7. Juni 2010: Nicht über den Klimascuhutz, sondern übers Sparen und den Euro redet man in den oberen Etagen
Der Klimaschutz hat bei der UNO-Konferenz in Kopenhagen im vergangenen Dezember leider einen Rückschlag erlitten. Bleibt zu hoffen, dass es bei den Folgekonferenzen in Bonn (Juni) und in Mexiko-Stadt (November) Fortschritte gibt.
So wichtig internationale Klimaschutz-Vereinbarungen auch sind, den Anfang müssen die Industriestaaten machen. Die EU wollte die Klimaschutz-Vorreiterrolle übernehmen und bis 2020 die Treibhaugasemissionen um 20 % senken – bzw. um 30 %, wenn die internationale Gemeinschaft vergleichbare Anstrengungen unternimmt.
Inzwischen stellt sich heraus, dass die großen Player statt mitzuziehen davonziehen. Die USA und China, beide äußerst skeptisch gegenüber internationalen Verträgen, setzen auf Aufholjagd bei den grünen Technologien. Chinesische und indische Hersteller von Windturbinen sind in die globalen Top Ten aufgerückt. Die meisten Solarzellenmodule werden aus China und Taiwan geliefert.
Nun ergriff Ende Mai Connie Hedegaard, die Klimaschutz-Kommissarin der EU, die Initiative und stellte eine Anhebung des CO2-Reduktionszieles auf 30 % zur Diskussion, weil derzeit höhere CO2-Einsparungsziele billiger zu realisieren wären, als zur Zeit der EU-Beschlüsse 2008 vorauszusehen war. Sie erreichte die zaghafte Unterstützung der EU-Kommission, denn immerhin herrscht weitgehende Übereinstimmung, dass ein ambitionierteres Klimaschutz-Ziel der Wirtschaft wichtige Impulse geben könnte. Nach Ansicht der EU-Kommission böte sich nun die erstklassige Chance, beim Wirtschaftsaufschwung auf grüne Technologien statt auf „business as usual“ zu setzen.
Auf diesen Vorstoß der EU-Kommission gab es unter den EU-Ländern sowohl positive als auch negative Reaktionen. Die Reaktionen aus Österreich waren negativ: Umweltminister Berlakovich ist zwar grundsätzlich für die 30 %, fürchtet aber wegen des EU-Alleinganges Nachteile für die EU im internationalen Wettbewerb. Wirtschaftsminister Mitterlehner und Wirtschaftskammerpräsident Leitl lehnten diesen Vorstoß ab. Somit hat Österreich einen Fixplatz bei den Bremsern. Das ist beschämend.
Es gibt leider auch in Österreich verantwortungslose Führungspersönlichkeiten, die ganz offen die Wichtigkeit des Klimaschutzes in Frage stellen. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Klimaschutz dem Sparwahn weichen muss. So wird Österreich seine EU-Klimaziele für das Jahr 2020 nicht erreichen – so wie es kaum ernst zu nehmende Aktivitäten gibt, das Kyoto-Ziel 2012 zu erreichen. Dabei hätte Österreich mit dem Nein zur Atomenergie Mut bewiesen und müsste jetzt erneut seinen Ruf als Pionierstaat zurück gewinnen.
Eines müsste allen Politikern endlich klar sein: Am Umstieg von der fossilen Ära ins solare Zeitalter führt kein Weg vorbei. Mit der Nutzung fossiler Energieträger ist ja nicht nur die Klimaproblematik verbunden, sondern auch viele andere Gefahren haben hier ihre Ursache. Gegenwärtig sind wir Zeugen eines entsetzlichen Umweltdesasters im Golf von Mexiko. An viele „kleine“ Probleme des Öl-Zeitalters haben wir uns schon gewöhnt: austretendes Öl aus lecken Öltankschiffen, ölverseuchte Landstriche und Flüsse, Armut in Öl-exportierenden Entwicklungsländern trotz gigantischer Einnahmen (Nigeria!), Kriege um Öl usw.
Das größte Problem der fossilen Energieträger ist ihr Verbrennungsprodukt CO2. Obwohl dieses Gas nur in geringem Ausmaß in der Luft enthalten ist, liegt für die weitaus meisten Klimaexperten in seiner Anreicherung in der Atmosphäre die Hauptursache für die Klimaerwärmung. Vor der Industrialisierung lag der CO2-Gehalt in der Luft bei 0.028 %, derzeit aber schon bei 0,038 %, Tendenz stark steigend.
Die Zweifler mögen bedenken, dass selbst beim Verdacht, das CO2 könnte für die Klimaerwärmung verantwortlich sein, Konsequenzen gezogen werden müssen. Denn wir haben nur diese eine Erde als „Versuchsobjekt“. Bis der 100 %ige Beweis erbracht wäre – falls dieser überhaupt möglich ist – wäre es für Klimaschutzmaßnehmen zu spät.
In Oberösterreich gibt es zwei Prominente, die öffentlich Zweifel an der CO2-Problematik kundgetan haben: VOEST-Generaldirektor Eder und FPÖ-Chef Haimbuchner. Einen schlechten Dienst haben dem Klimaschutz aber auch jene UNO-Wissenschaftler erwiesen, die – bewusst oder unbewusst – übertriebene Daten über die Klimazukunft verbreitet haben.
Andererseits sind tatsächlich drastische Klimasprünge möglich, von denen wir uns gegenwärtig noch gar keine Vorstellung machen können. Wir dürfen nicht erwarten, dass der Klimawandel parallel zum Anstieg der CO2-Konzentration linear verlaufen wird. Eher sind „Schübe“, ja sogar eine generelle Beschleunigung zu erwarten.
Ein Beispiel von mehreren: Je kleiner die Gletscherflächen werden, desto geringer wird die Reflexion des Sonnenlichtes. Aber auch die Wärme verbrauchende Wirkung der kleiner werdenden Gletschermassen nimmt ab (Das Abschmelzen der Gletscher hat einen kühlenden Effekt, denn es wird dabei sehr viel Wärme „verbraucht“; um 1 m3 Eis zu schmelzen, sind fast 100 kWh Wärmeenergie nötig).
Viel klarer müsste daher der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern das Ziel der Politiker sein, vor allem auch der österreichischen! Ebenso muss dieser Ausstieg das Ziel jeder/jedes Einzelnen sein. Geben wir uns keiner Illusion hin: Ohne Druck wird der breite Umstieg auf Energiesparen, erneuerbare Energien und auf verträglichere Verkehrsalternativen nicht gelingen. Daher müssen die fossilen Brenn- und Treibstoffe (und Fossil- und Atomstrom) mit einer schrittweise steigenden CO2-Abgabe belastet werden.
Derzeit ist in Österreich die Ökologisierung des Steuersystems im Gespräch. So auch die CO2-Abgabe. Aber die Einnahmen aus der CO2-Abgabe dürfen nicht – wie vorgesehen – für das Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden, sondern sie müssen für genau definierte Klimaschutzmaßnahmen zweckgebunden werden und für die Senkung der Arbeitskosten („Lohnnebenkosten“) verwendet werden. Und die CO2-Abgabe muss von einer Reihe flankierender Maßnahmen begleitet sein. Denn die Verteuerung von Energie und Autofahren darf Menschen nicht in „Energiearmut“ stürzen.
Mächtige Lobbys leisten Widerstand gegen die CO2-Abgabe (Öl- und Gaslobby, Frächterlobby, E-Wirtschaft, Autofahrerclubs, Wirtschafts- und Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung…), und der Politik sind die Tagesgeschäfte wichtiger als das Eintreten für unsere Kinder und Enkelkinder. Viele gute Vorschläge, die für die soeben fertig gestellte, über 100 Seiten zählende „Energiestrategie Österreich“ von Klimaschutzexperten eingebracht wurden, fielen der Blockade von Lobbys zum Opfer bzw. wurden von so manchen Ministerien gestrichen.
Umso wichtiger ist es, dass es Menschen und Gruppierungen gibt, die als Gegenpol eine Lobby für den Klimaschutz bilden.