13. Juli 2018: Österreich blitzt mit Klage gegen das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C ab

 

 

Es geht um das geplante britische Atomkraftwerk (AKW) Hinkley Point C. Dieses soll vom staatlichen französischen Stromversorger EdF errichtet werden. Im Gegenzug subventioniert Großbritannien den Bau (laut Berechnungen von Greenpeace sollen dabei 108 Milliarden Euro fließen) und garantiert für die nächsten 35 Jahre einen Stromeinspeisetarif in doppelter Höhe des derzeitigen Marktpreises. 

 

Die EU-Kommission genehmigte 2014 das britische Vorgehen, nämlich die Subventionierung des Baus des AKW und die Strompreisgarantie für die nächsten 35 Jahre. Aber Österreich klagte, und zwar nicht nur gegen die Errichtung, sondern auch gegen die Subventionierung durch den britischen Staat. Die Klage brachte im Juli 2015 die damals rot-schwarze Bundesregierung ein. Mehrere EU-Mitgliedsstaaten traten dem Rechtsstreit als Streithelfer bei, Luxemburg auf der Seite Österreichs, mehrere Länder aber auf der Gegenseite (Tschechien, Polen, Ungarn, Slowakei, Rumänien und natürlich auch Frankreich und Großbritannien).

 

Am 12. Juli, also gestern, wies der Europäische Gerichthof (EuGH) die Klage Österreichs ab. Damit gab er der EU-Kommission und den Briten und Franzosen Recht.

 

Hier einige Begründungen des EuGH:

 

  • Das Ziel eines „gemeinsamen“ Interesses, das eine Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines gewissen Wirtschaftszweiges rechtfertige, müsse nicht unbedingt im Interesse aller Mitgliedsstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedsstaaten liegen.

  • Das Ziel der Förderung der Kernenergie decke sich mit dem Ziel der Euratom-Gemeinschaft, Investitionen im Bereich der Atomenergie zu erleichtern.

  • Dass Großbritannien nur Zuschüsse gewährt habe, sei auch keine öffentliche Auftragsvergabe nötig gewesen.

  • Jeder Mitgliedsstaat habe das Recht, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen.

  • Zu dem Argument Österreichs, die Technologie des AKW Hinkley Point C sei nicht neuartig, stellte der EuGH fest, dass weder die Vorschriften über staatliche Beihilfen noch der Euratom-Vertrag eine technische Innovation verlangen würden. Jedenfalls stehe fest, dass die Technologie des AKW Hinkley Point C fortschrittlicher sei als die der Kraftwerke, die es ersetzen soll.

  • Auch mit dem Argument, dass Windenergie billiger als Atomenergie erzeugt werden könne, ist Österreich beim EuGH abgeblitzt. Hier folgen die Juristen des EuGH vielmehr dem Einwand der EU-Kommission, dass Windenergie nicht vergleichbar sei, weil sie nicht kontinuierlich Strom liefere. 

 

Das österreichische Umweltministerium bedauerte das Urteil in einer ersten Reaktion. Eine mögliche Berufung soll nun geprüft werden, hieß es. Mehrere Umweltorgani-sationen beklagen ebenfalls die Entscheidung. Manche von ihnen sehen insbesondere den Euratom-Vertrag aus dem Jahr 1957 als Hauptgrund für das Urteil und fordern eine Reform. Der Euratom-Vertrag sieht nämlich die Förderung von Atomenergie vor und ist daher nicht mehr zeitgemäß. Der Austritt Österreichs (und auch Deutschlands) wäre die logische Folge.

 

Hinkley Point A1 und A2 wurden 1965 in Betrieb genommen und im Jahr 2000 abgeschaltet, und Hinkley Point B1 und B2 gingen 1978 bzw. 1976 ans Netz und sind in Betrieb. Bezüglich Hinkley Point C wurden nach Angaben der EU-Kommission von 2014 die Baukosten auf 27,6 Milliarden Euro geschätzt. Die Inbetriebnahme war für 2023 vorgesehen, die erwartete Lebensdauer soll 60 Jahre betragen. Die Leistung der beiden Reaktoren beträgt zusammen 3.260 Megawatt, also je 1630 Megawatt (Zum Vergleich: Die Leistung des Donaukraftwerkes Wallsee-Mitterkirchen beträgt 210 Megawatt, die des AKW Zwentendorf hätte 700 Megawatt betragen).

 

Hinkley Point C soll insgesamt sieben Prozent des britischen Strombedarfs decken.

 

 

Quellen:

„Oberösterreichische Nachrichten“vom 13. Juli 2018

„Salzburger Nachrichten“ vom 13. Juli 2018

Wikipedia

Österreichische Donaukraftwerke AG