22. Oktober 2013: Briten subventionieren Atomstrom
Großbritannien wird zwei neue Atomkraftwerke bauen. Damit werde die britische Nuklearindustrie neu gestartet, erklärte Premierminister David Cameron.
Die Pläne für die beiden Druckwasserreaktoren in Hingley Point (Westengland) sind die ersten nach fast einer Generation. Die neuen Reaktoren sollen, wenn alles ohne Störungen verläuft, 2023 fertiggestellt sein und dann bis zu sieben Prozent des britischen Stromverbrauchs abdecken. Die Kosten werden derzeit auf rund 19 Milliarden Euro veranschlagt. Der französische staatliche Energiekonzern EDF, weltweit größter Atomstrombetreiber, führt ein Konsortium an, zu dem auch zwei staatseigene chinesische Nuklearfirmen gehören. Der ebenfalls französische Kraftwerksbetreiber Areva hält auch Anteile.
Der britische Staat (also die Steuerzahler) übernimmt eine Garantie für 65 Prozent der Baukosten und garantiert den französischen und chinesischen Erbauern 35 Jahre lang den fast doppelten Preis, der heute für Strom bezahlt wird. Der Staat subventioniert demnach die Atomstromerzeugung.
Cameron begründete dies damit, dass mit den zwei neuen AKWs ein Beitrag dazu geleistet werde, die Stromversorgung langfristig sicherzustellen. Außerdem würden die Wirtschaft angekurbelt und 25.000 Arbeitsplätze geschaffen. Vor allem wies der britische Premierminister darauf hin, dass die Atomenergie eine CO2-arme Alternative zu den fossilen Energieträgern sei und deshalb die Förderung der Atomenergie ein wichtiger Bestandteil der Regierungspolitik sei.
Zuletzt war 1995 ein britisches Atomkraftwerk ans Netz gegangen. Derzeit sind neun AKWs in Betrieb und erzeugen 20 Prozent des britischen Stroms. Davon werden bis 2025 acht AKWs aus Altersgründen abgeschaltet werden.
Da es in Großbritannien selbst nach dem SuperGAU von Fukushima nie eine ernsthafte Diskussion über einen Atomausstieg gegeben hat, meldet sich auch keine politische Partei kritisch zu Camerons Vorgehen. Nur von Umweltorganisationen, wie von „Friends of the Earth“, wurde gefordert, das Geld lieber in den Ausbau der erneuerbaren Energien zu investieren.
Wie die EU-Kommission auf diesen Schritt von Cameron reagieren wird, ist noch nicht bekannt. Sie hat ja kürzlich – auf Grund des hartnäckigen Widerstandes von Ländern wie Deutschland und Österreich – entschieden, die Richtlinien für die Förderung der Atomenergie nicht zu vereinfachen.
Das Beispiel Cameron zeigt, dass „eingefleischte“ Atomenergie-Befürworter nicht bekehrbar sind. Dazu kommt die unheilige Allianz zwischen Politik, Industrie und Atomlobby. Es fragt sich, was noch alles passieren muss, dass Nuklear-Fans doch zu denken beginnen.
Druckwasser-Reaktor:
Dies ist der häufigste Reaktortyp. Er hat zwei Kreisläufe. Im ersten zirkuliert das im Reaktordruckgefäß erhitzte Wasser. Damit sich kein Dampf bilden kann, steht dieses Wasser unter sehr hohem Druck (ca. 140 bar). Dieses extrem heiße Wasser gibt seine Energie im Dampfkessel über einen riesigen Wärmetauscher an den zweiten Kreislauf ab. Der Dampf wird, nachdem er seine Energie auf die Turbine übertragen hat, im Kondensator wieder zu Wasser und als solches in den Dampfkessel zurückgepumpt. Der zweite Kreislauf ist somit geschlossen. Die für die Kondensation nötige Kühlung erfolgt über einen Kühlturm oder mit Kühlwasser von einem nahen Fluss oder über eine Luftkühlung mit riesigen Ventilatoren.
Andere Reaktortypen:
Siedewasser-Reaktor, Schwerwasser-Reaktor, Graphit-Reaktor, Schneller Brüter (Brutreaktor)
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