10. August 2018: Der Klimawandel ist längst Teil unseres Alltags

 

Die Wetterkapriolen sind Folgen des Klimawandels. Wir reden nicht mehr nur über ihn, sondern wir erleben ihn bereits hautnah. Dass ihn die Menschheit mit verursacht, ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen. Hitzewellen und Dürren, Stürme und Starkregen fallen heftiger aus. Sie treten zum Teil in kürzeren Abständen auf, und die dahinter stehenden Wetterlagen bleiben immer länger stationär. 

 

Die sengende Hitze treibt Bauern zur Verzweiflung, der Boden ist aufgeheizt, die Städte glühen. Bäche und Flüsse schrumpfen, Fische sterben, Schiffe müssen wegen Niedrigwasser die Ladung verringern. Seen werden immer wärmer, manche drohen zu kippen. Es steigt die Angst vor schweren Umwettern, denn die ausgedörrte, steinharte Erde wäre dann nicht in der Lage, große Wassermengen in kurzer Zeit aufzunehmen. Die Folge: Überflutungen.

 

Das ist die aktuelle Situation im Sommer 2018. „Wir haben bereits jetzt, Anfang August, mehr Tage mit mindestens 30 Grad als in einem gesamten durchschnittlichen Sommer“, berechnete Klimatologe Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien.(1) „Zum Teil liegen wir schon 50 bis 100 Prozent über dem Soll.“ Fazit: Der Sommer sei bisher deutlich zu warm, nämlich plus 1,7 Grad über dem vieljährigen Durchschnitt. Somit sei dieser Sommer „auf dem Weg zu einem der heißesten der Messgeschichte“ zu werden.

 

Regen hingegen sei bisher Mangelware. Auch das zeige die Statistik. In Bregenz seien seit 1. Juni 241 Liter pro Quadratmeter gefallen, in durchschnittlichen Sommern seien es aber 551 Liter. Klagenfurt: normal 344, heuer 124. Linz: normal 290, heuer 144. Eisenstadt: normal 258, heuer 115. Innsbruck: normal 380, heuer 159.

 

Nachdenklich stimmt die aktuelle Hitzewelle auch den Klimaforscher Marc Olefs von der ZAMG. „Man denkt sich da schon, dass es einfach längst Zeit gewesen wäre zu handeln, was den Klimawandel betrifft. Die Fakten werden ja weltweit belegt.“(2) Er fordert daher vor allem ein Umdenken in der Mobilität. „Wir müssen den Menschen klarmachen, dass heutiges Handeln für die nächsten Generationen Konsequenzen haben wird“, appelliert Olefs. Einiges hätten wir ohnehin bereits verpasst: „Bis 2050 können wir das Klima eh schon nicht mehr beeinflussen. Es hat eben eine sehr lange Reaktionszeit.“ Dass es – gerade im Moment – auch noch Politiker gebe, die all das negieren, „tut schon sehr weh.“

 

Hitze und Trockenheit beschränken sich nicht nur auf Österreich.

 

Schon im Frühjahr hatte eine Hitzewelle Kanada im Griff. Seit Wochen stiegen die Temperaturen in Japan, wo die Regierung von einer Naturkatastrophe sprach. Die Hitzewelle forderte dort im Juli bereits rund 80 Tote. Zuvor gab es sintflutartige Regenfälle, bei der mehr als 220 Menschen starben. Während man im Juli in Spanien und Portugal unter nasskaltem Wetter zu leiden hatte, trocknete den Norden Europas ein seit dem Spätwinter immer wiederkehrendes Hochdruckgebiet völlig aus. Die Dürre führte in Schweden zu Waldbränden, die man nicht unter Kontrolle brachte und daher um internationale Hilfe ersuchen musste.

 

In Nordirland wurde Anfang Juli schon Wasser rationiert. In Sibirien stehen zehntausende Hektar Wald in Flammen. Auch in Kalifornien toben nie da gewesene Feuersbrünste. In Norwegen flüchten sich Rentiere in kühle Straßentunnel. Bei uns in Mitteleuropa zeigt das Thermometer seit Tagen deutlich mehr als 30 Grad Celsius. In Spanien und Portugal wüteten 47 Grad Hitze.

 

Schicksal? Natur? Strafe Gottes? Nein, nein! Der Mensch mischt schon kräftig mit, daran gibt es keinen Zweifel.

 

„Aber für das Ausmaß ist nicht zu hundert Prozent der Mensch verantwortlich“, stellt Michael Hofstädter fest, der Leiter der Fachabteilung Klimasystem bei der ZAMG.(3) „Hitzewellen sind grundsätzlich Wetterphänomene, die zufällig auftreten. Sich aber auch selbst verstärken können. Die Sommerlichen Hitzeperioden werden auf jeden Fall länger werden – und zwar deshalb, weil bei einem höheren Temperaturniveau die Verdunstung massiv angetrieben wird. Die Böden werden immer trockener, die Hitze bleibt immer länger.“ Auf die Frage, ob jetzt nichts anderes mehr bleibt, als den Kopf hängen zu lassen, antwortet Hofstädter: „Wir sehen, dass das ganze System zusammenhängt. Und dass wir die Erde nutzen müssen wie einen Garten, den man nachhaltig bewirtschaftet. So bin ich sehr optimistisch, dass der Klimawandel endlich ein Anstoß ist, nachhaltig zu denken, anders zu leben und vor allem anders zu konsumieren.“

 

Das heißt, wir Bewohner der Industriestaaten sind nicht nur für den größten Anteil des Treibhausgas-Ausstoßes in den letzten 150 Jahren verantwortlich, sondern leisten uns auch heute einen Lebensstil, der bezüglich Treibhausgasen und generell beim Ressourcenverbrauch absolut nicht nachhaltig ist. Von nun kann es nur mehr heißen: Unser Konsumverhalten muss sich ändern. Und der Ausstoß von Treibhausgasen aus Auspuffen und Schornsteinen, aus Kraftwerken und Fabriken muss sinken; nicht morgen oder übermorgen, sondern sofort. Hören wir auf die Mahner! Bekämpfen wir unsere Bequemlichkeit!

 

Gerade erst veröffentlichte die US-Klimabehörde einen 300 Seiten starken Bericht, an dem mehr als 500 Forscher aus 65 Ländern mitarbeiteten.

 

Demnach waren die vergangenen vier Jahre die wärmsten seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen im späten 19. Jahrhundert. Die Konzentrationen der Klimagifte CO2 und Methan erreichten 2017 neue Höchstwerte.(4)

 

Dass sich im nördlichen Polarmeer die Eisschmelze leider beschleunigt und dadurch es seit einigen Jahren in den Sommermonaten möglich ist, Asien über die sogenannte Nordostpassage zu erreichen, die wesentlich kürzer ist als der Umweg über das Mittelmeer und den Suez-Kanal, ist ja bekannt. Da die Eisschmelze fortschreitet, wurde es vor kurzem möglich, dass erstmals ein russischer Tanker ohne Begleitung durch einen Eisbrecher über die Nordostpassage in Richtung Beringstraße nach China fuhr.

 

Es kann aber leider über die Gewinnung dieses Vorteils keine Freude aufkommen, denn der Klima-Preis, um den dieser Vorteil erkauft ist, ist unbezahlbar.

 

 

 

Quellen:

1) (2) „Salzburger Nachrichten“ vom 7. August

(3) „Salzburger Nachrichten“ vom 28. Juli

(4)  „Salzburger Nachrichten“ vom 4. August