6. und 9. August 2015: 70 Jahre Hiroshima und Nagasaki

 

Seit 6. August 1945 weiß die Menschheit, dass sie nicht nur sich selbst, sondern alles Leben auf der Erde vernichten kann. Die Uranbombe „Little Boy“ tötete an diesem Tag in der japanischen Stadt Hiroshima 80.000 Menschen – und am 9. August die Plutoniumbombe „Fat Man“ in Nagasaki 40.000 Menschen. Unzählige starben später oder litten lange Zeit an den Folgen der Verstrahlung. 


Informationen zu den Atombomben unter: http://ksi.jimdo.com/aktuell/news/6-u-9-august/

 

War die Kernspaltung schon eine Entdeckung mit entsetzlichem Zerstörungspotenzial, so war es die Wasserstoffbombe noch viel mehr. Statt sofort die Atomtechnik zu ächten, geschah genau das Gegenteil: Es begann ein atomares Wettrüsten ungeahnten Ausmaßes, vor allem bei den zwei Supermächten USA und UdSSR. Parallel dazu baute man Atomkraftwerke, um die Atomenergie für „friedliche Zwecke“ zu nutzen. Man sprach von einer sicheren, sauberen, billigen Energiequelle. Die Fachwelt war begeistert. Konzerne witterten ein Riesengeschäft. Der Bevölkerung sagte man, es sei eine unerschöpfliche Energiequelle. Man brauche sich keine Sorgen mehr um die Energiezukunft zu machen.

 

Man sieht daraus, wohin die Entwicklung geht, wenn besessene Wissenschafter und Forscher, politisches Vormachtstreben, abhängige Medien und profitgierige Konzerne den Ton angeben – im Zusammenwirken mit Technikgläubigkeit, Blauäugigkeit, Informationsmangel und fehlender Auseinandersetzung mit den Technikfolgen. Hohes Intelligenz- und Kompetenzniveau, gepaart mit geringer menschlicher Reife, kann verheerende Folgen haben.

 

Der Unterschied zwischen den 1950er und 1960er Jahren und heute ist der, dass man heute wesentlich mehr über die Gefahren der „friedlichen Nutzung“ der Atomenergie weiß. Und dennoch gibt es unbekehrbare Befürworter der Atomenergie-Nutzung. Aktuelles Beispiel: Japans Regierungschef Shinzo Abe vollzieht gerade – trotz Hiroshima, Nagasaki und Fukushima und trotz Widerstand in der Bevölkerung – den Wiedereinstieg in die Atomstromgewinnung. Am 11. August wird er mit Jubelpropaganda – trotz Protesten besorgter Bürger – das Hochfahren von Block 1 des AKW Sendai veranlassen. Im Oktober wird er die Erlaubnis erteilen, dass ein zweiter Block von Sendai ans Netz geht.

 

Aber auch Englands Ministerpräsident Cameron und eine Reihe von Spitzenpolitikern anderer Länder gehören zu dieser Sorte von Menschen.

 

Wir brauchen mehr Kontrolle der Technikfolgen

 

Gegenüber der Atomenergie herrscht in vielen Ländern eine gewisse Grundstimmung der Vorsicht, ja der Angst. In vielen anderen Bereichen fehlt aber diese Grundstim-mung, weil die Gefahren im Verborgenen lauern und die Gefahrenpotenziale nur langsam wachsen. Man denke z. B. an die enorme Vielfalt an Stoffen und Produkten, die in den Drogeriemärkten zu haben sind. Man fragt sich mit Recht, was mit diesen Substanzen passiert, wenn sie unsere Waschbecken, Badewannen und Duschen verlassen. Dieser Vielfalt müsste ein ganzes Heer von Chemikern und Ökologen gegenüber stehen, die diese Stoffe prüfen, wie weit sie in den Kläranlagen bzw. Gewässern abbaubar sind – um sie entweder für den Handel freizugeben oder zu verbieten.

 

Oder was ist mit den Kunstfasern unserer Kleidung? Bei jedem Waschvorgang wandern Abriebteilchen in die Abwässer. Was passiert mit diesen Kunststoffteilchen? Die Erfindung der Kunststoffe wurde als großer Erfolg gefeiert. Denn sie können von Pilzen und Bakterien nicht angegriffen werden. Genau das ist aber auch das Problem dieser Stoffe. Sie wandern in die Gewässer, obwohl sie praktisch nicht biologisch abbaubar sind. Wurden die Folgen dieser neuen Technik bedacht?

 

Kunststoffe und Kunststoffprodukte werden in Entwicklungsländer exportiert, ohne dass dort Entsorgungsstrukturen existieren. Man darf sich nicht wundern, dass diese Kunststoffprodukte nach der Nutzung zu einem Riesenproblem werden, indem sie entweder auf riesigen Müllhalden landen oder – noch schlimmer – in die Flüsse und Meere gelangen. Ein großes, unsichtbares Problem sind die mikroskopisch kleinen Kunststoffteilchen, die im Meerwasser schweben.

 

Kontrolle der Technikfolgen kennt der Markt nicht

 

Ein Wirtschaftsjournalist schrieb in einer bekannten österreichischen Tageszeitung, man solle den Unternehmen nicht ständig neue Vorschriften machen und sie endlich das machen lassen, was sie eigentlich wollen: Güter produzieren und Dienste leisten, um diese zu verkaufen. Zugegeben: Es gibt eine Flut von Vorschriften, die z. T. veraltet sind oder unnütz, ja sogar haarsträubend.

 

Andererseits muss man bedenken, dass bei Technikfolgen und Entsorgung in der Regel kaum Nachfrage existiert und somit der Markt versagt. Daher sind die Betriebe nicht von sich aus in diesem Sinne aktiv. Sie sind in erster Linie auf die Erzeugung von Gütern bzw. auf die Entwicklung neuer Güter und Stoffe ausgerichtet. Die Nachsorge scheint in vielen Kalkulationen überhaupt nicht auf.

 

Deshalb muss sich der Gesetzgeber gestaltend einbringen und von den Firmen die Darstellung der Technikfolgen verlangen. Zugleich muss der Staat für intensive Technikfolgekontrollen sorgen. Derzeit hält die Technikfolgekontrolle nicht Schritt mit der wachsenden Fülle und Kompliziertheit der Waren und Stoffe. Jene unabhängigen öffentlichen Institute, die für die Kontrolle zuständig sind, bräuchten wesentlich mehr Personal und bessere technischen Ausrüstung. Es passiert aber eher das Gegenteil: Auf Grund einer falschen Geld- und Fiskalpolitik, deren oberstes Prinzip das Sparen ist, wird in diesem wichtigen öffentlichen Bereich reduziert statt expandiert.

 

Somit sind wir wieder bei der Atomenergie. Die Atomtechnik ist das Musterbeispiel dafür, dass die Technikfolgenkontrolle versagt hat und die Abfallentsorgung einfach der öffentlichen Hand überantwortet wird.

 

Österreich betreibt kein Atomkraftwerk, und auch die Bevölkerung steht mit deutlicher Mehrheit hinter der Antiatompolitik der Regierung. Österreich muss sich aber den Vorwurf gefallen lassen, dass es nicht genügt, bloß gegen Atomenergie zu sein, aber beim Ausbau der Stromgewinnung aus Wind und Sonne (samt Errichtung von Speicheranlagen für Ausgleichsstrom) sich nur mit mäßigem Tempo zu bewegen und beim Energiesparen praktisch auf der Stelle zu treten – obwohl die Halbierung des Energieeinsatzes das Ziel sein müsste. Österreich wäre prädestiniert dafür, als Atomkraft-freies Land bei der Energiewende als Pionierstaat mit gutem Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass die Energiewende machbar ist.

 

Informationen dazu unter: http://ksi.jimdo.com/konzept/ein-bloßes-nein-zur-kernenergie-ist-zu-wenig/  

 

Grenzen des Risikos

 

Generell müsste als internationale Regel gelten, dass Techniken, die ein gewisses Gefahrenpotenzial überschreiten, nicht zur Anwendung kommen sollen. Die jeweilige Grenze des Risikos muss die Menschheit selber festlegen. Die Atomtechnik gehört hier sicher dazu.

 

Informationen dazu unter: http://ksi.jimdo.com/konzept/grenzen-des-risikos/

 

Es gibt sogar den Vorschlag, in die Forschung und Entwicklung lenkend einzugreifen und in offensichtlich problematischen Branchen die Forschung und Entwicklung mit Abgaben zu belasten, ja sie sogar zu verbieten – entweder gleich am Anfang („Wehret den Anfängen!“) oder in einer Phase, da die Problematik klar zutage tritt. So muss sich zum Beispiel die Menschheit dazu durchringen, künftig die Vorräte bei den fossilen Energieträgern in der Erdkruste zu belassen. Auch beim Uran wäre dies notwendig, aber die Mächtigen der Erde sind sich da noch nicht einig.

 

Wir stehen ja bereits wieder vor einer neuen Gefahr. Voller Begeisterung arbeiten Wissenschafter und Forscher wie besessen daran, mit dem EU-Forschungsreaktor ITER die Art der Energiegewinnung, wie sie in der Sonne geschieht, auf Erden technisch zu nutzen, also die kontrollierte Verschmelzung von Wasserstoff-Atomkernen in Kernfusionsreaktoren zu erreichen. Das heißt, sie streben sozusagen die Zähmung der Wasserstoffbombe an. Abgesehen davon, dass die Kosten für die Entwicklung des EU-Forschungsreaktors in Südfrankreich viel zu niedrig geschätzt wurden, werden auch die Gefahren des Betriebs und des radioaktiven Mülls – wie seinerzeit bei der Atomkernspaltung – als harmlos hingestellt. Man klammern also schon wieder die Technikfolgen aus, die übrigens bei der Kernfusion quantitativ nicht geringer sind als bei der Kernspaltung. 

 

Informationen dazu unter: http://ksi.jimdo.com/konzept/kernfusion-keineswegs-so-unproblematisch/