17. Oktober 2020: Verbund-Chef fordert rasch einen CO2-Preis

  

Wolfgang Anzengruber, Generaldirektor des größten österreichischen Stromkon-zerns Verbund, hält die rasche Einführung einer generellen CO2-Bepreisung für unumgänglich, wenn Österreich und Europa die gesetzten Klimaziele erreichen wollen.

  

Anzengruber weist darauf hin, dass das derzeitige Emissionshandelssystem (ETS) für Industrie und Elektrizitätssektor nur etwa 40 bis 45 Prozent des schädlichen Treibhausgasausstoßes von rund 80 Millionen Tonnen pro Jahr abdecke und den Verkehrssektor überhaupt ausklammere. „Mehr als die Hälfte der Emissionen kostet nichts“, sagte Anzengruber am 17. Oktober im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien.

 

Österreich solle so rasch wie möglich mit einer CO2-Bepreisung beginnen, zumindest wie dies etwa Deutschland gemacht habe, das in vielen Dingen als Vorbildnation gelte. Dort kostet eine Tonne CO2 ab Jänner 2021 mindestens 25 Euro (in etwa der aktuelle Preis im ETS), so viel wie derzeit auch. Danach steigt der Preis schrittweise auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025 an. In Ländern wie Schweden seien die Beträge deutlich höher. Dass die versprochene Ökologisierung des Steuersystem – auch coronabedingt – nicht vor 2022 kommt, will Anzengruber, der nach zwölf Jahren an der Konzernspitze mit Jahresende abtritt, nicht direkt kommentieren. „Je früher, desto weniger schmerzhaft“, sagt der Manager.

 

Natürlich hätte Österreich dies schon längst machen sollen, nicht zuletzt, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben und Schocks für die Industrie zu vermeiden. „Nur mit Totstreicheln wird es nicht funktionieren.“ Technisch wäre eine CO2-Bepreisung machbar und für die meisten Österreicher auch erschwinglich. Pendler oder besonders belastete Haushalte sollten unterstützt werden.

 

Der Verbund-Chef gilt schon länger als Vorkämpfer für klimaschonende Energieerzeugung. Unter seiner Führung hat der Konzern vor zehn Jahren Investitionen in fossile Anlagen gestoppt, baut aktuell gemeinsam mit der OMV an der größten Photovoltaikanlage und treibt das zentrale Projekt zum Einsatz von Grünem Wasserstoff in der Industrie bei der voestalpine in Linz voran.

 

Wasserstoff, der im Idealfall mit Hilfe von Ökostrom per Elektrolyse erzeugt wird, ist der Hoffnungsträger der Energiewelt und der Politik. Er soll schrittweise Erdgas ersetzen – mit ein Grund, warum der Verbund statt der OMV bei der GasConnect eingestiegen ist. Vor allem aber soll er als Speicher für Überschussstrom aus Wind und Sonne dienen, weil Pumpspeicher und Batterien dafür nicht ausreichen.

 

Die Regierung stell demnächst die Details ihrer Strategie dazu vor. „Wir brauchen verdammt viel Wasserstoff“, sagt Anzengruber. Aber nur ein Viertel der geschätzt 1,2 Millionen Tonnen könne in Österreich erzeugt werden – mit sehr viel zusätzlichem Strombedarf. Der Rest müsse importiert werden. Zur Produktion bieten sich Skandinavien, Nordafrika oder Südosteuropa an.   

 

 

Quelle: Text von Monika Graf in den „Salzburger Nachrichten“ vom 17. Oktober 2020 älfte des Emissionen kostet nichts“, sagt AnnengruberHälfte der Emissionen kostet nichts“,