August 2012 

 

 

 

Weniger Spritverbrauch statt E10

 

Details zur Biosprit-Thematik

 

 

 

Inhalt:

 

1) Wichtigste Arten von Biotreibstoff (Biokraftstoff, Biosprit)

2) Was ist E10?

3) Folgende Argumente werden zur Rechtfertigung der Biosprit-Erzeugung ins Treffen geführt

4) Die Biosprit-Erzeugung konkurriert mit der Lebensmittelerzeugung und ist daher umstritten

4.1 Potenziale bei Fläche und Pflanzenwachstum

4.2 Schlechte Ökobilanz der weltweiten Biosprit-Erzeugung

4.3 Unsere Bauern

4.4 Welternährung und Bauern in Entwicklungsländern

5) E10 (und Biotreibstoffe generell) ist nur als Teil eines ganzheitlichen ökologisch-sozialen Energie- und Verkehrskonzeptes verantwortbar

6) Zum Schluss zusammenfassend einige Grundsätze

 

 

 

1) Wichtigste Arten von Biotreibstoff (Biokraftstoff, Biosprit):

 

Biodiesel wird aus pflanzlichen Ölen und tierischen Fetten hergestellt. Hauptsächlich werden Soja, Raps, Sonnenblumen, Altspeiseöle und Tierfette als Rohstoffe zur Herstellung verwendet. In Europa ist Raps die Hauptbasis (Biodiesel aus Raps = Rapsmethylester RME).

Da in Österreich (und in der EU) der Rapsanbau für die Biodiesel-Erzeugung nicht reicht, muss ein großer Teil des Rohstoffs importiert werden.

 

Bioethanol ist Ethanol („Alkohol“ im engeren Sinn, „Schnaps“, „Weingeist“, „Spiritus“, C2H5OH), das hauptsächlich durch Vergärung von stark zucker- bzw. stärkehaltigen Feldfrüchten wie Zuckerrüben, Zuckerrohr, Getreide, Mais und Kartoffeln hergestellt wird.

 

Pflanzenöl aus Raps, Sonnenblumen oder Leindotter: Der direkte Einsatz von Öl erspart die Energieverluste, die mit der Gewinnung von Biodiesel und Bioethanol verbunden sind.

 

Biomethan, hergestellt aus Biogas. Damit dieses Gas Kfz-tauglich wird, muss es zu „Biomethan“ aufbereitet werden, d. h. von CO2 getrennt, entschwefelt und entfeuchtet werden, damit mit 98 % Methan-Gehalt Erdgasqualität erreicht werden kann (Biogas enthält ca. 60 % Methan, der Rest besteht hauptsächlich aus CO2 und etwas Wasserdampf und Schwefelwasserstoff).

 

Die Vorsilbe „Bio“ weist nicht auf eine Herkunft aus Bio-Landbau hin, sondern auf den biogenen Ursprung im Gegensatz zu Mineralöl. Deshalb schlagen manche vor, den Namen Biosprit durch „Agrosprit“ zu ersetzen.

 

 

 

2) Was ist E10?

 

In Österreich ist vorgesehen, ab Oktober 2012 den neuen Ottokraftstoff Super E10 , der zu 90 % aus Superbenzin und 10 % Ethanol besteht, an manchen Tankstellen anzubieten. Und bald soll der höhere Ethanolgehalt für alle Benzinsorten Standard werden. Das Gemisch E5 aus 95 % Super und 5 % Ethanol wird schon seit Jahren ganz regulär angeboten.

 

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 zu Benzin und Diesel 10 % Biosprit zu mischen.

 

 

 

3) Folgende Argumente werden zur Rechtfertigung der Biosprit-Erzeugung ins Treffen geführt:

 

Hauptargumente:

-          Klimaschutz (mehr erneuerbare Energie, weniger fossile Energie)

-          Verkleinerung des Abstands zur Erfüllung der Kyoto-Verpflichtung:

Im Kyoto-Protokoll verpflichtete sich Österreich zur Reduktion des CO2-Ausstoßes von 79 Mio. Tonnen im Jahr 1990 um 13 % auf 68,8 Mio. Tonnen bis 2012. Dafür, dass Österreich seine Verpflichtung bei weitem verfehlt (im Jahr 2010 emittierte Österreich 84,6 Mio. Tonnen), musste Minister Berlakovich von anderen Ländern Verschmutzungszertifikate zukaufen, nämlich zuerst Zertifikate um gut 500 Mio. Euro und zuletzt noch um 160 Mio Euro (deshalb so billig, weil derzeit die Tonne CO2 nur 5 Euro kostet). Nun geht es darum, dass weitere Zertifikate gekauft werden müssten, wenn E10 ab Oktober nicht umgesetzt wird.

-          Erfüllung der EU-Vorgabe, bis 2020 die 10 % Biotreibstoff-Beimischung zu erreichen (die Österreich im Übereifer schon jetzt erfüllen will)

 

Weitere Argumente:

-          Einkommensverbesserung und -sicherung für die heimischen Bauern

-          Geringere Abhängigkeit Österreichs von Öl- und Gasimporten

-          Versorgungssicherheit Österreichs bei Energie

-          Geringere Abhängigkeit Österreichs von endlichen Energieträgern

-          Wertvolle Nebenprodukte (Eiweiß-Futtermittel für die Tierhaltung, Stärke für die Industrie…)

-          Nutzung von Brachflächen

-          Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Österreich

 

 

 

4) Die Biosprit-Erzeugung konkurriert mit der Lebensmittelerzeugung und ist daher umstritten:

 

Ob daraus eine Lebensmittelverknappung entstehen könnte, bedarf einer genaueren Erörterung.

 

a)       Auf jeden Fall ist es zu wenig, sich nur auf Österreich zu beziehen und zu sagen, den Bedarf an Lebensmitteln könne Österreich trotz E10 ohne Probleme im Inland decken, sodass der Lebensmittelproduktion in Österreich kein Rohstoff entzogen werde.

 

b)      Weiters muss berücksichtigt werden, dass durch Dürre und Missernten in wichtigen Anbauländern von Mais und Getreide eine neue Situation entstanden ist.

 

c)       Dringend notwendig ist eine ganzheitliche Auseinandersetzung mit der Biosprit-Politik, eine Untersuchung der langfristigen und globalen Konsequenzen.

 

Folgende Akteure bzw. Fakten sind für eine ganzheitliche Sicht der Biosprit-Thematik von Bedeutung:

4.1   Potenzial bei Fläche und Pflanzenwachstum

4.2   Ökobilanz der weltweiten Biosprit-Erzeugung

4.3   Unsere Bauern

4.4   Welternährung und Bauern in Entwicklungsländern

 

 

4.1 Potenziale bei Fläche und Pflanzenwachstum:

 

a) Unser Staatsgebiet kann nicht erweitert werden:

 

Die Verbauung schreitet leider fort. Österreichs Felder haben lediglich eine Fläche von ca. 14.000 km2. Die Vergrößerung der heimischen Ackerflächen ist auf Grund topographischer Gegebenheiten kaum möglich.

 

Tabelle 1: Landnutzung in Österreich (1):

Gesamtfläche Österreichs ………………………………………..ca. 83.900 km2

-    43,2 % forstwirtschaftliche Fläche ………………………….…ca. 36.200 km2

-    19,5 % Ackerland und Gärten (einschl. Weingärten) ……….ca. 16.400 km2

-    24,4 % Wiesen und alpines Grünland ………………………..ca. 20.500 km2

-    12,9 % Ödland und verbaute Fläche …………………………ca. 10.800 km2

 

b) Weniger Fleischkonsum bedeutet, dass wesentlich weniger pflanzliche Biomasse verfüttert werden muss:

 

Die Österreicher essen im Durchschnitt 66 kg Fleisch pro Jahr. Das sind 1,3 kg pro Woche. Ernährungswissenschaftler empfehlen 0,3 bis 0,6 kg. Das ist nicht nur gesünder, sondern ermöglicht es auch, dass durch die Nicht-Verfütterung ein Vielfaches an Biomasse verfügbar wird (die Produktion von 1 kg Rindfleisch erfordert 10 kg Getreide als Futter). Ebenso können auf diese Weise die Methan-Emissionen aus der Tierhaltung (hauptsächlich von Rindern) reduziert werden. Methan ist ein wesentlich ärgerer Klimakiller als das CO2 (2).

 

Tabelle 2: Getreide als Futter für 1 kg tierische Nahrung (2)

1 kg Rindfleisch

1 kg Milch

1 kg Hühnerfleisch oder Eier

1 kg Schweinefleisch

ca.10 kg

ca. 5 kg

ca. 4 kg

ca. 3 kg

 

 

 

 

 

 

Die Agrartechnik habe bewirkt, dass pro Hektar Ackerfläche immer mehr geerntet werden könne. Der Bedarf an fleischlastiger Ernährung sei aber gleichzeitig gestiegen, sodass dieser Bedarf die Ertragssteigerung aufhebe. Das erklären Thomas Kastner, Experte für Soziale Ökologie in Wien, und seine holländischen Kollegen. Deren Forschungen ergaben, dass zwischen 1961 und 2007 die Verfügbarkeit von Nahrung von 2.250 Kilokalorien pro Tag und Person auf 2.750 Kilokalorien gestiegen sei. Weltweit werde für die Herstellung von Tiernahrung bereits die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen benötigt. (3) Laut Welternährungsorganisation FAO werden fast drei Viertel des Maises für Tierfutter verwendet. Bei Soja liegt dieser Wert bei über 80 %. (4)

 

c) Pflanzen wachsen langsam:

 

Pflanzen sind ein Wunderwerk. Sie sind sowohl Energiesammler als auch Energiespeicher. Aber sie wachsen langsam. Und die Fläche ist der limitierende Faktor. Unsere mit Tempo und Wachstum verwöhnte Gesellschaft tut sich deshalb schwer mit der Biomasse. Für die Steigerung des Wachstums bei den Pflanzen gibt es keine Zauberformel.

 

Die jährliche Sonneneinstrahlung liegt in Österreich bei durchschnittlich 1.000 kWh pro m2. Diese Energie nutzen die Pflanzen nur in geringem Ausmaß. Während der kalten Jahreshälfte herrscht in unseren Breiten überhaupt Vegetationsruhe. Höchstens 7 kWh Biomasse pro m2 Bodenflache schaffen die am schnellsten wachsenden Pflanzen im Jahr, wie z.B. der Mais (in herkömmlicher Intensivlandwirtschaft). Zum Vergleich: Mit Photovoltaik können ca. 100 kWh pro m2 und Jahr an Strom geerntet werden.

Tabelle 3: Durchschnittl. Jahres-Energieernte pro m2 Wald-, Acker- bzw. Wiesenfläche *)

 

 

 

Herkömmliche

Intensiv-

landwirtschaft

Bio-Landbau

 

 

Durchschn. Holzzuwachs in Österreichs Wäldern

 

ca. 1,7 kWh

Holzzuwachs in Kurzumtriebswäldern (5)

 

ca. 4 kWh

Miscanthus-Gras (Trockenmasse) (6)

 

ca. 6 kWh

Maispflanzen (Trockenmasse) (6)

ca. 7 kWh

ca. 5 kWh ***)

Weizen (Korn und Stroh erntetrocken) (7)

ca. 5 kWh

ca. 4 kWh ***)

Stroh (erntetrocken) (7) (8)

ca. 3,3 kWh

ca. 3 kWh ***)

Heu aus Wiesengras ****) (9)

ca. 3,2 kWh

ca. 2,7 kWh

Biogas aus Wiesengras ****) (10)

ca. 2,2 kWh

ca. 1,8 kWh

Biogas aus Mais-Silage (11)

     2,9 – 5,5 kWh

 

Bioethanol aus Getreide oder Mais (11) *****)

ca. 1,4 kWh

 

Bioethanol aus Zuckerrüben (11) *****)

ca. 3,7 kWh

 

Biodiesel aus Raps (11) *****)

     0,9 – 1,1 kWh

 

*) Treibstoffverbrauch der landwirtschaftlichen Maschinen nicht berücksichtigt

**) intensive Düngung mit synthetischen Düngemitteln, Einsatz synthetischer   Spritzmittel

***) Schätzungen des Verfassers

****) 3-mal mähen

*****) Energieverbrauch der Anlagen nicht berücksichtigt

 

Umrechnung: 1 kWh = 3.600 kJ (3,6 MJ)

1 TWh (1 Mrd. kWh) = 3,6 PJ

Genaueres im Anhang

d) Biosprit erfordert große Anbauflächen:

 

In Österreich werden schon seit einiger Zeit zu allen fossilen Treibstoffen im gesamtösterreichschen Schnitt ca. 5 % Biodiesel bzw. Bioethanol beigemischt.

 

Um Österreichs Energiebedarf im Verkehr mit Biotreibstoffen zu decken, wäre eine unvorstellbare Fläche notwendig. Die Beimischung von Biodiesel muss schon jetzt fast zur Gänze von Importen abgedeckt werden. Für die 10 %ige Bioethanol-Beimischung zu Superbenzin muss die Ethanolanlage in Pischelsdorf (NÖ) vergrößert werden. Bis 2020 wäre sogar eine 20 %ige Beimischung vorgesehen gewesen.

 

Im Jahr 2011 wurden in Österreich 7,23 Mrd. Liter Diesel (ca. 260 PJ) getankt. Um diesen fossilen Diesel durch Biodiesel zu ersetzen, bräuchte man 60.000 km2 konventionell-intensiv bewirtschaftete Rapsfelder, also fast drei Viertel der Gesamtfläche von Österreich. Das heißt, selbst bei Beimischung von nur 10 % wäre Österreich auf massive Importe von Biodiesel oder Biodieselrohstoff angewiesen.

 

Der Rohstoff für die Biodieselbeimischung wird weitgehend importiert.

 

Österreichs Jahresverbrauch an Benzin lag im Jahr 2011 bei 2,6 Mrd. Litern. Das sind ca. 73 PJ. Diesen Bedarf durch Bioethanol aus der österreichischen Landwirtschaft zu ersetzen ist unmöglich, denn dafür bräuchte man eine Ackerfläche von ca. 10.000 km2. Für die 10 %ige Beimischung ist allerdings inländische Aufbringung vorstellbar.

 

Mit dem Forcieren von Biotreibstoffen hat die Politik einen Weg eingeschlagen, der gar nicht zu Ende gegangen werden kann. Es wäre besser gewesen, gleich eine dauerhafte Lösung anzupeilen, deren erster Schritt die Reduktion des Energieverbrauches im Verkehr sein müsste.

 

e) Zweifelhafte Energiebilanz der Biosprit-Produktion:

 

Biosprit stammt fast ausschließlich aus der herkömmlichen Intensivlandwirtschaft, die an sich schon energieintensiv ist. Einerseits erfordert die Herstellung von synthetischen Düngemitteln und von Pestiziden hohen Energieeinsatz. Zusätzlich ist der Energieverbrauch der landwirtschaftlichen Maschinen beträchtlich. Die Umwandlung von Biomasse in Biotreibstoffe ist nur in aufwendigen Verfahren unter deutlichen Energieverlusten möglich.

 

Außerdem dient der Biosprit dem Prolongieren herkömmlicher energieverschwenderischer Techniken und Strukturen (z. B. Verbrennungsmotor) und herkömmlichen Verkehrsverhaltens. Er ist nicht eingebettet in ein langfristiges, ökologisch und sozial verträgliches, die Reduktion des Energieeinsatzes anstrebendes Gesamtkonzept.

 

f) Holz wird (neben Wasserkraft) im Erneuerbare-Energien-Szenario der wichtigste Energieträger in Österreich sein:

 

Auf den 36.200 km2 von Österreichs Waldfläche wachsen jährlich ca. 31 Mio. nutzbare Vorratsfestmeter Holz nach („Schaftholz“, d.h. Stämme ohne Äste). Energetischer Wert = 223 PJ. Tatsächlich genutzt werden nur 21 Mio. Vorratsfestmeter. Die Fichte dominiert.

 

Energetische Nutzung von Holz (12)

Für die energetische Nutzung von Holz gelten folgende Faustregeln:

1 kg Holz lufttrocken = ca. 4 kWh Energiegehalt

1 Festmeter = 1,5 Raummeter = 2,5 Schüttraummeter = 500 kg = 2.000 kWh (2 MWh oder 7,2 GJ)

 

Da die durchschnittliche Holzentnahme in den Wäldern nur 2/3 des Zuwachses beträgt, ist hier noch eine beträchtliche Steigerung möglich. Es darf natürlich nicht mehr entnommen werden als nachwächst. Ein zusätzlicher Gewinn ist in der effizienten Nutzung der Durchforstungsrückstände zu sehen.

 

Laut einer Holzbiomassepotenzial-Studie des Bundesforschungszentrums für Wald gibt es in Österreichs Wäldern um über 50 % mehr Biomasse als bisher angenommen. Das größte ungenutzte Potenzial liegt demnach im Klein- und Bauernwald. Genau dort fehlt allerdings oft die überbetriebliche Logistik für eine sinnvolle Biomassenutzung (13).

 

Österreichs Waldfläche nimmt zwar zu, aber die zunehmenden Wetterextreme werden den Wäldern immer mehr zu schaffen machen und den Holzzuwachs vermindern.

 

Bis zu einem bestimmten Grad ist auch die Nutzung von Ackerflächen für „Kurzumtriebswälder“ verantwortbar (Siehe Tabelle 3).

 

 

4.2 Schlechte Ökobilanz der weltweiten Biosprit-Erzeugung:

 

Die Ökobilanz und die CO2-Bilanz sind bei der Biospriterzeugung vernichtend. Riesige Urwaldgebiete fallen der Umwandlung in Ölpalmen-Plantagen und Soja- und Zuckerrohr-Monokulturen zum Opfer. Dabei werden nicht nur ungeahnte ökologische Güter vernichtet, sondern durch Brandrodung und Humusabbau auch beachtliche CO2-Mengen frei gesetzt.

 

Die herkömmliche Intensivlandwirtschaft mit all ihren Problemen breitet sich in Windeseile weltweit aus. Die Kennzeichen der herkömmlichen Intensivlandwirtschaft sind:

  • Synthetische Dünger und Pestizide mit hohem Energieverbrauch bei deren Herstellung und mit Grundwasservergiftung als Folge
  • Das Treibhausgas N2O (Lachgas) wird bei der Stickstoffdüngung emittiert
  • Konzentrierte Gülleausbringung (Überdüngung, Schädigung des Grundwassers, Schädigung angrenzender Wälder durch Ammoniak-Emissionen)
  • Großflächige Monokulturen
  • Gensoja in vielen Ländern
  • Einsatz schwerer Maschinen mit Bodenverdichtung und hohem Energieverbrauch
  • Humusabbau
  • Mit dem Humusabbau verbundene CO2-Freisetzung und Verminderung der Wasserrückhaltequalität
  • Bodenerosion
  • Negative Auswirkungen auf die Biodiversität
  • Hormone und Antibiotika als Masthilfsmittel
  • Stress und Krankheitsanfälligkeit bei den Tieren

 

Da der Verkehr in Österreich bzw. in der EU diesellastig ist – abweichend vom Treibstoff-Mix, der der Produktion der Raffinerien entsprechen würde – , muss Diesel importiert und Benzin exportiert werden. Dem Import-Biodiesel fielen große Waldflächen zum Opfer, wobei durch die Rodung von Urwäldern enorme Mengen CO2 freigesetzt wurden.

 

 

4.3 Unsere Bauern:

 

„Steigert die Produktion und kümmert euch nicht um die Vermarktung!“, hieß es in den Landwirtschaftsschulen. Unsere Bauern wurden durch Ausbildung, Beratung und ökonomische Zwänge in eine Art Landwirtschaft hineingetrieben, die insgesamt einer Totalreform bedarf.

„Die gegenwärtige Landwirtschaft ist ein Leitbild der Ökonomen anstatt das Ergebnis einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung, die den Vorstellungen von Ökologie, bäuerlichen Lebensentwürfen und den Erwartungen der Konsumenten gerecht wird. Für kurze Zeit schien das Modell von Wachstum, Spezialisierung, Mechanisierung und ständiger Steigerung der Produktivität einer westlichen Nachkriegsgesellschaft gerecht zu werden.“ (2)

 

„Heute entspricht das agrarpolitische Leitbild der 60er Jahre mit der ausschließlichen Aufgabe, so viele Nahrungsmittel wie möglich zu produzieren, nicht mehr den Bedürfnissen der Gesellschaft. Klimaerwärmung und ein steigendes Bewusstsein für Schadstoffe in Lebensmitteln und für den Wert unserer Lebensgrundlagen erfordern Produktionsmethoden mit Verantwortung. Die multifunktionale Bio-Landwirtschaft konnte beweisen, dass es machbar ist, neben hochwertigen Lebensmitteln auch lebenswerte Lebensräume zu produzieren. Die Bio-Bauern sorgen durch den Schutz von Wasser, Klima, Boden, Tieren und Biodiversität für eine nachhaltige Gestaltung des ländlichen Raumes.“ (2)

 

Es ist daher wichtig, dass sich immer mehr Bäuerinnen und Bauern „nicht mehr für ein Lagerdenken ,bio gegen konventionell’ instrumentalisieren“ lassen, sondern sich im Sinne der Nachhaltigkeit weiterentwickeln. „Rund 15 % der landwirtschaftlichen Fläche werden in Österreich bereits biologisch bewirtschaftet (EU ca. 4 %).“ (2)

 

Es gibt demnach viele mutige Bauern in Österreich.

 

Dennoch ist es verständlich, dass nicht alle Bauern plötzlich auf „bio“ umstellen können bzw. wollen. Und es ist auch verständlich, dass viele Bauern mit Energie-Biomasse ihr Einkommen aufbessern bzw. sichern wollen. Denn die Bereitschaft der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, den Bauern ihre Leistungen für Ernährung und Umwelt zu honorieren, hält sich in Grenzen.

 

Natürlich muss die Landwirtschaft daran interessiert sein, „Privilegien bei Einheitswerten und Einkommenssteuer zu beseitigen, damit sie glaubwürdig für die wichtigen Anliegen eintreten kann: Agrarförderungen –

-          die das Auszehren des ländlichen Raumes bremsen und das Gegenmodell zu Zentralisierung und Verstädterung am Leben erhalten.

-          die es ermöglichen, konkurrenzfähig gesunde Lebensmittel zu erzeugen, ohne großindustriellen Anbau, unter Rücksichtnahme auf Landschafts- und Tierschutz.

Dafür braucht die Gesellschaft den Bauernstand. Würde er weiter dezimiert, hätte das für das Gemeinwesen dramatische Folgekosten.“ (14)

 

Der verallgemeinernde Vorwurf, die Bauern erhielten so große Förderungen, ist besonders für die Kleinbauern und noch viel mehr für die Bergbauern schmerzhaft.

 

95.000 Bauern müssen einem Nebenerwerb nachgehen, was speziell für die Bäuerinnen eine zusätzliche Belastung darstellt. In den vergangenen 20 Jahren schrumpfte in Österreich die Zahl der Bauern von 270.000 auf 135.000.

 

Dabei gibt laut Statistik ein österreichischer Privathaushalt im Schnitt nur 12 % seines Einkommens für das Wichtigste, nämlich für die Ernährung aus. Wie wenig uns die Land- und Forstwirtschaft wert ist, kommt im Bruttoinlandprodukt BIP, in der in Geldwert dargestellten Leistung unserer Volkswirtschaft, deutlich zum Ausdruck. Da heißt es, Österreichs Land- und Forstwirtschaft trage mit ca. 1,5 % an der gesamten Volkswirtschaft bei.

 

Entsprechend empört melden sich Bauernvertreter zu Wort: „Getreide hat bei einer Semmel einen Kostenanteil von einem Cent.“ Die Preise für Schlachtschweine und Rinder seien vor 20 Jahren höher gewesen als heute. (15)

Österreichs Ernte an Brotgetreide habe einen Wert von 250 Millionen Euro. Die Kleintierhalter hätten im Vorjahr 416 Millionen Euro für ihre Hunde, Katzen, Vögel etc. ausgegeben. (16)

 

Es ist höchste Zeit, dass sich Politik und Gesellschaft weiterentwickeln, um zu erkennen, dass Landwirte das Wichtigste produzieren, nämlich unsere Lebensmittel, und zusätzliche Leistungen für gegenwärtige und zukünftige Generationen erbringen (Schutz der Umwelt, unserer Böden, vieler Arten, des Wassers und des Klimas, Gestaltung der Landschaft) – und diese Leistungen mit fairen finanziellen Abgeltungen honorieren.

 

Tabelle 4: Landwirtschaftliche Produktion in Österreich pro Jahr: (1) (17)

ca. 2 Millionen Rinder (davon ca. ein Viertel Milchkühe)

ca. 3 Millionen Schweine

ca. 5 Millionen Tonnen Getreide und Mais

ca. 3 Millionen Tonnen Zuckerrüben

ca. 3 Millionen Tonnen Milch

 

 

 

 

 

 

 

4.4 Welternährung und Bauern in Entwicklungsländern:

 

„Welternährung ist in erster Linie eine Frage der gerechten Verteilung und nicht einer noch höheren Produktion. Die gerechte Verteilung umfasst nicht nur Lebensmittel, sondern auch die landwirtschaftlichen Böden. Wenn in Afrika auf großen Flächen Kaffee für unseren Genuss, in Südamerika Soja für unsere Rinder oder in Asien Ölpalmen für unsere Tanks angebaut werden, dann fehlt den dort lebenden Menschen die Basis für die Produktion ihrer eigenen Lebensmittel.“ (2)

 

Der Rohstoff für Biodiesel wird in Österreich weitgehend importiert, auch aus Asien.

 

Die Menschen in den armen Ländern des Südens könnten sich auf der Grundlage des Bio-Landbaus ernähren, wenn sie ihre landwirtschaftlichen Flächen für die Eigenversorgung nutzen könnten und nicht von Agrarkonzernen abhängig gemacht und in kolonialistischer Tradition für unsere Bedürfnisse ausgebeutet würden.

 

Vom Vorhaben der Industrieländer, dem Benzin und Diesel Biosprit beizumischen, erging an die Entwicklungs- und Schwellenländer ein fatales Signal.

 

Der übertriebene Treibstoffhunger der Industriestaaten verursacht in den Entwicklungs- und Schwellenländern unsoziale Entwicklungen und Hunger. Import von Biosprit oder von Biomasse für die Biospriterzeugung bedeutet daher Ausbeutung neuen Stils.

 

a) Für das enorme Wachstum bei der Erzeugung landwirtschaftlicher Energie-Biomasse werden Bauern vertrieben und Billigst-Arbeitskräfte ohne jeglichen sozialen und gesundheitlichen Schutz von Großgrundbesitzern bzw. Großkonzernen eingesetzt. Machthaber in diesen Ländern und internationale Konzerne sehen die Chance, den Sprithunger der Industriestaaten ohne soziale Rücksichten für sich zu nutzen.

 

b) In Entwicklungs- und Schwellenländern kommt es zu Verknappungen bei Nahrungsmitteln, deren Folgen die ärmeren Bevölkerungsschichten zu tragen haben.

 

-          Immer mehr landwirtschaftliche Flächen dienen unserem Wohlstand, unserer Unersättlichkeit und unserem Vergnügen. Internationale Konzerne und aufstrebende Schwellenländer (z. B. China) sind intensiv bemüht, in armen Ländern weite Gebiete für ihre Zwecke aufzukaufen und den dort lebenden Bauern die Lebensgrundlage zu entziehen.

 

-          Eine andere Ursache ist in der Abhängigkeit armer Länder zu sehen. Billige Nahrungsmittelexporte aus Industrieländern haben in vielen ärmeren Ländern die Entwicklung einer leistungsfähigen Landwirtschaft behindert und diese Länder von Nahrungsmittelimporten abhängig gemacht.

 

-          Die Getreideknappheit auf dem Weltmarkt hat ihre Ursache auch darin, dass das einstige Getreide-Exportland USA ca. 40 % der Maisernte für die Bioethanol-Erzeugung verwendet.

 

Die durch den Klimawandel verursachten Missernten werden die Verknappungsprobleme bei Nahrungsmitteln noch verschärfen. Die Trockenheit in weiten Gebieten der USA, Osteuropas, Russlands und Indiens lässt uns bereits erahnen, mit welchen Krisen wir in Zukunft zu rechnen haben werden.

 

 

 

5) E10 (und Biotreibstoffe generell) ist nur als Teil eines ganzheitlichen ökologisch-sozialen Energie- und Verkehrskonzeptes verantwortbar:

 

 

a) Die Energie- und Verkehrswende ist nur bei deutlicher Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs möglich:

 

Die Erzeugung von Biosprit muss als eine von vielen Maßnahmen verstanden werden, die alle zusammen das Ziel verfolgen müssen, den Weltenergiebedarf alleine mit erneuerbaren Energien – ökologisch und sozial verträglich – zu decken. Dies bedeutet für die Industrieländer – also auch für Österreich –, sowohl massiv in die Gewinnung und Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu investieren als auch den Energiebedarf in Richtung Halbierung zu reduzieren.

 

Dieser höchst notwendigen massiven Reduktion des Energieeinsatzes wird zu wenig Augenmerk geschenkt.

 

Studien bestätigen, dass es Österreich bis 2050 bei großem Engagement gelingen kann, die Hälfte des heutigen Jahres-Gesamtenergiebedarfs (2009: 1366 PJ) im Inland aus erneuerbaren Energiequellen aufzubringen. Das „Problem der anderen Hälfte“ muss Österreich durch Reduktion der Energieverwendung lösen.

 

In Zahlen ausgedrückt: Bei den erneuerbaren Energien müssen wir also von 368 PJ (2009) auf ca. 650 PJ hinauf, beim Energieverbrauch aber von 1366 PJ auf ca. 650 PJ herunter. Das heißt, wir müssen doppelt so weit herunter als hinauf. Das heißt weiters, der Reduktion des Energieeinsatzes muss zweimal so viel Augenmerk geschenkt werden wie dem Errichten von Anlagen bzw. der Verwendung von Ackerland zur Gewinnung erneuerbarer Energien.

 

Dies bedeutet für den Verkehrssektor:

 

  • Verhaltensänderungen:

-          Besseres Managen des Mobilitätsbedürfnisses.

-          Motorisierten Verkehr vermeiden, also mehr gehen und Rad fahren.

-          Statt den Privat-PKW die Öffentlichen Verkehrsmittel benützen.

-          Bewussteres Planen von Reisen unter Einbeziehung des Prinzips „Verzicht“ (z. B. Verzicht auf so manche Flugreise).

 

-          Auf Autos mit geringem Verbrauch umsteigen („Drei-Liter-Auto“, E-Mobil).

 

Derzeit geht der Trend trotz hoher Spritpreise in die andere Richtung. Eine aktuelle deutsche Verkaufstatistik belegt, das die durchschnittliche PS-Leistung der in Deutschland verkauften Autos von 118 PS im Jahr 2009 auf 130 PS 2010 und 135 PS im vergangenen Jahr gestiegen ist (18).

 

Ähnlich lautende Meldungen kommen auch aus Österreich.

 

Österreichs Treibstoffverbrauch lag 1985 bei 4,8 Mrd. Litern. 2011 hingegen verbrauchte Österreich das Doppelte, nämlich 9,6 Mrd. Liter.

 

Beim Wort Energieeffizienz muss man bedenken, dass damit auch gemeint sein kann, bei gleich hohem Spritverbrauch mehr Motorleistung erzielen zu können. Bisher wurde ja die in den letzten Jahrzehnten enorm gesteigerte Energieeffizienz der Autos stets durch stärkere Motorisierung „aufgefressen“, was so viel heißt, wie dass keine Reduktion des österreichischen Spritverbrauchs erzielt werden konnte. Umso wichtiger ist es, dass ab nun Energieeffizienz gepaart sein muss mit Energiesuffizienz. Das heißt, Energieeffizienz muss bei gleicher Leistung zu geringerem Spritverbrauch führen.

 

  • Technische, strukturelle und legistische Maßnahmen:

-          Energieverbrauch reduzieren durch weniger „Zwangsmobilität“ (Stärkung des ländlichen Raumes, Verkehr sparende Raumplanung und Raumordnung).

-          Energieverbrauch reduzieren durch strengere Klimaschutz-Richtlinien in Bezug auf die durchschnittliche Größe und Leistungsfähigkeit der Autoflotte (sparsame Kraftfahrzeuge).

-          Alternativen zum motorisierten Individualverkehr ausbauen/attraktivieren/bewerben (Gehen, Radfahren, ÖV, Bahn).

-          Die Rahmenbedingungen so ändern, dass ein reges Interesse am Umstieg von der Straße auf die Schiene bzw. zum ÖV entsteht:

-          Angleichung der Spritpreise an die Nachbarländer, um den Tanktourismus   einzudämmen, der immerhin für 30 % der 22,5 Millionen Tonnen Verkehrsemissionen verantwortlich ist. (19)

-          Ökologisierung des Abgabensystems (z. B. Einführung einer CO2-Abgabe)

-          Usw.

Berechnungen und Schätzungen für 2050: Verein Klimaschutz-Initiative www.ks-i.org

Graphik: www.ks-i.org

 

 

 

 

 

b) Die Bedeutung des Stroms wird steigen, auch im Verkehr:

 

Derzeit beherrschen die brennbaren Primärenergieträger mit 1199 PJ die Szene (965 PJ sind die Basis für die fossilen Brenn- und Treibstoffe, 203 PJ ist der Anteil bei den erneuerbaren Brennstoffen und 31 PJ bei den brennbaren Abfällen). Will man mit erneuerbaren Primärbrennstoffen auskommen, steht nur die forst- und landwirtschaftliche Biomasse zur Verfügung – mit einem inländischen Potenzial, das zwischen 275 und 300 PJ liegen dürfte. Davon kann klarerweise nur ein kleiner Teil für den Verkehr zur Verfügung stehen.

 

Beim (Solar-)Strom wird es hingegen Wachstum geben, sowohl durch ein Mehr bei Strom aus Wasserkraft als auch durch eine Offensive bei Photovoltaik (Solarzellen) und Windenergie – im Zusammenspiel mit ausreichend großen Speicherkapazitäten. Vor allem bei der Photovoltaik liegt ein relativ großes Potenzial brach (Haus- und Hallendächer, Fassaden…), für dessen Nutzung allerdings ein großzügiges Ökostromgesetz Voraussetzung wäre.

 

Mit Strom lassen sich einerseits Batterien aufladen, andererseits kann mit Primärstrom aus Wasser, Wind und Sonne Wasserstoff erzeugt werden (Elektrolyse von Wasser). Dieser Wasserstoff kann entweder in Brennstoffzellen verstromt werden oder zur Gewinnung von SolarFuels eingesetzt werden. (20)

 

Daraus lässt sich ableiten, dass der Strom die energetische Hauptsäule des Verkehrs werden wird. Das Auto der Zukunft wird höchstens ein „3-Liter-Mittelklasse-Auto“ sein können, ein Auto mit einem Verbrauch von 3 Liter SolarFuel (Solartreibstoff) oder höchstens 10 kWh Strom auf 100 Kilometer (1 Liter Diesel = ca. 10 kWh).

 

Reinhold Priewasser, „SolarFuels“, in: Tagungsband Oberösterreichischer Umweltkongress 2010, „Klimawende Jetzt! Schluss mit der Leugnung des Klimawandels!“

 

 

 

Bei der elektrisch betriebenen Bahn ist die E-Mobilität bereits umgesetzt, was allgemein zu wenig beachtet und geschätzt wird. Die Elektrifizierung der Diesel-Bahnstrecken ist viel rascher möglich als die Umstellung des Straßenverkehrs auf E-Mobilität.

 

Als Ziel muss gelten, dass der Sommer der Sonne gehört. In der sonnenreichen Jahreshälfte ist es daher Verschwendung, Biomasse/Biogas energetisch zu nutzen. In der kalten Jahreshälfte ist es wesentlich effektiver, Biomasse/Biogas in Heizkraftwerken in Wärme und Strom umzuwandeln (Kraft-Wärme-Kopplung) und den Verkehr mit Strom zu betreiben. Auch die Schadstoffemissionen sind so leichter in den Griff zu bekommen. Der Verbrennungsmotor wird wegen seines schlechten Wirkungsgrades und wegen der Emissionsprobleme in zunehmendem Maße dem Elektromotor Platz machen müssen. 

 

 

c) Die Biosprit-Erzeugung stößt in Österreich bald an die Grenzen, wenn ...

 

-          wenn die Futtermittel zur Gänze in Österreich produziert werden (derzeit importiert Österreich 400.000 Tonnen Eiweißfuttermittel aus Amerika. (21) )

-          wenn Biotreibstoffe auf alleiniger Basis inländischer Rohstoffe erzeugt werden (keine Importe)

-          wenn die gesamte Landwirtschaft auf Bio-Landbau umgestellt wird (geringere Erträge);

-          wenn berücksichtigt wird, dass sich wegen der Klimaerwärmung die Ernteausfälle häufen werden (und sowohl national als auch EU-weit große Reserven angelegt werden müssen);

-          wenn biogene Rohstoffe vermehrt für die nichtenergetische Produktion eingesetzt werden (vor allem als Ersatz für fossile Kunststoffe);

-          wenn ein (kleiner) Teil der Felder in Kurzumtriebswälder verwandelt wird.

 

d) Reform unserer Landwirtschaft notwendig:

 

      -          Rückgang der Futtermittelimporte in Richtung Null.

-          Ökologisierung der Landwirtschaft (Bio-Landbau).

Die Ökologisierung der Landwirtschaft würde dem Klimaschutz weit mehr dienen als die Biosprit-Erzeugung. Mit der Umstellung auf Biolandbau würde außerdem der Humusgehalt der Böden aufgebaut werden und somit der Luft CO2 entzogen und Kohlenstoff im Boden gespeichert. So wäre dem Klimaschutz mehr gedient.

-          Wichtige Stichwörter:

-          regional (Lebensmittel vor allem aus der Region, in der man lebt …)

-          dezentral (Vermeidung industrieller Landwirtschaft …)

-          Gerechte Einkommen der Bauern für die Nahrungsmittelproduktion und für ihre übrigen Leistungen.

 

e) Die Bauern werden wichtige Energielieferanten werden, aber das Schwergewicht wird nicht bei Rohstoffen für Biosprit liegen!  

 

Wenn Bauern ihre Landmaschinen mit Biotreibstoff betreiben, so machen sie nichts anderes als ihre Vorfahren, die ein drittel der Felder für die Fütterung der Zugtiere brauchten.

 

Aber ansonsten müssen die Bauern darauf achten, soweit es möglich ist – und in zunehmendem Maße auf der Basis des Bio-Landbaues –, als Einzelne oder in Genossenschaften selber Energie aus erneuerbaren Quellen bereitzustellen und nicht bloß Energie-Rohstoffe zu liefern.

 

Stallmist, Gülle, menschliche Ausscheidungen, Küchen- und Gartenabfälle usw. in Biogasanlagen zu Biogas und wertvollen Dünger zu verarbeiten muss Selbstverständlichkeit werden. Da bei Frischmilch Produktionsüberschuss herrscht, ist es auch verantwortbar, im Rahmen der Bio-Landwirtschaft einen Teil des Wiesengrases zur Biogaserzeugung zu verwenden. Den Bauern stehen auch große Dachflächen zur Verfügung, die sie für die solare Stromgewinnung nutzen können. Die Bedeutung des Holzes wird steigen, was für die bäuerlichen Waldbesitzer von Vorteil sein wird.

 

 

f) Auf das „Bioethanol der zweiten Generation“ darf man auch keine zu großen Hoffnungen setzen:

 

Heute wird intensiv daran geforscht, mit einem neuen Verfahren Ethanol aus ganzen Pflanzen bzw. beliebigen Biomasse-Abfällen zu erzeugen (Holz, Holzabfälle, Stroh, Energiewälder, Energiegräser, Grünschnitt …). Die Energieausbeute wäre hier größer als bei der Erzeugung von Biodiesel oder von herkömmlichem Bioethanol.

 

Aber Biomasse-Abfälle sind eine begrenzte Ressource, deren Basis Pflanzenwachstum ist. Und bei Holz nur an Biotreibstoffe zu denken ist recht eindimensional, denn Holz wird im Reigen der erneuerbaren Energien für den Betrieb von Heizkraftwerken und für Prozesswärme eine wichtige Rolle zu spielen haben und ist außerdem im nichtenergetischen Bereich als Roh-, Bau- und Werkstoff unentbehrlich.

 

 

 

6) Zum Schluss zusammenfassend einige Grundsätze:

 

  • Der Verkehr muss im Gesamtenergie-Kontext gesehen werden. Alle Energieverbrauchsbereiche müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden, nicht nur der Verkehr!

 

  • Mit erneuerbaren Energien kann aus heutiger Sicht nur etwa die Hälfte unseres derzeitigen Jahres- Gesamtenergieeinsatzes aufgebracht werden. Daher muss der Energieverbrauch durch wesentlich mehr Energieeffizienz und Energiesparen halbiert werden. Strom wird dabei an Bedeutung gewinnen.

 

  • Die Biosprit-Herstellung aus der herkömmlichen Landwirtschaft ist mit großen Energieverlusten und – vor allem aus globaler Sicht – mit einer inakzeptablen Sozial- und Ökobilanz verbunden.

 

  • Die forstliche Biomasse Holz ist für einige Bereiche unentbehrlich und kann nicht in großem Stil für Projekte bei „Bioethanol der zweiten Generation“ zur Verfügung stehen.

 

  • Für die nicht-forstlichen biogenen Abfälle ist es wichtig, sie nach Möglichkeit nicht zu kompostieren (und die Verwesungswärme entweichen zu lassen), sondern sie für die möglichst effiziente energetische Verwendung aufzubereiten, also sie zu Biogas zu verarbeiten. Aus Altspeiseöl lässt sich Biodiesel herstellen. Für Speiseabfälle soll der Grundsatz gelten, sie weitgehend zu vermeiden.

 

  • Die effizienteste Form, Holz und Biogas energetisch zu nutzen, ist die Kraft-Wärme-Kopplung, und zwar dann, wenn die Wärme gebraucht wird, nämlich in der kalten Jahreshälfte. In der warmen Jahreshälfte muss die Nutzung der Sonnenstrahlung im Mittelpunkt stehen.

 

  • In Entwicklungsländern leidet die arme Bevölkerung unter der ungerechten Landverteilung. Weltweite Verknappungen bei Nahrungsmitteln haben einerseits mit der Tatsache zu tun, dass die USA 40 % der Maisernte für die Biospriterzeugung verwenden, andererseits mit weltweiten Missernten. Die durch den Klimawandel verursachten Missernten werden die Verknappungsprobleme bei Nahrungsmitteln noch verschärfen. Die herkömmliche Landwirtschaft wird von dieser Tatsache ärger betroffen sein als der Bio-Landbau.

 

  • Biotreibstoffe (also auch E10) sind nur als Teil eines ganzheitlichen ökologisch-sozialen Energie- und Verkehrskonzeptes verantwortbar.

 

Konsequenzen für Österreichs Landwirtschaft:

-          Ökologisch: Schrittweiser Umstieg der gesamten Landwirtschaft auf Bio-Landbau.

-          Sozial:

-          Vorrang der Ernährung

-          Biotreibstoffe und Tierfütterung allein auf der Basis inländischer Aufbringung der dafür nötigen Biomasse-Rohstoffe

-          Leistungen der Bauern mit fairen finanziellen Abgeltungen honorieren

 

Persönliche Konsequenzen jeder Österreicherin und jedes Österreichers:

-          Weniger Autofahren

-          Für den nächsten Autokauf: Auto mit geringerem Energieverbrauch

-          Weniger Fleischkonsum

 

Konsequenzen für die Politiker:

-          Das Notwendige endlich thematisieren (Appelle, den Energieverbrauch im Verkehr zu senken)

-          Ökologisierung des Abgabensystems (steigende LKW-Maut und Bemautung aller Straßen, Einführung einer über einen langen Zeitraum in kleinen Schritten steigenden CO2-Abgabe auf fossile Brenn- und Treibstoffe)

 

  • Biotreibstoffe werden in Nischen von Bedeutung sein, z.B. bei der Selbstversorgung der Bauern mit Treibstoff.

 

 

Immer mehr Experten raten zu einem Moratorium bei E10. Stefan Schleicher von der Universität Graz meint dazu, dass „wir uns etwas mehr Zeit nehmen“ sollten und verweist auf die Tatsache, dass der Verbrennungsmotor wegen seines schlechten Wirkungsgrades kein Zukunftstechnik sei. (22)

 

 

Es wäre zu einfach: Wir stellen den Autoverkehr einfach auf Biotreibstoffe und/oder Strom um und können ansonsten so weiterzumachen wie bisher!

 

Aber das geht leider nicht!

 

Wir müssen deutlich bescheidener werden!

 

Deshalb wäre es die Pflicht der Bundes- und Landespolitiker (nicht nur von Minister Berlakovich), der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken und den Mut zur unpopulären Botschaft aufbringen:

 

Der Treibstoffverbrauch muss sinken.

 

„Weniger Spritverbrauch statt E10 !“

 

 

 

 

 

Quellen und Anmerkungen:

 

(1) Quelle für die Prozentangaben: Österreichs Wirtschaft im Überblick 2005/2006, hgg. vom Wirtschaftsstudio des Österreichischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums, Wien

 

(2) Viktoria Scherrer, „Die Landwirtschaft der Zukunft“. In: LebensART, Magazin für eine nachhaltige Lebenskultur, September/Oktober 2008

 

(3) „Salzburger Nachrichten“ vom 17. 4. 2012

 

(4) „Der Standard“ vom 17. 8. 2012

 

(5) Thomas Levis, „Bewirtschaftung von Kurzumtriebsflächen“, hgg. von FHP Kooperationsplattform Forst Holz Papier, Wien 2007 

Bei Kurzumtriebswäldern handelt es sich um Felder mitschnell wachsenden Laubbaumarten (z.B. Pappeln), die sich – ohne Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngemitteln und selbstverständlich ohne Gentechnik – durch überdurchschnittliches Jugendwachstum auszeichnen. Die Triebe werden nach ein paar Jahren geerntet. Die Stöcke treiben erneut in mehreren Trieben aus und bilden so wieder rasch Masse, die nach ein paar Jahren, der „Umtriebszeit“, erneut geerntet wird. Nach 25 bis 30 Jahren sinkt die Ertragsleistung. Deshalb werden nach der letzen Ernte die Stöcke maschinell entfernt und neue Stecklinge gesetzt oder es wird auf Getreideanbau übergegangen.

 

(6) Hans Kronberger, Hans Nagler, „Der Sanfte Weg. Österreichs Aufbruch ins Solarzeitalter“, Wien 1997: Bei pflanzlicher Biomasse liegt der Energiegehalt von 1 kg Trockensubstanz generell bei ca. 4 kWh.

Durchschnittliche Ernte bei Miscanthus-Gras in Österreich: 15 Tonnen Trockensubstanz pro Hektar und Jahr (www.miscanthus-giganteus.at)

Laut telefonischer Auskunft von DI Josef Rathbauer, Wieselburg (2007): Durchschnittliche Maisernte in Österreichisch: 17 bis 18 Tonnen Trockensubstanz pro Hektar und Jahr.

 

(7) Horst Jauschnegg, „Wärme aus Energiegetreide“. In: Wärme aus Energiegetreide Nr. 5/2002, hgg. von Club Niederösterreich

 

(8) Heinrich G. Kopetz, „Das Jahrhundertprojekt – Solare Energiewirtschaft statt Naturkatastrophen“, hgg. von Ökosoziales Forum Österreich, 2002 Wien

 

(9) Laut telefonischer Auskunft von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich: Mögliche durchschnittliche Wiesengras-Ernte pro Jahr (3-mal mähen):

- mit Düngung 8 Tonnen Trockensubstanz pro Hektar

- ohne Düngung 6,5 bis 7 Tonnen Trockensubstanz pro Hektar

Annahme des Verfassers: Energiegehalt der Gras-Trockenmasse ist dem Energiegehalt von Holz ähnlich (im Schnitt 4 kWh pro Kilogramm lufttrocken).  

 

(10) Walter Graf, „Kraftwerk Wiese – Strom und Wärme aus Gras“, 1999

Abzuziehen ist der Energieverbrauch der Biogasanlage, der im Schnitt bei 15 % liegt.

 

(11) „Biokraftstoffe – vom Acker in den Tank“, Falter hgg. von Österreichischer Biomasse-Verband, Wien 2007

Abzuziehen ist der Energieverbrauch der Biogasanlage, der im Schnitt bei 15 % liegt.

 

(12) Wilhelm Schmidt, „Energie aus Holz“ . In: „SOL – Zeitschrift für Solidarität, Ökologie und Lebensstil“, Nr. 121/Herbst 2005, hgg. von SOL, 1130 Wien, Auhofstraße 146/2)

 

(13) Franz Mayr, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes, in „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 23. 1. 2008

 

(14) „Privilegien weg – Bauernsterben hat dramatische Folgekosten“, Kommentar von Josef Lehner in: „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 24. 8. 2012

 

(15) Jakob Auer (Präsident des Österreichischen Bauernbundes) in: „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 24. 8. 2012

 

(16) Franz Reisecker (Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich) in: „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 1. 8. 2012

 

(17) „Salzburger Nachrichten“ vom 13. 4. 2012

 

(18) Ferdinand Dudenhöffer in „Ölpreis: Jeder Tag bringt den Multis eine Milliarde Dollar mehr Gewinn“. In: „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 22. 8. 2012

 

(19) „Salzburger Nachrichten“ vom 20. 8. 2012

 

(20) Reinhold Priewasser, „SolarFuels“. Im Tagungsband zu „Oberösterreichischer Umweltkongress 2010. Klimawende jetzt! Schluss mit der Leugnung des Klimawandels!“, hgg. vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung

 

(21) „Oberösterreichische Nachrichten“ vom 20. 8. 2012 (in der Stellungnahme von Redakteur Josef Lehner zur Frage des Tages „Ist Agrarsprit zu verantworten?“)

 

(22) Friedrich Schleicher in: „Der Standard“ vom 18./19. 8. 2012

 

 

Anhang:

 

Energie-Umwandlungskette:

Primärenergie = Energieträger, wie er uns in der Natur zur Verfügung steht (Erdöl, Kohle, Erdgas, Holzstämme und -äste, Wasserkraft, Windkraft, Energie von Solaranlagen…

Endenergie = Energie, wie sie dem Konsumenten zur Verfügung steht (Heizöl, Treibstoff, Holzpellets, Strom von der Steckdose …

Nutzenergie = Energie, die vom Heizkörper abgegeben wird, von den Antriebsrädern eines Kfz´s auf die Straße übertragen wird …

Energiedienstleistung (Beispiele) =

= behagliche, helle Räume

= Fahrten von A nach B mit bestimmtem Komfort und in bestimmter Zeit

= Bearbeitung von Materialien/Gegenständen

= Bereitung/Aufbewahrung von Lebensmitteln

= Sauberkeit von Wäsche, Geschirr und Wohnung …

Wir brauchen eigentlich nicht Energie, sondern Energiedienstleistungen.

Ziel der Energie- und Verkehrswende: Dieselbe Energiedienstleistung mit halbem Energieaufwand.

 

 

Energiemaße:

1 Ws (Wattsekunde) = 1 J (Joule)   = 1 Nm (Newtonmeter)           1 cal (Kalorie) = 4,19 J

1 kWh (Kilowattstunde) = 3 600 kJ (Kilojoule) = 3,6 MJ (Megajoule)                

1 Mrd. kWh = 1 TWh (Terawattstunde) = 3 600 TJ (Terajoule) = 3,6 PJ (Petajoule)

 

 

Vorsatzzeichen bei der Bildung von Vielfachen von Einheiten:

Kilo   (k) =                                       1 000

Mega (M) =                                1 000 000

Giga   (G) =                         1 000 000 000

Tera   (T) =                    1 000 000 000 000

Peta   (P) =             1 000 000 000 000 000

Exa   (E) =        1 000 000 000 000 000 000

 

 

Energiegehalt („Heizwert“) von Brenn- und Treibstoffen:

Quelle: (8), ausgenommen die Angaben über Erdgas und Flüssiggas

1 kg Stroh

ca. 3,3   kWh

   ca. 12   MJ

1 kg Braunkohle, Holz (lufttrocken)

ca. 4     kWh

ca. 14   MJ

1 kg Steinkohle, Koks

   7,75   kWh

     27,9 MJ

1 kg Erdöl

11,7   kWh

42,2 MJ

1 kg Benzin

11,56 kWh

41,6 MJ

       1 l Benzin (0,75 kg)                                   8,67 kWh

 

 

1 kg Diesel

11,84 kWh

42,6 MJ

       1 l Diesel, Heizöl el. (0,84 kg)                   9,95 kWh

 

 

1 kg Rapsöl

ca. 10   kWh

ca. 36   MJ

1 kg Biodiesel vom Raps (Rapsmethylester RME)

10,39kWh                  

37,4 MJ

       1 l RME                   (0,89 kg)                   9,25 kWh

 

 

1 kg Erdgas

ca. 13   kWh

ca. 47   MJ

       1 Norm m³ Erdgas   (0,78 kg)                ca.10 kWh

 

 

       1 Norm m³ Biogas                                   ca. 6 kWh

 

 

1 kg Flüssiggas (Propan, Butan)

12,8 kWh

     46   MJ

1 kg Ethanol

7,5 kWh

     27   MJ

       1 l Ethanol                 (0,79 kg)                 ca. 6 kWh

 

 

1 kg Wasserstoff1)       (enormes Volumen!)

33,5 kWh

   121   MJ

       1 Norm m3 Wasserstoff                               3,5 kWh

 

 

       1 m3 Wasserstoff komprimiert (100 bar)   300 kWh

 

 

       1 m3 Flüssigwasserstoff                           2.380 kWh

 

 

 

1) Schmelzpunkt von Wasserstoff: – 259o C

Siedepunkt von Wasserstoff: – 252o C

Wirkungsgrad der Elektrolyse: 75 %

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F. d. I. v.: Heinrich Höbarth