12. Dezember 2019: Waldviertel-Autobahn, ein Wahnsinnsprojekt
Um fünf Milliarden Euro soll mit der Waldviertel-Autobahn eine EU-Transitschneise („Europa-Spange“) durch das Waldviertel geschlagen werden. Doch der Widerstand gegen dieses Wahnsinnsprojekt wächst.
Mit einer lautstarken Kundgebung heizten am 12. Dezember bei winterlichen Temperaturen Gegnerinnen und Gegner der Waldviertel-Autobahn der NÖ Landesregierung im St. Pöltener Regierungsviertel ein. Organisiert wurde diese Kundgebung von der „Plattform lebenswertes Waldviertel“ und dem „Verkehrs- und Regionalforum Waldviertel“. Rednerinnen und Redner von verschiedenen Initiativen ergriffen das Wort. Dieter Schmidradler („Verkehrswende NÖ“) bezeichnete es als völlig verkehrt und verantwortungslos, dass Milliarden in eine neue Autobahn durchs Waldviertel investiert werden sollen, während der Bahnverkehr in Niederösterreich immer weiter ausgedünnt wird. Er wies unter anderem auf die weitere Versiegelung von fruchtbarem Boden und die Gesundheitsgefahren durch den Autoverkehr hin: „50 Prozent des schädlichen Mikroplastiks stammen aus dem Autoverkehr, der durch solche Mammutprojekte angekurbelt wird.“
„Ich wette, dass wir diese Monsterautobahn zu Fall bringen!“
Josef Baum (Sprecher vom „Verkehrs- und Regionalforum Waldviertel“), der als Wirtschaftsgeograf an der Universität Wien lehrt, fällte ein klares Urteil über die Behauptung der NÖ Landespolitik, die Waldviertel-Autobahn würde Arbeitsplätze im Waldviertel schaffen: „Wer in Wirtschaftsgeographie so einen Unsinn behauptet, fällt in jedem Uni-Seminar durch.“ Das Gegenteil sei der Fall. Denn Arbeitsplätze vor Ort werden durch Förderung der regionalen Wirtschaft gesichert, die aber gerade durch solche Transitautobahnen weiter zerstört wird. Josef Baum zeigte sich sicher: „Ich wette mit jedem hier, dass wir durch unseren Widerstand diese Monsterautobahn zu Fall bringen werden!“ Denn die Alternativen lägen auf der Hand: Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs, z.B. durch den Ausbau der Franz-Josefs-Bahn und die Reaktivierung der Bahnlinie zwischen Zwettl und Waidhofen. Außerdem brauche es „eine deutliche Verbilligung des öffentlichen Verkehrs“.
„Dinosaurier-Projekt“
Ein Vertreter der Klimabewegung „Fridays for Future“ bezeichnete die Waldviertel-Autobahn als „Dinausaurier-Projekt“. Die verantwortlichen Politiker hätten offensichtlich immer noch nicht verstanden, dass wir „endlich eine Umkehr weg von den fossilen Großprojekten brauchen, wenn wir den drohenden Klimakollaps noch verhindern wollen. Der Kipppunkt, an dem das Klima außer Kontrolle gerät, kommt immer rascher näher, wenn wir nicht sofort handeln. Die nächsten zehn Jahre sind dafür entscheidend.“
„Zusammentun, um gemeinsam die fossilen Großprojekte zu bekämpfen!“
Boris Lechthaler („Solidarwerkstatt“ und „Initiative Verkehrswende jetzt!“) zitierte Greta Thunberg, die warnte, dass „nicht Untätigkeit die größte Gefahr ist; die größte Gefahr ist, wenn Konzernchefs und Politiker so tun, als ob wirklich etwas getan würde, in Wirklichkeit aber nichts getan wird.“
Lechthaler wies darauf hin, dass trotz aller Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz in Österreich in den nächsten Jahren 20 Milliarden Euro für neue Autobahnen, Schnellstraßen und Flugpisten ausgegeben werden sollen. Es sei daher der Zeitpunkt gekommen, dass „sich die oft vereinzelt kämpfenden Verkehrsinitiativen zusammentun, um gemeinsam gegen diese fossilen Großprojekte zu kämpfen und eine umweltfreundliche Verkehrswende in Österreich durchzusetzen.“
„Schiene statt Transitlawine!“
Weitere Rednerinnen und Redner von regionalen Initiativen strichen die Beeinträchtigung von Lebensqualität und Gesundheit heraus, unter der die Menschen entlang von Autobahnen leiden. Eine Rednerin kritisierte scharf den wachsenden EU-Mülltransit nach Niederösterreich, der mit dieser Autobahn noch mehr zunehmen werde. Beeindruckend war auch ein Informationsstand der „Initiative zum Ausbau der Franz-Josefs-Bahn“. Seit 50 Jahren wird in der Region die Schieneninfrastruktur vernachlässigt, exzellente Konzepte zum Ausbau der Bahn verschimmeln seit Jahrzehnten in den Schubladen der Politik. Der Bau der Waldviertel-Autobahn wäre ein weiterer Großangriff auf die Bahn. Statt für die Autobahn muss daher endlich Geld für die Franz-Josefs-Bahn investiert werden, um sie für Pendler und Reisende zwischen Budweis und Wien attraktiver zu machen: „Jetzt – und nicht in 15 oder 25 Jahren!“, wie in einem Flugblatt der Initiative gefordert wird. Immer wieder skandierten die Demonstrierenden lautstark: „Schiene statt Transitlawine!“
Die Kundgebung machte Mut. Selbst Verkehrslandesrat Schleritzko schluckte Kreide und beteuerte auf einmal gegenüber den Protestierenden, es werde eine „ergebnisoffene Prüfung“ der Autobahnpläne geben. Das glaubte ihm zwar niemand, immerhin hatte sich Schleritzko schon öfters medial als Befürworter der Autobahn präsentiert. Aber es zeigt: Widerstand ist wirksam. Und der hat erst begonnen und unsere Entschlossenheit wächst. Denn es geht um viel – von unserer Lebensqualität vor Ort bis hin zu den großen Überlebensfragen der Menschheit. Wir können, ja müssen die Verkehrswende schaffen. Niemand wettete gegen Josef Baum.