14. März 2020: Wie das Virus unser Leben verändern wird

 

Nach Corona wird nichts mehr so sein, wie es war. Wir werden in den nächsten Wochen, vielleicht Monaten nicht so viel lachen wie bisher. Damit wir das finstere Tal verlassen können, müssen wir alle zusammenhalten.

 

In den heutigen Salzburger Nachrichten beschreibt Chefredakteur Manfred Perterer mit seinem Leitartikel treffend die neue Situation:

 

Nach der Coronakrise – und wir alle hoffen, dass dies möglichst bald der Fall sein wird – wird vieles nicht mehr so sein, wie es war. Wir müssen uns nach der kurzfristigen Totaländerung auch auf eine langfristige Umstellung unseres Lebens gefasst machen. Zu glauben, dass wir nach dem Sieg über das Virus so weitermachen können wie in der Vergangenheit, ist falsch.

 

Corona führt uns die Verletzlichkeit unseres gesamten globalisierten Lebensstils vor Augen. Wir haben uns mit der Auslagerungspolitik der vergangenen Jahrzehnte auf dünnes Eis begeben. Das ist jetzt gebrochen. Wir haben die Herstellung lebens-wichtiger Güter anderen übertragen, weil es billiger ist. Wir haben im Internet bestellt und bestellt, weil es uns egal war, woher etwas kommt, Hauptsache, es ist billig. Wir haben Medikamente als normale Waren, wie Bleistifte oder Schrauben, betrachtet. Das gefällt der Pharmawirtschaft und den Sozialversicherungsträgern. Aber es ist, um bei deren ökonomisch geprägtem Wortschatz zu bleiben, ein kapitaler Fehler.

 

Wollte China Europa erobern, müsste es keine Bomben schicken, sondern es würde genügen, keine Antibiotika mehr zu liefern. Dann wäre Europa ohne Waffengewalt  in einem halben Jahr erledigt.

 

Sind die Lieferketten erst einmal unterbrochen und kommt kein Nachschub mehr aus dem Fernen Osten, dann stehen hierzulande die Maschinen still. Das wird sich ändern, ändern müssen. Wir müssen in Europa die wirtschaftliche Souveränität vor allem in Schlüsselbereichen zurückgewinnen. Die Herstellung von Medikamenten gehört dazu. Es wird zu einer Re-Regionalisierung der Wirtschaft kommen müssen. Das hat nichts mit billigem Nationalismus und protektionistischer Wirtschaftspolitik zu tun. Es ist eine Frage des Überlebens und der Freiheit.

 

Gleichzeitig wird die industrietechnologische Revolution vorangetrieben. Bis zu Corona haben wir eine über die ganze Welt verstreute arbeitsteilige Produktionsweise betrieben. Sie fußt auf fossil betriebenen, extrem langen Lieferketten zu Land, zu Wasser und in der Luft. Nach Corona werden künstliche Intelligenz, Roboter und 3D-Drucker eine digitalisierte Wirtschaftswelt der kurzen Wege und der neuen Unabhängigkeit ermöglichen.

 

Corona macht uns auch unsere Kleinheit bewusst. Mit den Allmachtsfantasien, zu denen die Spezies Mensch neigt, ist es vorbei. Demut ist angesagt sowie ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung. Corona ist keine Strafe Gottes, sondern ein von der Natur hervorgebrachtes Virus. Aber es zeigt uns unsere Grenzen auf, auch die unserer Wissenschaft.

 

Corona lehrt uns, wieder klar zu sehen, was im Leben wirklich wichtig und was unwichtig ist. Schon die vergangenen Tage haben uns gezeigt, was man alles weglassen kann, ohne darunter zu leiden. Deshalb werden wir uns nach Corona noch stärker als bisher auf das Wesentliche konzentrieren und den ganzen Firlefanz, den ein unbeschwertes Leben so hervorbringt, einfach vergessen.

 

Auf unsere Prioritätenliste werden mehr Werte als Gegenstände stehen. Ganz vorn kommt die Solidarität. Eine Gesellschaft, die gemeinsam Corona übersteht, also Frauen und Männer, Alt und Jung, Eingesessene und Zugewanderte, Reiche und Arme, sehr gebildete und weniger Gebildete, Gesunde und Kranke, eine solche Gesellschaft ist stark. Es ist schön, dabei zu sein. Auf den Zusammenhalt in der Notsituation kommt es an, nicht auf Schönwetterfreundlichkeiten.

 

Unser Dank gebührt an dieser Stelle all jenen, die daran arbeiten, dass wir aus dieser Situation wider herauskommen. Höchste Wertschätzung verdienen die Menschen in den Gesundheitsberufen, im Sicherheitsbereich, im öffentlichen Verkehr, in der Nahversorgung.

 

Stärker denn je werden wir nach Corona unsere Freiheit wieder genießen und sie wertschätzen. Sie ist das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft. Wir müssen jetzt ihre vorübergehende Einschränkung akzeptieren. Und wir müssen uns an die Verhaltensmaßregeln halten. Wir schützen damit unsere gesamte Gesellschaft.

 

Seit dem Zweiten Weltkrieg ist unser Leben noch nie so eingeschränkt gewesen wie in diesen Tagen. Wir werden auch dieses finstere Tal hinter uns lassen. Und es wird ein Leben nach Corona geben. Darauf wollen wir uns freuen.