20. April 2019: Regionalbahnstrecken modernisieren statt auflassen!

 

Soll die Almtalbahn statt von Wels nach Grünau im Almtal nur mehr bis Sattledt fahren? Sollen die Pendler für den Rest auf Busse umsteigen müssen? Soll die Mühlkreisbahn statt von Linz nach Aigen-Schlägl nur mehr bis Kleinzell verkehren, sodass die Pendler für die zweite Streckenhälfte auf Busse umsteigen müssen? Soll die Donauuferbahn, die bis 2010 zwischen Linz/St.Valentin und Krems verkehrte, endgültig in der Gegend von Persenbeug und Marbach (Nibelungengau) unterbrochen werden? Sollen generell in dünn besiedelten Gebieten die Bahnlinien durch Busse ersetzt werden? Antwort: Ein klares NEIN!

 

Die Vinschgerbahn zwischen Meran und Mals in Südtirol wurde 1990 stillgelegt, weil die Italienischen Staatsbahnen kein Interesse mehr an der Regionalbahnstrecke zeigten. Doch das Land Südtirol sprang ein, übernahm die Strecke 1999, modernisierte sie und nahm sie 2005 wieder in Betrieb. Bereits im ersten Jahr wurden sämtliche Planziele übertroffen. Es folgte ein wirtschaftlicher Aufschwung in der Region. Die Bahn wird nun elektrifiziert und fährt künftig im Halbstunden- und Stundentakt, zu den Hauptverkehrszeiten sogar im Viertelstundentakt.

 

„Die Vinschgerbahn könnte ein Vorbild für die gefährdete Almtalbahn sein“, dachten sich die Aktivisten der „ARGE Almtalbahn“ und unternahmen eine Exkursion nach Südtirol. Sie wurden ermutigt, sich für den Erhalt der gesamten Almtalbahn einzusetzen und nun noch intensiver für die Belebung dieser Bahn zu arbeiten.

 

Immer wieder flammt auch die Diskussion über die Zukunft der Mühlkreisbahn auf. Eine eindeutige Pro-Mühlkreisbahn-Linie verfolgt in dankenswerter Weise die Gruppe „Zugkunft Mühlkreisbahn“. Sie fordert nicht nur den Fortbestand der gesamten Bahnstrecke und den schrittweisen Ausbau von Abschnitten, sondern auch die Fortsetzung vom Mühlkreisbahnhof in Richtung Osten, die Donauquerung über die neu zu errichtenden Eisenbahnbrücke und die Einbindung in den Linzer Hauptbahnhof durch Nutzung der bestehenden Hafenbahn.

 

Auch die Initiativler der „Fördergemeinschaft Donauuferbahn“ und niederösterreichische Verkehrinitiativen, an der Spitze das „Verkehrs- und Regionalforum Waldviertel“, treten vehement dafür ein, dass die Donauuferbahn Linz/St.Valentin-Perg-Grein-Persenbeug-Marbach-Emmersdorf-Spitz-Krems in ihrer Gänze erhalten bleibt. Es droht nämlich in Niederösterreich der Abriss eines Teiles dieser länderverbindenden Bahnstrecke. Zwei Arten von Verkehrspolitik prallen aufeinander: Während die Donauuferbahn im oberösterreichi-schen, 50 Kilometer langen Abschnitt mit neuen Bahnsteigen und steigenden Fahrgast-zahlen ein Vorzeigebeispiel ist, besteht auf dem 70 Kilometer langen niederösterreichischen Abschnitt die Gefahr, dass das 19 Kilometer lange Teilstück zwischen Weins (östlich von Sarmingstein) und Lehen-Ebersdorf (Gemeinde Emmersdorf) überhaupt abgetragen wird.

 

Wie ist es möglich, dass die Verkehrspolitik noch so weit vom Klimaschutz entfernt ist? Eine Ursache dürfte darin liegen, dass die Versuchung der unter Spardruck stehenden und dem Populismus ausgesetzten Politiker enorm groß ist, beim System Bahn zu sparen und dafür Straßen zu bauen. Darunter leiden nicht nur so manche Strecken des hochrangigen Bahnnetzes (z. B. Linz-Graz),  sondern auch Regionalbahnen, besonders Bahnabschnitte in ländliche Regionen, denn: „Für die paar Leute reicht ein Bus auch.“ Wie sollen da Autofahrer für den Umstieg zur Bahn gewonnen werden?   

 

 

 

Daher ist es höchst an der Zeit, Qualitätskriterien für den öffentlichen Verkehr bzw. für den Bahnverkehr im ländlichen Raum zu formulieren:

 

1) Infrastruktur-Gerechtigkeit, Chancengleichheit: Die Bahnlinien sollen auch in den abgelegeneren Gegenden weiterhin erhalten und betrieben werden. Bahnfahren ist komfortabler als Busfahren. Es ist daher der falsche Weg, in ländlichen Regionen Bahnlinien abzubauen und durch Linienbusse zu ersetzen. Denn auch die Bevölkerung des ländlichen Raumes hat ein Recht auf ein akzeptables Angebot im öffentlichen Verkehr als Alternative zum Auto. Das heißt, auch von zentrumsfernen Regionen soll man umsteigefrei in die Zentren fahren können. Es ist abzulehnen, dass die im ländlichen Raum befindlichen Teile von Bahnstrecken abgebaut werden und man deshalb dazu gezwungen wird, zunächst Busse zu benützen und erst in Zentrumsnähe von Bussen auf die Bahn umsteigen zu können.

 

2) Stundentakt als Mindest-Fahrplandichte, Halbstundentakt zu den Hauptverkehrszeiten. Die Bahn muss als Rückgrat fungieren, Busse dienen als Zubringer zur Bahn. In sehr dünn besiedelten Regionen können Rufsysteme die Zubringer-Linienbusse ersetzen.

 

3) Stärkung des ländlichen Raumes: Nur durch attraktiven öffentlichen Verkehr kann die Wirtschafts- und Kulturfähigkeit des ländlichen Raumes erhalten werden und der Abwanderung entgegengewirkt werden.

 

4) Die Fahrgäste aus der Peripherie sind bereit, lange Fahrten auf sich zu nehmen und verdienen schon deshalb Belohnung. Nicht selten ist man mit folgender Feststellung konfrontiert: „Die letzten Stationen ist der Zug schon fast leer!“ Eine richtige Feststellung. Aber ist das nicht einleuchtend, dass bei der Fahrt von der Stadt in Richtung ländliche Gebiete anfangs der Zug noch vollbesetzt ist, aber die Zahl der im Zug anwesenden Fahrgäste allmählich immer kleiner wird, bis im Endbahnhof schließlich die letzten Fahrgäste den Zug verlassen? Außerdem ist ein Autofahrer, der für die Fahrt von Grünau im Almtal nach Wels die Bahn wählt, aus Klimaschutzsicht eigentlich genau so wichtig wie drei bis vier Autofahrer, die von Sattledt statt mit dem PKW per Bahn zum Welser Hauptbahnhof fahren.

 

5) Systematischer Ausbau der Regionalbahnen:

  • Verlauf der Linienführung verflachen, damit schneller gefahren werden kann (mit den Bundesstraßen konkurrenzfähige Fahrzeiten: 80 bis 120 km/h Spitzengeschwindigkeit, etwa 60 km/h Schnitt).

  • Große Zahl der Kreuzungen reduzieren und das Zufahren zu den Grundstücken durch Begleitstraßen ermöglichen.

  • Die verbleibenden Kreuzungen technisch sichern (Ampeln und Schranken).

  • Regionalbahnen elektrifizieren.