24. September 2021: Klimaschutz ist keine Frage der Ideologie
Die UNO tagt. Klimaschutz ist eine der großen Fragen. Im November steht die nächste große Konferenz der Vereinten Nationen bevor. Die Staaten der Welt sollen ihre Verspechen für die Verringerung der Treibhausgase nachschärfen. Was auf dem Tisch liegt, reicht bei Weitem nicht, um die brandgefährliche Erhitzung der Erde einzubremsen.
In Brüssel laufen die Fachgespräche zur Umsetzung des „Fit for 55“-Programms. Bis 2030 müssen sie auf beinahe null stehen. So will es ein EU-Gesetz, dem alle zugestimmt haben. Der Umbau in eine karbonfreie Wirtschaft ist eine Herkulesaufgabe, vor allem, weil sie viel zu spät angegangen wird. Es bleibt nur noch wenig Zeit. Dürren, Brände, Hochwasser werden immer katastrophaler und immer teurer.
In Ländern wie Dänemark ist Klimaschutz politisches Programm. In Ländern wie Österreich ist ernsthafter Klimaschutz nach wie vor ein Fremdwort. Ein bundesweites billiges Öffi-Ticket scheitert bislang an Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, die eine grüne Klimaministerin nicht zu groß werden lassen wollen. Als wäre Klimaschutz eine Frage der Ideologie und nicht des Überlebens.
Sebastian Kurz, der Regierungschef, schwärmt inzwischen lieber von Wasserstoff, der dereinst wie Manna vom Himmel kommt. In der Wirtschaftskammer erklären behäbige Funktionäre auf Punkt und Beistrich, wie Klimaschutz nicht geht, nicht gehen kann und warum. und selbstzufriedene Städte wie Salzburg bauen allen Ernstes eine riesige Autogarage mitten in ihrer Altstadt aus. Keine Öffi-Offensive, keine zusätzlichen Fahrradspuren, keine mutigen Tempolimits wie in so vielen anderen Städten, nichts. Doch selbst Salzburg wird aufwachen müssen.
Fridays for Future leisten dazu einen Beitrag. Die jungen Leute nehmen ihre Demonstrationen wieder auf, national und international. Ohne ihre Proteste und vor allem ihr Wahlverhalten gäbe es nicht in wenigstens sechs Bundesländern ab Oktober das 1-2-3-Ticket, wäre Klimaschutz auf EU-Ebene immer noch ein Thema von Sonntagsreden.
Und immer mehr Firmenchefs tun sich schwer, den Kindern zu Hause am Frühstückstisch zu erklären, warum sie es für nötig halten, ihnen die Zukunft zu verhageln.
Fridays for Future haben viel in Bewegung gesetzt. Aber die Klimawende verläuft zu langsam, viel zu langsam. Fridays for Future haben recht. Nach wie vor.
Quelle: Leitartikel "Klimaschutz ist keine Frage der Ideologie" von Martin Stricker in der Tageszeitung "Salzburger Nachrichten" vom 24. September