizienzgesetz“ vorprogrammiert
Man stelle sich Folgendes vor: Die Energieversorger (Lieferanten von Heizmaterial, Stromlieferanten, Tankstellen usw.) – also jene, die Energie verkaufen – sollen nicht nur selber in ihren Betrieben Einsparungen erzielen, sondern auch die Konsumenten und Betriebe, die sie beliefern (also ihre Kunden) fürs Energiesparen gewinnen. Jedes Jahr soll eine bestimmte Energieeinsparung erzielt werden. Die Methoden und Maßnahmen stehen den Lieferanten frei (Aktionen, Energieberatungen, Technologie-Checks, Effizienzgutscheine etc.), wobei sich die Aktivitäten nicht nur auf die eigene, sondern auch auf andere Energiesparten beziehen können. So kann z. B. ein Stromversorgungsunternehmen seine Kunden im Bereich der wärmetechnischen Optimierung der Häuser beraten. Die Aktivitäten sind zu verbuchen, jährlich der nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle zu melden und werden kontrolliert.
Fragt sich, wie das funktionieren soll. Das kann nicht zu befriedigenden Ergebnissen führen. Es wird sich dabei wahrscheinlich um bürokratischen Aufwand ohne nennenswerte Wirkung handeln. Jene Energieversorger, denen es nicht gelingt, ihre Kunden zum Energiesparen zu bewegen, müssen Ausgleichszahlungen leisten. So können sie sich loskaufen. Wer weder einspart noch durch Zahlungen ausgleicht, muss mit Strafen rechnen.
Ein Energieeffizienzgesetz, das seinen Namen verdient, müsste ohne bürokratischen Aufwand über den Markt zum Rückgang des Energieeinsatzes – vor allem bei den fossilen Energieträgern – führen, was nur durch eine in kleinen Schritten steigende CO2-Abgabe auf fossile Brenn- und Treibstoffe möglich wäre.
Steuerreform: Chance verpasst
Schon lange schlagen Experten und NGO’s vor, fossile Brenn- und Treibstoffe durch eine in kleinen Schritten steigende CO2-Abgabe zu belasten und mit dem daraus resultierenden Aufkommen die Lohnnebenkosten zu senken und die Energiewende stärker zu fördern. Auch wir von der Klimaschutz-Initiative befürworten eine solche Abgabe. Schon oft wiesen wir darauf hin, dass der Rückgang bei den fossilen Energieträgern unbedingt die CO2-Abgabe als Rückendeckung braucht.
Es ist schwer zu verstehen, warum im Zuge der Steuerreform nicht auch ein Schritt in Richtung Ökologisierung des Steuersystems gemacht wurde, also ein Beginn bei stärkerer Besteuerung von Energie- und Ressourcenverbrauch bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit. Energieminister Mitterlehner begründet dieses Versäumnis so: „Angesichts der Konjunkturentwicklung ist eine Ökologisierung des Steuersystems nur im internationalen Gleichklang möglich.“
Aber auf den internationalen Gleichklang bei der Ökologisierung des Steuersystems können wir lange warten. Es muss Staaten geben, die den Mut haben, die Vorreiterrolle zu übernehmen.
Außerdem liegen gerade beim Umwelt- und Klimaschutz nicht nur die größten Herausforderungen, sondern auch die größten Chancen für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze. Eine solche Umschichtung hätte einen wesentlichen Lenkungseffekt: Es wird weniger Energie verbraucht, und es zahlt sich wieder aus, Dinge reparieren zu lassen (= Arbeit) anstatt sie wegzuwerfen und Neues zu kaufen (= Ressourcen). Wichtige Nebenwirkung: Verbesserung der Klimabilanz.
Aber mächtige Lobbys setzen alles daran, eine solche Abgabe zu verhindern. Und die Politik scheint es vorzuziehen, sich die Finger nicht an der Einführung einer solchen Abgabe zu verbrennen.