18. Juni 2014: So weit haben wir uns schon von der Natur entfernt

 

Weil der chemische Pflanzenschutz durch Regulierung erschwert wurde, sieht die bäuerliche Interessenvertretung die Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Deshalb verabschiedeten die Präsidenten der österreichischen Landwirtschaftskammern gestern eine Resolution, dass „moderner und nachhaltiger Pflanzenschutz ermöglicht“ werden müsse. 

 

Seit mehreren Wochen schon trommeln Bauern und Chemiekonzerne wie Bayer oder Kwizda, den chemischen Pflanzenschutz in Österreich nicht zu verunmöglichen. Das würde dazu führen, dass Agrarrohstoffe und Lebensmittel künftig importiert werden, warnt etwa Oberösterreichs Kammerpräsident Hermann Schultes. Viele Bauern hätten den Rapsanbau eingestellt, weil geeignete Pflanzenschutzmittel verboten und nicht durch ebenso ökologische wie schlafkräftige neue Präparate ersetzt worden seien.

 

Es sind also nicht nur unsere Felder und Gewässer von Pestiziden vergiftet, sondern auch die Gehirne und das Denken der Kammernfunktionäre. „Modern“, „nachhaltig“ und „Pflanzenschutz“ sind eigentlich positiv klingende Wörter, bezeichnen aber ein schreckliches System, in das wir hineingeraten sind. Wie kann man so weit sinken, auf den Feldern, wo unsere Lebensgrundlage wächst, nämlich unsere Nahrung, und von wo durch den Regen die Quellen und Bäche gespeist werden, Umweltgifte zu versprühen?

 

Statt die Zeichen der Zeit zu erkennen, wird beinhart am weiteren Einsatz des chemischen „Pflanzenschutzes“ festgehalten. Ist es nicht verdächtig, dass Bauernvertreter und chemische Industrie gemeinsam den weiteren Einsatz fordern?

 

Die Drohung, dass Österreichs Landwirtschaft ohne Einsatz von harter Chemie nicht konkurrenzfähig sei, erinnert an die Zeiten, da die E-Wirtschaft behauptete, ohne Atomenergie könnte Österreich den Anschluss an die moderne Welt verlieren.

 

Die industrielle Landwirtschaft mit ihren Monokulturen funktioniert nur mit Hilfe von Pestiziden und Kunstdünger. Doch die „Nebenwirkungen“ des ständigen Gifteinsatzes zerstören das Ökosystem. Die politisch Verantwortlichen verschließen hier seit Jahren die Augen.

 

Angesichts der letzten Untersuchungen von Global 2000, wo in 75 Wasserproben insgesamt 60 verschiedene Pestizide gefunden wurden, ist auch der Begriff „nachhaltig“ im richtigen Licht zu sehen – nämlich, dass wir die Gifte nicht mehr loswerden!

 

Obwohl in Österreich 300 Pestizide zugelassen sind, ist unglaublicherweise nur für sieben dieser Pestizide die zulässige Konzentration in Oberflächengewässern gesetzlich geregelt. Nach den anderen 293 sehr problematischen Substanzen wird bei den regelmäßigen offiziellen Wasserqualitätskontrollen also gar nicht erst gesucht. Ungehindert und unbemerkt gelangen die Agrogifte ins Ökosystem – mit fatalen Folgen.