22. Jänner 2014: Industrie lehnt EU-Klimastrategie 2030 ab

 

Die EU galt bislang als Vorreiter beim Klimaschutz. Die EU-Klimastrategie 2020 verpflichtet die Mitgliedsstaaten zum 20-20-20-Ziel: 20 % weniger CO2, Ausbau der erneuerbaren Energien auf 20 % und Steigerung der Energieeffizienz um 20 %. Nun erarbeitete die EU-Kommission die Klimastrategie 2030. In diesen Prozess brachten sich leider starke Bremser ein, nämlich die Atom- und Fossillobby und deren willfährige Politiker (Beilspiele: Atomenergie in Großbritannien, Kohle in Polen, Schiefergas in beiden Ländern) und die Industrie, die schon die bisherigen Ziele als zu hoch bezeichnet.

 

Der derzeitige EU-Entwurf, den die Kommission gestern präsentiert hat, sieht nur mehr beim CO2-Ausstoß eine verbindliche Reduktion um 40 % gegenüber 1990 vor. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien gibt es statt einer Verpflichtung nur mehr einen „vorgeschlagenen“ Ausbau auf 37 %, und dies nicht mehr pro EU-Land, sondern allgemein für die gesamte EU. Die Länder können laut EU-Kommissionspräsident José Barroso über ihre Ziele frei entscheiden. Gemeint ist damit offensichtlich, dass dies auch CO2-Reduktion durch Schiefergasgewinnung und Atomenergie heißen könnte. Die einzelnen Staaten hätten auch keine Sanktionen zu befürchten, wenn sie das Reduktionsziel nicht erreichen.

 

Im März werden die Mitgliedsstaaten diesen Kommissionsbericht diskutieren. 

 

Wir haben es also mit einer deutlichen Aufweichung der bisherigen EU-Linie zu tun. Trotzdem ist das vorgesehene EU-Ziel 2030 der Industrie zu viel. Auch der österreichischen Industrie. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl bezeichnet das EU-Ziel als „unrealistisch“. Europa sei schon jetzt der umweltfreundlichste Kontinent beim Ausstoß von Treibhausgasen. Man bekenne sich zu den besten Standards bei der Ökologie. Aber die EU verlange etwas, „was nicht machbar ist“. Leitl befürchtet, dass energieintensive Industrie abwandern könnte. So hohe Ziele seien einerseits nur mit hohen zusätzlichen Kosten erzielbar, andererseits wäre der Einsparungseffekt nur minimal, denn Europa sei nur für 10 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Leitl weiter: „Wenn wir die ganze europäische Industrie von heute auf morgen stilllegen würden, dann würde das, was an CO2-Ausstoß heute gemacht wird, von den Chinesen innerhalb von 2 1/2 Jahren kompensiert werden.“

 

Ähnlich äußert sich der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch. Er warnt vor strengeren Klimazielen. Die Industrie in Europa sei bereits durch höhere Energiekosten als z. B. in den USA belastet. Energieintensive Betriebe, wie die Stahl- oder Papiererzeugung, hätten schon jetzt massive Probleme, so Kapsch. Er fordert Österreichs Politiker auf, sie sollen sich in Brüssel für „vernünftige Klimaziele“ einsetzen, damit die Industrie in Europa bleiben könne.

 

Auch Wirtschaftsminister Mitterlehner bläst ins selbe Horn. Er warnt davor, ohne Einbindung von China und die USA ein Treibhausgas-Reduktionsziel um 40 % zu verfolgen.

 

Umweltminister Rupprechter kritisiert hingegen, dass die EU-Klimastrategie 2030 die Energieeffizienz ausklammere.  

 

Wie soll es also weitergehen? Soll die von der EU-Kommission vorgeschlagene Klimastrategie 2030 auf Druck der Industrie noch mehr verwässert werden?

 

Apropos China: Die Treibhausgasemissionen pro Person sind in China niedriger als in der EU. Außerdem emittiert die EU (und USA) schon seit Beginn der Industrialisierung in steigendem Ausmaß Treibhausgase, sodass die in der Atmosphäre enthaltenen Treibhausgase in weitaus größerem Ausmaß von der EU (und noch mehr von den USA) stammen als von China.

 

Sich darauf auszureden, dass es nichts hilft, wenn wir Europäer den Treibhausgasausstoß reduzieren, ist lächerlich, ja kindisch! Schließlich muss mit konsequentem Klimaschutz irgendjemand anfangen. Und wer? Natürlich jene, die den Treibhauseffekt am meisten verursacht haben, also wir. Und natürlich auch jene, die ökonomisch am potentesten sind, also auch wir. Sich auf die USA als die noch schlimmeren Klimasünder auszureden, bringt uns beim Klimaschutz nicht weiter. Wir können bei den nächsten UN-Klimakonferenzen nur beeindrucken und fordernd auftreten, wenn wir selber Taten und Fortschritte vorzuweisen haben.

 

Bezüglich Fracking ist zu sagen, dass jeder Euro, der für die Gewinnung von Schiefergas, also für fossile Energie ausgegeben wird, ein verlorener Euro ist. Es müsste klar sein, dass gezielt und mit voller Kraft in die Energiewende investiert werden muss.