28. April 2011: Ein Rückblick - Wie kam es in Österreich zur breiten Ablehnung der Atomenergie?

 

Österreich war Gott sei Dank nicht bei den Vorreitern bezüglich Kernkraft-Nutzung.

 

Als in manchen Ländern schon eine Reihe von Atomkraftwerken in Betrieb war, entschloss sich Österreichs Elektrizitäts-Wirtschaft, auch die Atomkraft zu nutzen:

-    1968 Gründung der „Kernkraftwerksplanungsgesellschaft“ (Standort ausfindig machen Offerte einholen)

-    1969 wurde die Ausschreibung den in Betracht kommenden Firmen zugeleitet.

-    1970 Gründung der „Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld“

-    1971 Baubeschluss des Atomkraftwerkes Zwentendorf

-    15. 2. 1972 Baubeginn

 

Der Energieplan der Bundesregierung des Jahres 1976 sah dann den Bau von insgesamt drei österreichischen AKW´s vor: Neben dem AKW in Zwentendorf war auch eines in St. Pantaleon (östlich der Enns-Mündung) und eines in St. Andrä in Kärnten geplant.

 

Ein Teil der österreichischen Bevölkerung zeichnete sich aber durch eine gesunde Grundskepsis aus gegenüber all zu Neuem und zu wenig Transparentem. Das Wort „Atom“ war und ist außerdem ein Synonym für Atombomben und erzeugt Unbehagen.

 

Wichtig für die Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung war auch die Arbeit der Anti-Atom-Initiativgruppen. Diese kleinen NGO´s wiesen in beharrlicher Arbeit auf die Gefahren der Atomenergie-Nutzung hin. Ihnen gegenüber stand eine mächtige Pro-AKW-Lobby (E-Wirtschaft, Gewerkschaft Bau und Holz, Industrie…). Die Medien waren – von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Kronenzeitung) – auch auf der Pro-Atom-Seite, ebenso die offizielle SPÖ. Den NGO´s gelang es aber, unterstützt von einigen mutigen Wissenschaftern, den Boden für eine wachsende Anti-Atom-Bewegung zu bereiten. Schließlich kam es zum großen Erfolg der Atomgegner: Die Atomenergie-Volksabstimmung am 5. November 1978 ging zu ihren Gunsten aus. In der Folge kam es im Dezember 1978 zum Beschluss des Atomsperrgesetzes. Das AKW Zwentendorf ging nicht in Betrieb.

 

Die Atomlobby konnte diese Niederlage nicht verkraften und versuchte, eine neuerliche Volksabstimmung anzustreben. Umfragen ermutigten sie, die Pro-Atom-Propaganda fortzusetzen.

 

Aber da passierte am 26. April 1986 der SuperGAU in Tschernobyl. Die Chancen der Atom-Lobby lagen nun bei Null. Auch die Medien waren jetzt zum Großteil auf der Seite der Atomgegner. Sie berichteten nicht nur über die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe, sondern thematisierten ab nun laufend auch Probleme in anderen AKW´s, sodass Österreichs Bevölkerung ausführlicher über die Atomenergie-Problematik informiert wurde als in den meisten anderen Ländern.

 

Die Österreicherinnen und Österreicher gehören deshalb zu jenen Menschen, die relativ gut über die Gefahren der Atomenergie Bescheid wissen, deshalb mehrheitlich die Atomenergie-Nutzung ablehnen und besonders sensibel auf Störfälle und Katastrophen in Atomanlagen reagieren. Dass die negative Einstellung zur Atomenergie-Nutzung ihre Berechtigung hat, wurde nun durch den SuperGAU in Fukushima bestätigt.