13. Juli 2015: Für die Fehler der Eliten muss das griechische Volk büßen

 

Auch in Österreich gibt es viele, die die Griechen als minderwertig betrachten, statt zu verurteilen, dass für die Untaten der Eliten das griechische Volk bestraft wird. 

 

Am frühen Morgen gab es heute eine Einigung zwischen Griechenland und den übrigen Euro-Ländern. Bedingung: Der Griechische Ministerpräsident muss in seinem Land harte Maßnahmen durchsetzen. Aber welche Konsequenzen ziehen die Eliten im Euro-Raum? Denn Probleme gibt es ja nicht nur in Griechenland. So sind z. B. Delogierungen und Selbstmorde im Krisenland Spanien an der Tagesordnung. Hunderttausende Familien wurden in die Kreditfalle gelockt, rutschten durch Arbeitslosigkeit in die Armut und sitzen auf einem Schuldenberg.

 

Innerhalb Europas herrscht bedrohliche Ungleichheit. Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Bulgarien führen uns gerade vor Augen, was passiert, wenn die Menschen mit dem Argument, man müsse den Gürtel enger schnallen, an den Rand des blanken Elends getrieben werden. Diese Staaten stecken in der schrecklichen Falle einer angeblich unumgänglichen Sparpolitik, die auf Kosten der Ärmsten die Fehler korrigieren will, die die Eliten gemacht haben. Während Reiche durch Privatisierung öffentlicher Betriebe und Güter auf billige Weise zu ungeahntem Vermögen kommen, wachsen Armut und Arbeitslosigkeit in rasendem Tempo. Der kapitalistische und neoliberale Privatisierungswahn treibt besonders in Ländern des ehemaligen Ostblocks sein Unwesen. Die Gesellschaften spalten sich dort in Superreiche und in Arme, denen es schlechter geht als zu Zeiten des Kommunismus.

 

Mitverursacher dieser Tristessen sind die falsche Geldpolitik in der EU und der massive Einfluss der Geldeliten. Letzterer zeigt sich auch an maßgeblichen Persönlichkeiten der EU: Sowohl Mario Draghi, Präsident der EZB, als auch Mario Monti, bis vor kurzem italienischer Regierungschef, standen in einem Nahverhältnis zu Goldman Sachs, einem weltweit agierenden Investmentbanking-Unternehmen mit Sitz in New York City, das im Zuge der Finanzkrise 2007 in die Schlagzeileilen geraten ist.

 

Kritiker sprechen daher von der „Goldman-Sachs-Regierung“ Europas und von der Macht-Kette Fed – City of London – IWF – WTO und Spezialabkommen (wie den OECD-Code of Liberalisation of Capital Movement oder den diversen Investitionsschutzabkommen). Sie verurteilen die Praxis, dass sogar Medien von diesen Netzwerken der Macht dirigiert werden.

 

Goldman Sachs war auch in Griechenland im Spiel. Dem ehemaligen griechischen Ministerpräsident Lukas Papademos, der als vormaliger Gouverneur der griechischen Notenbank beim Übergang von der Drachme zum Euro maßgeblich mitgewirkt hat, wird vorgeworfen, er hätte als Experte (ehemaliger Professor an der Columbia University und leitender Volkswirt bei der Federal  Reserve Bank Boston) die öffentliche Handelsbilanz Griechenlands richtig einschätzen müssen und die Machenschaften von Goldman Sachs zur Erschleichung der Mitgliedschaft Griechenlands in der Eurozone durchschauen müssen. Der Verantwortliche für die Verwaltung der griechischen Staatsschuld, Petros Christodoulos, ist Ex-Trader von Goldman Sachs.

 

Zugegeben: In Griechenland herrschen Zustände – wie z. B. chaotische Verwaltung – die für uns unverständlich sind. Aber dass man den Griechen Sparpakete aufoktroyiert, die nicht erfüllbar sind und unweigerlich zum wirtschaftlichen Niedergang führen, das ist ebenso unverständlich.

 

Die Architekten des Euro, an führender Stelle der ehemalige deutsche Finanzminister Theo Waigel, haben darauf vergessen, ein Ventil einzubauen, um Ungleichgewichte zwischen Euro-Staaten ausgleichen zu können. Die Folgen sind fatal, vor allem für Griechenlands Bevölkerung. Die Bevölkerung fragt mit Recht, wieso sie für die Fehler und Versäumnisse der EU-Eliten büßen muss. Die EU-Experten hätten wissen müssen, welche Zustände in Griechenland herrschen – und diese noch nicht in den Euro-Raum aufnehmen dürfen.

 

Schade ist, dass es gerade Deutschland ist, das gegenüber Griechenland extreme Strenge zeigt, obwohl es eigentlich Griechenland zu Dank verpflichtet wäre. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen die Staaten auf Antrag Griechenlands im Jahr 1953 in einer internationalen Konferenz in London einen Schuldenerlass für Deutschland.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg halfen uns Europäern die USA mit dem Marshall-Plan, also mit nicht rückzahlbarem Geld für den Wiederaufbau. Einen solchen Plan braucht jetzt Griechenland zur Kojunkturbelebung: Geld, das nicht zurückgezahlt werden muss, aber – streng kontrolliert – an öffentliche Bauprojekte gebunden wird.