4. Juni: Blockade bei Ökostrom

 

Auf der Basis des Ökostromgesetzes 2002 erlebte die Ökostrom-Branche einen Boom. Dann setzten sich die Bremser durch (Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung). Ihr Argument: „Der steigende Ökostromzuschlag führt zu einer unzumutbaren Stromverteuerung.“

 

Mit der Ökostromgesetznovelle 2006 wurden der Förderung für die Einspeisung von Ökostrom ins Netz eine enge Grenzen gesetzt:

-          Jährliche Anhebung der Einspeiseförderung für zusätzliche Ökostromanlagen nur mehr € 17 Mio.

-          Die Einspeiseförderung wurde nur mehr für 12 Jahre gewährt (im 11. Jahr nur mehr 75 % Förderung, im 12. Jahr nur mehr 50 %).

-          Die großen Stromerzeuger und Netzbesitzer waren somit nur je 12 Jahre lang verpflichtet, den einzelnen Ökostromerzeugern den Strom zu festgelegten Bedingungen abzukaufen.

-          Die € 17 Mio. wurden wie folgt aufgeteilt: Für Biomasse-/Biogas-Strom 60 %, für Windenergie-Strom 30 % und nur 10 % für Photovoltaik-Strom u. a.

 

Vor allem die kurze Förderdauer hielt viele potentielle Investoren davon ab, Ökostromanlagen zu errichten. Denn was ist, wenn man nach Ablauf der 12 Jahre für die kWh nur mehr einen Spottpreis erhält?

 

Der Widerstand der Ökostromszene und der Klimaschutz-NGOs gegen diese Gesetzesnovelle war sehr groß. So entschloss sich die Politik zu einer neuerlichen Novelle im Juli 2008. Aber die war wieder alles andere als befriedigend:

-          Das Fördervolumen wurde bloß auf € 21 Mio. erhöht.

-          Die Förderdauer/Abnahmeverpflichtung wurde minimal auf 13 Jahre verlängert.

 

Die Folge ist, dass sich seit 2006 die österreichische Ökostromerzeugung im Dämmerschlaf befindet und bei 1.600 MW stagniert. Es entstanden in Österreich fast keine zusätzlichen Anlagen, während in Deutschland und anderen Ländern die Ökostrombranche beachtlich wuchs.

 

Einige sonstige Änderungen in der Ökostromgesetznovelle 2008:

-          Bei Kleinwasserkraft (< 10 MW) wird die Einspeiseförderung in eine Investitionsförderung umgewandelt, wobei 24 Jahre Abnahmegarantie zu Marktpreisen gewährt wird.

-          Die fixe Aufteilung des Fördervolumens wurde beseitigt, nur die 10 % für Photovoltaik blieben und werden nur mehr für Anlagen über 5 KWp (über 40 m2 Solarzellenfläche) gewährt.

-          Die Kofinanzierung der Bundesländer ist nicht mehr erforderlich.

-          Für private, netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen bis 5 kWp gibt es eine Investitionsförderung vom KLI.EN-Fonds (Klima- und Energiefonds). € 8 Mio. betrug das Volumen im Jahr 2008. Diese Förderung wurde am 18. Juli 2008 um 9 Uhr gestartet, und nach bereits 15 Minuten war die Fördersumme ausgeschöpft. 2.400 Anträge gingen ein, aber das Fördergeld reichte nur für ein Drittel. Heuer wird es diese Förderung wieder geben, hoffentlich mit einem bedeutend größeren Fördervolumen.

-          Erhöhung der Förderung für Biomasse-/Biogas-Kraftwerke.

-          Wirtschaftsminister Bartenstein verlangte, dass energieintensiven Industriebetrieben eine Ausnahmeregelung gewährt wird: Sie brauchen den Ökostromzuschlag nur bis zu einer bestimmten Höhe bezahlen („Deckelung“).

 

Diese zuletzt genannte Ausnahme für energieintensive Industriebetriebe will die EU-Kommission nicht erlauben, aber der derzeitige Wirtschaftminister Mitterlehner beharrt wie sein Vorgänger auf dieser Regelung. Außerdem will die österreichische Arbeiterkammer die Gesetzesnovelle in Brüssel wegen der Biomasse-Förderung beeinspruchen.

 

Daher ist die gesamte Regelung blockiert.

 

Als Klimaschützer ist man einerseits sogar froh, dass dieses „Ökostrom-Behinderungs-Gesetz“ nicht wirksam werden kann. Vielleicht blockiert die EU-Kommission das Gesetz auch deswegen, weil es der Photovoltaik abermals nur einen minimalen Raum gibt.

 

Österreich hätte immer noch die Chance, diese Gesetzesnovelle zu ändern. Leider geht wegen der Blockade derzeit beim österreichischen Klimaschutz gar nichts weiter. Die Ökostrombranche konzentriert sich vermehrt auf das Ausland, denn sie kann in Österreich kaum investieren und somit auch keine neuen Jobs bringen.

 

Unsere Forderungen an den Wirtschaftsminister und an die Sozialpartner:

 

1)       Änderung der Ökostromgesetzesnovelle:

Österreichs Politik soll sich dazu entschließen, das deutsche Erneuerbare-Energie-Gesetz zu übernehmen. Das ist mit „Industriedeckel“ genehmigt und könnte von der EU nicht abgelehnt werden. Es enthält eine wesentlich großzügigere Ökostromförderung als das geplante österreichische Gesetz.

 

2)       Ergänzung des Ökostromgesetzes durch ein Ausgleichsstromgesetz:

Eine genügend große Zahl von Speicheranlagen (dezentral vor zentral, kleinere Pumpspeicher vor gigantischen Alpenspeichern) muss es ermöglichen, Stromernte und Stromnachfrage zu entkoppeln, das schwankende Angebot an Wasserkraft-, Windkraft- und Photovoltaik-Strom auszugleichen und so viel Strom der Speicherung zuzuführen, dass in der kalten Jahreshälfte Stromknappheit vermieden werden kann.

Abzulehnen ist Ausgleichsstrom aus Fossil- und Atomkraftwerken! Deshalb muss die Zunahme bei der gesamtösterreichischen Speicherkapazität dem Wachstum bei der Stromgewinnung aus Wasser-, Wind- und Solarkraft entsprechen.

 

3)       Ergänzung des Ökostromgesetzes durch ein Stromeffizienzgesetz:

Durch ein Bündel von Maßnahmen muss es ermöglicht werden, dass der Stromverbrauch der Haushalte abnimmt, um so die höheren Ökostromkosten ausgleichen zu können. Statt der Deckelung des Ökostromzuschlages für energieintensive Industriebetriebe wäre es besser, diesen Betrieben Förderungen für die Steigerung der Stromeffizienz und somit für sinkenden Stromverbrauch zukommen zu lassen

 

 

 

Interessant für jene Gemeinden und Privatpersonen, die trotz untätiger Bundespolitik der Photovoltaik auf die Sprünge helfen wollen:

Das Contracting-Modell der E-Werk-Wels AG mit ihrem Tochterunternehmen MEA Solar.

Kontaktperson: Christoph Mair (Tel.: 07242/350 390 750; christoph.mair@mea-solar.at) oder Infos unter www.mea-solar.at!

 

 

 

Wie wird Ökostrom definiert?

Ökostrom ist

-          Strom von Kleinwasserkraftwerken bis 10 MW.

-          „Sonstiger Ökostrom“, d. h. Strom von Biomasse-/Biogas-Kraftwerken, von Windanlagen, von Photovoltaikanlagen, von geothermischen Anlagen usw.

 

Was versteht man unter Einspeiseförderung?

Damit sich die Erzeugung von Ökostrom rechnet und die Errichtung einer Ökostromanlage nicht in einem Flop endet, müssen sich die großen E-Gesellschaften (EVN, EAG, LinzAG usw.) verpflichten, den Ökostrom im Förderzeitraum zu einem geregelten höheren Tarif abzunehmen. Die Ökostrom-Produzenten erhalten also mehr Geld für den ins Stromnetz eingespeisten Strom, als ansonsten für Großwasserkraft- und Großwärmekraft-Strom bezahlt wird. Dieses Mehr wird auf alle Stromkonsumenten verteilt, indem diese den Ökostromzuschlag bezahlen müssen.

Am teuersten ist mit 45 bis 50 Cent die kWh von Photovoltaik-Anlagen. Zum Vergleich: An die Haushalte verkaufen die großen Stromerzeuger die kWh zu etwa 20 Cent.

Aber ohne eine Photovoltaik-Offensive ist die Energiewende nicht vorstellbar. Außerdem wird mit zunehmender Produktion von Solarzellen deren Preis sinken und somit der Photovoltaik-Strom sicher auch billiger werden.

 

Ökostrom-Ziele, die dem Ökostromgesetz zu Grunde liegen:

  • Erreichung von 78,1 % Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis 2010 (EU-Vorgabe in Bezug auf den Referenzwert von 56,1 TWh)
  • 2008 formulierte Ziele bis 2015: 15 % der gesamten Stromerzeugung von erneuerbaren Energiequellen:

-    Zusätzlicher Wasserkraftstrom (Laufkraftwerke): 700 MW (3,5 TWh), davon 350 MW kleine und mittlere Wasserkraft. Voraussichtliche Kosten: € 20 Mio.

-    Zusätzlicher Windstrom: 700 MW (x 2.300 Volllaststunden = ca. 1,5 TWh). Voraussichtliche Kosten: € 30 Mio.

-    Zusätzlicher Biomasse-/Biogas-Strom: 100 MW (x 6.000 Volllaststunden = 0,6 TWh), wobei davon ausgegangen wird, dass diese Kraftwerke das ganze Jahr hindurch Biomasse bzw. Biogas verstromen, auch im Sommer, was ein entsetzlicher Unsinn ist. Voraussichtliche Kosten: € 60 Mio.