Heinrich Höbarth
2016
Ein Weg aus der Krise durch neue Finanz- und Geldpolitik und durch rege öffentliche Investitionstätigkeit
Wenn selbst die Experten streiten, wie die Finanz- und Wirtschaftskrise bewältigt werden könnte, darf es nicht verwundern, dass die Bevölkerung der Krisenbewältigungskompetenz der Politiker immer weniger vertraut.
1) Die aktuelle Sparpolitik Österreichs und der EU lässt Parallele zu den 1930er Jahren erkennen:
Gerade die Sparpolitik und die verbissene Inflationsbekämpfung waren in den 1930er Jahren Ursache für den eklatanten Geldmangel, der in Deutschland zum wirtschaftlichen Niedergang und zur Massenarbeitslosigkeit geführt hat.
Die rigorose Sparpolitik der deutsche Regierung Brüning verschärfte in der Endphase der Weimarer Republik die Wirtschaftskrise. Kanzler Brüning führte den Staatshaushalt auch in der stärksten Krise wie ein „ordentlicher Hausvater“. Dass er daneben auch mit richtiger Finanzpolitik und staatlichen Investitionen die Wirtschaft steuern muss, sahen mit ihm die meisten Zeitgenossen nicht ein. Geldschöpfung (Geldscheine drucken) wurde von ihm wie von den meisten Experten wie eine Gotteslästerung verurteilt. Mit seiner einseitig auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt zielenden Deflationspolitik verursachte er Massenarbeitslosigkeit.
Anfang 1932 war jeder Dritte arbeitslos. Die Nazis hatten in dieser Situation ein leichtes Spiel.
Ein ähnlich harter Sparkurs wurde in den 1930er Jahren auch in Österreich gefahren – mit denselben Folgen, nämlich Massenarbeitslosigkeit und Faschismus.
Die Inflationsfurcht saß den Deutschen und Österreichern so tief in den Knochen, dass auch die meisten Vertreter der Wissenschaft der verhängnisvollen Auffassung waren, jede Geldschöpfung müsse sofort Inflation erzeugen. Viele waren sogar immer noch der früher vorherrschenden Meinung, jeder Geldschein müsse durch Gold gedeckt sein.
2) Die bisherigen Bemühungen im Kampf gegen die heutige Schulden- und Wirtschaftskrise führten nicht zum Erfolg
Defizitfinanzierung?Mit der Idee von J. M. Keynes (in der Wirtschaftskrise staatliche Arbeitsbeschaffungs-Programme auf der Basis von Schulden) ist uns nicht geholfen, denn es wurden in Zeiten der Hochkonjunktur keine Reserven angelegt. Die öffentlichen Schulden sind ein Riesenproblem. Mit den an sich richtigen Konjunktur-programmen der Jahre 2008/09 stieg leider die Staatsverschuldung noch weiter an.
Neoliberalismus?Der Neoliberalismus ist die Hauptursache der derzeitigen Krise und keinesfalls ein Modell für den Ausweg aus der Krise. Mit seinem Credo, dass der Markt die Probleme zu lösen vermag und sich der Staat zurücknehmen müsse, fuhr er gegen die Wand. Denn der Markt rettete das System nicht vor dem Zusammenbruch, sondern die Staaten mussten massiv eingreifen.
Sparpakete?Bisher beschränkten sich die Aktivitäten der Politiker auf Anraten der meisten Nationalökonomen auf Einsparungen im öffentlichen Bereich zum Abbau der Staatschulden. In einem bestimmten Ausmaß sind öffentliche Einsparungen sicher sinnvoll und nötig, z. B. bei überbordender Verwaltung, bei Doppelgleisigkeiten und Kompetenzwirrwarr. Aber gefährlich wird es, wenn es um ungerechtfertigte Kürzungen bei den öffentlichen Diensten und Sozialleistungen geht und wenn bei öffentlichen Investitionen gespart wird bzw. gespart werden muss.
„Jetzt müssen sich die Staaten endlich zurücknehmen!“, rufen die Neoliberalen und fühlen sich in ihrem Element. Aber nur sparen, das kann nicht gut gehen. Das sehen immer mehr Menschen ein. Die Sparpakete, die den südlichen Euro-Staaten (vor allem Griechenland und auch Spanien und Portugal) aufgezwungen werden, führen bereits zu extrem inhumanen Zuständen und zur Radikalisierung der Massen. Diese Staaten können sich unter solchen Umständen nie erholen.
Die Banken mit billigem Geld fluten? In der Europäischen Zentralbank (EZB) erkannte man, dass die Politik des knappen Geldes in die Sachgasse führt. EZB-Chef Mario Draghi bemüht sich in Missachtung der Maastricht-Kriterien und gegen den massiven Widerstand vor allem deutscher Nationalökonomen, die Wirtschaft dadurch zu beleben, dass er die Banken mit billigem Geld - Geld zu extrem niedrigen Zinsen - flutet. Am 10. März 2016 wurde der Leitzinssatz sogar von 0,05 auf 0,0 Prozent gesenkt, und das Anleihe-Kaufprogramm wurde deutlich ausgeweitet: von 60 Milliarden Euro pro Monat auf 80 Milliarden Euro.
Abgesehen von der Gefahr der neuerlichen Blasenbildung, hält sich der Erfolg dieser EZB-Maßnahmen aber in Grenzen, denn es regiert sowohl in den Banken als auch in den Betrieben die Epidemie der Vorsicht und des Misstrauens. Außerdem ist zu hinterfragen, ob es bei hohem Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinnvoll bzw. verantwortbar ist, mit weiterem unselektiven Wirtschaftswachstum ("Wildwuchs") die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Denn es würde bedeuten, dass der ohnehin hohe private Konsum noch weiter steigen müsste und somit mit wachsender Verschwendung gleichzusetzen wäre. In hochentwickelten Industriestaaten sollte es eigentlich nur mehr selektives Wachstum geben, d. h. vor allem Wachstum in den Bereichen Klimaschutz, Ökologie, Gesundheit, Bildung, Soziales und Solidarität. Daher müssen für die Schaffung von Arbeitsplätzen neue Wege beschritten werden. Außerdem bezweifeln immer mehr Experten, dass das BIP ein Maßstab für Wohlstand und Lebensqualität sein kann.
Ein Link zum Tema "Wirtschaftswachstum"
Die vor allem von deutscher Seite kommende Warnung, die Geldflut könnte die Inflation anheizen, ist grundsätzlich berechtigt, geht aber derzeit an der Realität vorbei, denn die Inflationsrate ist sehr niedrig. Vor kurzem war sogar die Gefahr der Deflation größer als die der Inflation.
Neben der offiziellen Inflationsrate gibt es auch die versteckte Inflation, die man sich auf Grund der Sparpolitik sozusagen durch die Hintertür holt:
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Arbeitslosigkeit ist für jene inflationär, die davon betroffen sind („ausgelagerte Inflation“), weil sie mit geringerem Einkommen auskommen müssen.
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Arbeitslosigkeit ist für alle inflationär, weil die öffentlichen Leistungen trotz gleich bleibender Abgabenlast wegen der zu leistenden Arbeitslosenunter-stützung reduziert werden müssen.
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Ausdünnungen bei öffentlichen Dienstleistungen sind inflationär, denn bei gleichbleibend hohen Steuern sind wir mit Reduktionen bei den öffentlichen Diensten konfrontiert. Das ist besonders für jene Steuerzahler schlimm, die in höherem Maß auf solche Dienste angewiesen sind.
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Die Niedrigzinspolitik ist inflationär, weil die Sparguthaben an Wert verlieren.
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Das ständige Betonen, der Staat müsse sparen und der Euro müsse gesichert werden, erzeugt eine negative Stimmung, die zur Flucht in Immobilien führt und somit zum Anstieg der Kosten in diesem Bereich. Kann man das nicht auch als inflationär bezeichnen?
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Schließlich muss noch darauf hingewiesen werden, dass für die „kleinen Leute“ und für den „Mittelstand“ die Staatschulden (und - wenn der Leitzinssatz wieder steigen sollte - auch das Zinseszinssystem) an sich inflationär sind, denn ein Teil der Abgabenleistung wandert stetig „nach oben“ und macht die Reichen noch reicher.
3) Wo ist also die Lösung der Probleme? Wie kann die Wirtschaftskrise überwunden werden?
Die fatale Situation der heutigen Krise (und der Krise der 1930er Jahre) lässt sich vereinfacht so beschreiben:
- Auf der einen Seite gibt es im öffentlichen Sektor eine Unmenge an Arbeit, die dringend getan werden müsste.
- Auf der anderen Seite warten viele Menschen, die Arbeit suchen und – stark vereinfacht ausgedrückt – diese Arbeit verrichten könnten.
- Aber sie dürfen nicht, denn es ist zu wenig vom Tauschmittel („Schmiermittel“) Geld da.
- Auch die Privatwirtschaft gerät in den Strudel der Krise, weil nun eine große Menge öffentlicher Aufträge wegfällt.
Tatsache ist, dass die Befriedigung von Kollektivbedürfnissen nicht im erforderlichen Maß stattfindet. Zum Beispiel herrscht im öffentlichen Bausektor großer Nachholbedarf: Bau/Renovierung/Modernisierung von Kindergärten, Seniorenheimen, Krankenhäusern, Bahnlinien, Wasserversorgungsanlagen, Kanalisationen, Kläranlagen, Energie-Speicheranlagen (als Ergänzung zu Wind- und Solarstrom) usw. Kurz: In den Bereichen Ökologie, Klimaschutz und Soziales wartet enorm viel Bauarbeit auf Erledigung, viele Arbeitslose könnten hier direkt und indirekt Arbeit finden.
Bei den öffentlichen Finanzen herrscht aber Ebbe, und höhere öffentliche Verschuldung ist nicht mehr verantwortbar (auch wenn sich die europäischen Staaten heute zu null oder zu negativen Zinsen Geld borgen können). Zum Abbau der Staatsschulden beschränken sich die Aktivitäten der Politiker auf Anraten der meisten Nationalökonomen auf Einsparungen im öffentlichen Bereich und auf die Bekämpfung der Steuerflucht und Steuerhinterziehung. In einem bestimmten Ausmaß sind öffentliche Einsparungen sicher sinnvoll und nötig, z. B. bei überbordender Verwaltung, bei Doppelgleisigkeiten, Förderdschungel und Kompetenzwirrwarr. Möglich wären auch die höhere Besteuerung Superreicher, die Finanztransaktionssteuer, Abgaben auf umweltbelastende und klimaschädliche Aktivitäten (Stichwort CO2-Abgabe) usw.
Gefährlich wird es, wenn bei öffentlichen Investitionen gespart wird bzw. gespart werden muss und daher im öffentlichen Bausektor kaum Arbeitsplätze geschaffen werden können, und wenn es zu ungerechtfertigten Kürzungen bei den öffentlichen Diensten und Sozialleistungen kommt.
Wenn eine Ausnahme von den strengen EU-Budgetregeln – vor allem angesichts der Flüchtlingskrise – gewährt werden sollte und somit höhere Staatsschulden erlaubt werden sollten, so muss man bedenken: Schulden bleiben trotz Ausnahmeregelungen Schulden.
Die Geldschwemme von der EZB dient kaum dazu, gezielt im öffentlichen Bausektor dort Arbeit zu schaffen, wo sie notwendig ist. Der Juncker-Plan baut z. T. auf öffentliche Verschuldung und Haftungen auf. Die Erfolge des Junker-Plans lassen übrigens auf sich warten. Die österreichische Steuerreform war zwar dringend notwenig, belebt aber den privaten Konsum und nicht die öffentlichen Investitionen.
Geld, das nicht zurückgezahlt werden muss, kann sich die öffentliche Hand im nötigen Ausmaß und möglichst rasch nur dann beschaffen, wenn auf Basis einer neuen Geldpolitik selektiv/sektoral/temporal das strenge EU-Verbot der Staatsfinanzierung gelockert wird. Zur Überwindung der Krise muss es den Staaten gestattet werden, sich nicht rückzahlbares Geld für rege öffentliche Investitionstätigkeit zu beschaffen, …
… und zwar durch projektbezogene, streng kontrollierte Geldschöpfung für direkte Staatsfinanzierung:
Das kann man sich so vorstellen, dass die Staaten für eingereichte öffentliche Bauprojekte in den Bereichen Ökologie, Klimaschutz, Bildung und Soziales nicht rückzahlbares Geld von der EZB erhalten.
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Und zwar bekommen dieses Geld nicht die Regierungen (denn es bestünde die Gefahr, dass Politiker mit diesem Geld ihre Lieblingsprojekte verwirklichen, Klientelberuhigung betreiben oder populistische Geschenke finanzieren),
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sondern demokratisch legitimierte, unabhängige Kommissionen der Staaten (in jedem Saat eine „Monetative“, also eine Art nationales Gremium der EZB),
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die die bestimmten Projekte definieren und ausschreiben,
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die Bautätigkeit überwachen
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und je nach Baufortschritt die Projekte finanzieren.
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Die Eigentumsverhältnisse der geschaffenen Bauten sind klar, weil es sich ja um die Errichtung öffentlicher Bauten handelt.
Nur so können die öffentlichen Ausgaben für Arbeitslose reduziert werden, nur so können höhere Steuereinnahmen für die Sanierung der Staatshauhalte erzielt werden, nur so können öffentliche Aufträge an die Privatwirtschaft erteilt werden, und nur so gewinnen Banken und Privatwirtschaft wieder Vertrauen, was zusätzliche Wirtschaftsbelebung zur Folge hat.
Die Absicht der EZB ist es, mit ihrer Geldflut die Deflation zu bekämpfen. Daher ist die Angst, Geldschöpfung könnte inflationär sein, derzeit völlig unbegründet. Übrigens ist das Bemühen der EZB, mit ihrer Niedrigzinspolitik die Privatwirtschaft zu beleben, wegen der negativen Stimmung wenig erfolgreich (denn was hilft es, dem Pferd jede Menge Heu zu den Vorderbeinen zu legen, wenn es nicht frisst). Außerdem flutet die EZB mit ihrer Geldschwemme eher die Märkte, statt gezielt die Finanzierung öffentlicher Bauinvestitionen im oben dargestellten Sinn anzustreben. Zudem enteignet die EZB mit der Niedrigzinspolitik laufend den kleinen Sparer.
Wenn hingegen der Staat durch projektbezogene, streng kontrollierte Geldschöpfung ohne weitere Verschuldung öffentliche Investitionen tätigen kann, erzeugt er auch für die Privatwirtschaft eine positive Stimmung, die allen zugute kommt.
Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf!
Das Wort „Staatsfinanzierung“ provoziert einen Aufschrei bei einem Teil der Eliten. Staatsfinanzierung empfinden neoliberale Nationalökonomen als Gotteslästerung. Ein solcher Vorschlag bringt die Welt vieler Finanzexperten und Uni-Professoren in Aufruhr. Da sind sie eher bereit zu akzeptieren, dass neu gedrucktes EZB-Geld auf die Konten der Konsumentinnen und Konsumenten überwiesen wird, das nicht zurückgezahlt werden muss, ->"Helikopter-Geld" genannt. Es stellte sich heraus, dass EZB-Chef Draghi eine Diskussion über die Idee des Helikopter-Geldes nicht ablehnt. Er erkennt ja selber, dass es noch weiterer EZB-Maßnahmen bedarf, um Wirtschaft und Konsum zu beleben.
Inzwischen trauen sich wenige auch darüber zu reden, dass man eigentlich das Helikopter-Geld als nicht rückzahlbare EZB-Zuwendungen direkt den Regierungen zur Verfügung stellen könnte. Also doch Staatsfinanzierung. Eigentlich eine phantastische Idee, um öffentliche Investitionen ohne weitere Verschuldung zu ermöglichen und so die Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen. Es müsste allerdings sichergestellt sein, dass dieses Geld tatsächlich - wie oben gefordert - in Bauprojekte fließt, die am dringendsten nötig sind, nämlich für den Klimaschutz, für Ökologie, für Bildung und für Soziales. Man sieht es: Bei den Eliten ist vielleicht doch ein zaghaftes Umdenken im Gange und es wächst die Offenheit für neue Ideen.
4) Notwendigkeit öffentlicher Bauaufträge in den Bereichen Ökologie und Soziales am Beispiel Bahn bzw. öffentlicher Verkehr (ÖV) in Österreich:
Klar ist, dass Verkehrsverlagerung zum ÖV bzw. zur Schiene notwendig ist bzw. ermöglicht werden muss (Klimaschutz, Energiewende, Staus auf den Straßen…). Dazu muss die Schieneninfrastruktur verbessert bzw. erweitert werden, und die Modernisierung des Schienenfahrzeugsektors muss vorangetrieben werden. Deshalb müsste eigentlich in nächster Zeit eine enorme Menge an Aufträgen getätigt werden, was mit hohen öffentlichen Ausgaben verbunden wäre.
Weil aber der Staat spart, werden solche Aufträge weitgehend nicht vergeben. Von der Privatwirtschaft können diese Aufträge nicht ausgehen, aber diese Aufträge würden die Privatwirtschaft beleben:
Schienen-Infrastruktur - Ausbau des Bahnnetzes in ganz Österreich
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Errichtung neuer Bahnstrecken, wo offensichtliche Erreichbarkeitsdefizite bestehen.
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Erhaltung/Modernisierung der Bahn-Infrastruktur in der Fläche: Bahn als Rückgrat des ÖV, und zwar auch im ländlichen Raum (statt Betriebsein-stellungen und Streckenstilllegungen), Reparatur desolater Oberbau-Stellen („Langsamfahrstellen“).
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Ausstattung der Bahnstationen mit ausreichend hohen Bahnsteigen (55 cm) und Zugänglichkeit für Behinderte (z. B. Rollstuhlfahrer).
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Reduktion der extrem großen Zahl wenig gesicherter Bahnübergänge – und ausreichende Sicherung der verbleibenden durch Schranken und Ampeln bzw. Errichtung von Unter- und Überführungen.
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Verflachung von engen Gleisbögen bzw. Begradigungen.
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Elektrifizierung von „Dieselstrecken“.
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Erneuerung von Bahnhöfen, Errichtung von P&R-Plätzen.
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Zum Teil gibt es noch eingleisige, kurvenreiche Abschnitte auf Hauptstrecken. Hier müssen Pläne für durchgehende Zweigleisigkeit und Schnellzugtaug-lichkeit erstellt werden (mit dem PKW-Verkehr konkurrenzfähige Fahrzeiten, optimale Anordnung der Knoten.
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Errichtung von Terminals für die Verladung von Containern auf die Bahn bzw. für die Rollende Landstraße.
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Anschlussbahnen für die Güterverladung.
Rollmaterial:
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Mindestens ein Niederflureinstig bei jedem Zug.
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Energiesparende, komfortable Züge / Triebzüge.
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Automatische Kupplungen bei allen Personenzügen. Diese Kupplungen müssen bei allen Fahrzeugen gleich sein (Kompatibilität).
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Bahnlärmbekämpfung an den Ursachen: Ausstattung der Waggons mit modernen Laufwerken, vor allem der Güterzugwaggons (muss ein europaweites Programm sein).
Auf der Basis von steigender Verschuldung die Bahn-Offensive zu finanzieren heißt, das System Bahn gegen die Wand zu fahren (derzeit werden leider sehr große Bahnprojekte mit geborgtem Geld finanziert).
5) Demokratie in der Krise:
Es geht bei wichtigen Anliegen einfach nichts weiter: Klimaschutz, Energiewende, Ökologisierung des Abgabensystems, Senkung der Lohnnebenkosten, weiteres Aufgehen der Schere zwischen Arm und Reich usw. Zum Teil ist dieser Stillstand strukturell bedingt (z. B. die totale Abhängigkeit von den Banken), zum anderen Teil ist es die Tatsache, dass die politischen Parteien zu bestimmten Fragen sich nicht einigen können bzw. von heiklen Themen und von Themen, die derzeit nicht mehrheitsfähig sind, die Finger lassen.
Deshalb braucht die heutige Art der Demokratie eine Weiterentwicklung, vor allem in dem Sinn, dass den zukünftigen Generationen eine Vertretung zugestanden wird – z.B. als Sozialpartner und/oder als dritte Kammer.
Anhang 1:
„New Deal“ unter Präsident Roosevelt
- Staatliche Überwachung der Börsen.
- Mindestpreise für Agrarprodukte.
- Die Gewerkschaftsforderung nach einer 40-Stunden-Woche fand Unterstützung bei den Unternehmern und wurde eingeführt.
- Ein freiwilliger Arbeitsdienst (Civilian Conservation Corps – CCC) wurde organisiert, der für die Aufforstung und Bodenverbesserung eingesetzt wurde.
- Zur Wirtschaftsbelebung wurden 122.000 öffentliche Gebäude, eine Million Kilometer Straßen und 77.000 Brücken gebaut. Verantwortlich dafür waren verschiedene Behörden (u. a. Civil Works Administration – CWA, Works Progress Administration – WPA).
- Die Tennessee Valley Authority (TVA) baute 20 Staudämme im Tennesseetal.
- Die landwirtschaftliche Produktion wurde reduziert, um den Farmern rentable Preis zu schaffen. Die Bundesregierung gewährte den Farmern dafür Geldmittel aus dem Agricultural Adjustment Act (AAA) vom 12. Mai 1933.
- Den Gewerkschaften wurde eine feste rechtliche Grundlage gegeben, ein formelles Streikrecht wurde eingeführt.
- Kinderarbeit wurde verboten.
- Mit der staatlichen Rente und der Arbeitslosenversicherung wurden erste Sozialversicherungen eingeführt.
- Für Industriearbeiter wurden Mindestlöhne eingeführt.
- Ein Steuersystem mit niedrigen Sätzen für Arme und hohen Sätzen für Reiche wurde eingeführt.
- Der private Gold- und Silberbesitz wurde verboten (von 1933 bis 1974)
Quelle: Wikipedia
Anhang 2:
Der Marshallplan
Die Bedürftigkeit des kriegsgeschädigten Westeuropas nach 1945 traf auf den günstigen Umstand, dass die USA ein politisches und wirtschaftliches Interesse daran hatten, Europa wieder aufzubauen. Einerseits sollte ein starker Gegenpol um Kommunismus errichtet werden, andererseits benötigte man einen aufnahme- und zahlungsfähigen Markt für die eigenen Exporte und Investitionen.
Aufgrund dieser Überlegungen setzten die USA den „Marshallplan“ (European Recovery Program – ERP) um, der den westeuropäischen Staaten dringend benötigte Finanzmittel in Form von Darlehen und Zuwendungen zur Verfügung stellte. Der Marshallplan war der zentrale Rettungsanker, mit dessen Hilfe sich die darniederliegende westdeutsche und österreichische Wirtschaft wieder aufrichten konnte. Aus den USA stammende Waren (sowohl Lebensmittel als auch Investitionsgüter) wurden von der US-Regierung bezahlt (damit auch die US-Wirtschaft davon etwas hatte), der Mark- bzw. Schillinggegenwert aus dem Verkauf der Hilfsgüter wurde einem Sonderkonto in inländischer Währung gutgeschrieben und stand für Investitionszwecke zur Verfügung (ERP-Fonds, aus dem für die Wirtschaft Finanzmittel zu sehr niedrigem Zinssatz für Investitionen zur Verfügung standen – und noch immer zur Verfügung stehen).
Zwischen 1948 und 1952 wurden von den USA für 16 westeuropäische Länder insgesamt knapp 14 Mrd. Dollar im Rahmen des Marshallplans bereitgestellt. Davon flossen 1,5 Mrd. Dollar nach Westdeutschland und ca. eine Mrd. Dollar nach Österreich. Österreich erhielt unter allen Empfängerstaaten die zweithöchste Summe an Marshallplan-Hilfe pro Kopf – davon einen außergewöhnlichen Anteil in Form von Zuschüssen statt rückzahlbaren Krediten. Insgesamt erhielt Österreich zwischen 1945 und 1955 ausländische Hilfsgüter im Wert von – je nach Quelle – 900 Mio. bis 1,6 Mrd. Dollar.
Quellen:
„Mythen der Ökonomie. Anleitung zur geistigen Selbstverteidigung in Wirtschaftsfragen“, hgg. vom Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (www.beigewum.at), VSA-Verlag 2005, Hamburg
Salzburger Nachrichten vom 5. Juni 2007, Seite 3
DIE FURCHE vom 24. Mai 2007, „extra“-Beilage
Anhang 3:
Beispiele der kontrollierten Geldschöpfung:
1) Das „Wunder von Wörgl“:
Interessant ist ein Beispiel aus Österreich. In den 1930er Jahren wusste sich die Tiroler Gemeinde Wörgl mit kontrollierter Geldschöpfung zu helfen.
Die im Jahr 1932 bei der Innsbrucker Sparkasse hoch verschuldete Gemeinde Wörgl (Zinsen konnten nicht mehr bezahlt werden) ließ auf Initiative des sozialistischen Bürgermeisters Michael Unterguggenberger „Arbeitsbestätigungsscheine“ im Wert von 32.000 Schilling ausgeben, um der Not zu begegnen (30 % Arbeitslosigkeit, Betriebsschließungen, Armut). Diese Arbeitsbestätigungsscheine konnten bei der Raiffeisenkasse gekauft werden und waren nach Silvio Gesell umlaufgesichert (Klebemarken von 1 % pro Monat). Dieses Projekt war so erfolgreich, dass sich 4 weitere Gemeinden zum Mitmachen entschlossen und 178 Gemeinden diesem Erfolgsbeispiel folgen wollten (auch Linz). Das Experiment erregte weltweites Aufsehen. Wirtschaftsprofessoren aus aller Welt reisten nach Tirol, um das „Wunder von Wörgl“ zu studieren.
Am 15. 9. 1933 wurde dieses „Wunder von Wörgl“ allerdings von der österreichischen Nationalbank verboten, die Gutscheine wurden gegen den Widerstand der Bevölkerung von der Gendarmerie beschlagnahmt. Arbeitslosigkeit und Not kehrten schlagartig zurück. Den Besitzenden und Mächtigen war dieses Projekt zu gefährlich.
2) Beispiele der kontrollierten Geldschöpfung aus dem 18. und 19. Jahrhundert:
Kolonialaktie (Colonial Scrip) der 13 britischen Kolonien in Nordamerika (Neuengland) 1700 – 1764: Wegen Geldmangel gab man in kontrollierter Menge Papiergeld heraus. Folgen: Keine Arbeitslosen und Prosperität. Benjamin Franklin war großer Befürworter dieses Projektes. Die Blütezeit fand ein abruptes Ende, als dieses Geld 1764 durch den britischen Currency Act verboten wurde. Not und Armut brachen wieder herein. Dies war der wirkliche Auslöser des Unabhängigkeitskrieges von 1775.
Mirakel von Guernsey (1815 – 1835): Geldmangel veranlasste den Gouverneur Daniel de Lisle Brock von der englischen Kanalinsel Guernsey, eigenes Geld für Projekte zu drucken, um der Armut zu begegnen, Straßen benutzbar zu machen und den Gemüseanbau wieder in Gang zu bringen. Nach 10 Jahren war Guernsey eine blühende Insel. 1835 wurde das Projekt allerdings durch Londoner Banken beendet.
Quelle: Tobias Plettenbacher, „Neues Geld - Neue Welt. Die drohende Wirtschaftskrise – Ursachen und Auswege“, Wien 2009