6. November 2015: Der VW-Skandal könnte das Interesse an der E-Mobilität verstärken

 

 

Die heimische Strombranche hat gestern ihre Strategie für 2030 vorgestellt. Wolfgang Anzengruber, Chef des Verbundkonzerns und Präsident des Branchenverbands „Österreichs Energie“, wies darauf hin, dass Strom andere Energieträger ersetzten wird, etwa im Bereich Mobilität.

 

Derzeit gewinnt man aber den Eindruck, dass die Autoindustrie am E-Auto wenig interessiert ist. Denn auf Grund der einfachen Technik des E-Autos ist der Service- und Reparaturaufwand gering, was sich auf die Gewinne negativ niederschlägt. Die gesamte Autobranche – von den Produzenten bis zu den Reparaturwerkstätten – plädiert daher für fossil betriebene Autos und für Elektro-Fossil-Hybridautos. Sie tendiert eher dazu, das E-Auto als kleines Zweitauto anzupreisen.

 

Tatsache ist aber, dass im Zuge des Umstiegs auf erneuerbare Energien der Strom immer mehr die energetische Hauptsäule des Verkehrs werden wird. Das heißt, das solar betriebene E-Auto wird das fossil betriebene Auto weitgehend ersetzen.

 

Da es aber eine Konkurrenz zum eindeutig umweltfreundlicheren öffentlichen Verkehr darstellt, muss die Verkehrspolitik unbedingt das Ziel verfolgen, das Gesamtverkehrssystem durch Intermodalität und Förderung des öffentlichen Verkehrs zu optimieren. Deshalb ist ein Gesamtplan vonnöten, in den die E-Mobilität eingebettet ist und in den auch die Energiewirtschaft integriert ist.1

 

Einerseits sind Förderungen nötig, damit sich die derzeit noch relativ teuren E-Autos vom Nischenprodukt zur tragenden Mobilitätstechnik im motorisierten Individualverkehr entwickeln können, andererseits wäre es fatal, wenn dafür wegen der Knappheit des Budgets beim öffentlichen Verkehr gespart würde. Deshalb wird die Förderung nicht so weit gehen können, dass


sich einfache Pendlerinnen und Pendler in absehbarer Zeit ein E-Auto leisten können. Aber Firmen und das öffentliche Beschaffungswesen können hier sicher leichter die Vorreiterrolle übernehmen.6


Für die Durchsetzung des E-Autos hilft es auch, im Sinne der Ökologisierung des Abgabensystems eine in kleinen Schritten steigende Belastung fossiler Treibstoffe (und Brennstoffe) mit einer CO2-Abgabe einzuführen, ergänzt durch sozialen Ausgleich (Vermeidung von Energie- und Mobilitätsarmut). Die Autobranche tut gut daran, diese und andere ordnungspolitische Maßnahmen nicht zu torpedieren.      

 

Vorschlag zur CO2-Abgabe: http://ksi.jimdo.com/aktivitäten/projekt-2012/co2-abgabe-neu/

 

Weiters müssen die Autoproduzenten – vor allem zuerst einmal die europäischen – unter Vermittlung der Politik dazu gebracht werden, dass sie sich einigen und eine gemeinsame Linie in Richtung E-Mobilität verfolgen. Kooperation ermöglicht einheitliche Standards. Für die in Europa favorisierten On-Boarder (Batterie bleibt während des Ladevorgangs im Auto) bedarf es eines weit verzweigten Netzes von Ladestationen, um die Autos dezentral dort aufladen zu können, wo sie geparkt werden. Der Nachteil dieser Technik ist, dass man bei längeren Reisen wegen des wiederholten Aufladens mit Verzögerungen rechnen muss. Daher wäre zu überlegen, ob es nicht von Vorteil wäre, für längere Reisen die Angebote von Autoreisezügen zu nützen oder überhaupt gleich mit der Bahn zu reisen.

                                           

                                           On-Boarder-Ladestelle

 

Strebt man ein Off-Board-System an (entladene Batterie wird bei einer großen Ladestation mit Hilfe eines Roboters überprüft und ohne großen Zeitverlust gegen eine geladene ausgetauscht – Ladestationen könnten die bisherigen Tankstellen sein), so ist es sinnvoll, wenn die Batterien der


einzelnen Hersteller untereinander austauschbar sind, sodass sich zuallererst die Hersteller bezüglich der technischen Daten der Batterien zu verständigen haben. Eine Herausbildung eines einheitlichen Industriestandards ist hier unerlässlich – wie überhaupt im Bereich der E-Mobilität die Standardisierung der Komponenten dringend erforderlich ist.

 


Der in der „Energiestrategie Österreich“ vorgesehene Zielwert von 250.000 Elektrofahrzeugen bis 2020 kann nicht erreicht werden. Derzeit wird nur ein verschwindend kleiner Teil der Autos elektrisch betrieben. Einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung wollen die Wiener Stadtwerke setzen: Ab 2016 sollen in Wien 120 E-Taxis unterwegs sein. Nach einer Evaluierung könnte die Zahl auf 250 wachsen. Ein Tropfen auf den heißen Stein, aber die Richtung passt.


Elektro-Autos in Österreich

 31. 12. 2014

31. 12. 2013

Reine E-Autos (nur Batterieantrieb) *)

3.386

           2.070

Benzin/Elektro (hybrid) ***)

   darunter Plug-in **)

12.232

727

         10.049

              385

Diesel/Elektro (hybrid) ***)

   darunter Plug-in **)

591

49

              455

                23

Quelle: Statistik Austria

*) Laut „Salzburger Nachrichten“ vom 18. Juni 2015 aktuell 3.800 reine E-Autos

**) Batterie kann auch an einer Steckdose aufgeladen werden

***) Aufladen der Batterie mit dem Benzin- bzw. Dieselmotor


Zu bedenken ist auch, dass das E-Auto keine Patentlösung für Verkehrsprobleme ist. Auch mit dem E-Auto steht man im Stau. Aus Energie- und Klimaschutzsicht ist das E-Auto nur als Teil eines Gesamtplans, in dem der öffentliche und nichtmotorisierte Verkehr und die Raumordnung eine wesentliche Rolle spielen, ein Fortschritt. Außerdem muss der Strom von erneuerbaren Energiequellen kommen. Dasselbe gilt für E-Autos, die mit Brennstoffzellen betrieben werden: Der Wasserstoff muss auf der Basis erneuerbarer Energiequellen produziert werden. Somit scheidet Wasserstoff, der aus Erdgas gewonnen wird, von vornherein aus.  

 


Mit dem norwegischen Elektroautoboom dürfte bald Schluss sein

 

Die leisen Brummer machten in Norwegen ein Viertel aller Neuzulassungen aus. Ende 2012 waren auf den Straßen des 5,16 Millionen Einwohner zählenden Landes rund 14.000 Elektroautos unterwegs.  Ursache dieses Erfolgs sind die steuerlichen Anreize: Befreiung von der Kfz-Steuer, steuerfreier Kauf eines E-Autos, kostenloses Parken, Befreiung von der Maut, Recht, Busspuren nutzen zu dürfen.

 

Aber Norwegens bürgerlich-rechtspopulistische Regierung hat beschlossen, steuerliche Anreize für den Erwerb eines Stromautos fast zur Gänze abzuschaffen. Kritisiert wird, dass vor allem wohlhabende Großstadtbewohner, die nahe dem Arbeitsplatz wohnen und gute öffentliche Verkehrsverbindungen haben, Elektroautos als eine Art zusätzlichen Luxus kaufen. Oft sind es Zweitwagen, die in Oslo in der Hauptverkehrszeit die Busspuren verstopfen. Eine Studie ergab kürzlich, dass sich in Oslo die Fahrzeit mit Bussen um 20 Prozent erhöht hat. Und es gibt um acht Prozent weniger Buspassagiere als vor der Einführung der Stromauto-Privilegien. Mehr als 90 Prozent aller E-Auto-Besitzer haben daneben ein konventionelles Fahrzeug.2 

 


Die Bahn – das unterschätzte E-Mobilitäts-System


In Österreich wird leider wenig beachtet, dass die Bahnstrecken zum Großteil elektrifiziert sind, wobei der Strom zu über 80 Prozent aus Wasserkraft kommt. Das heißt, die elektrisch betriebene Bahn ist in Österreich die bereits vorhandene, umwelt- und klimafreundliche, hoch effiziente Struktur für E-Mobilität. Wie wenig man sich dessen bei Entscheidungs-trägern und in der Bevölkerung bewusst ist,


zeigt die Tatsache, dass auf Prospekten die Anreisewege zu bestimmten Orten bzw. Veranstaltungen in der Regel nur mit dem Autobahn- und Straßennetz dargestellt werden.

 

Zur bereits bestehenden E-Mobilität gehören auch die Straßenbahn, die U-Bahn und der Obus. Und was ist mit den Diesel-Bahnstrecken?  Diese zu elektrifizieren ist in relativ kurzer Zeit möglich. Die Umstellung des Straßenverkehrs auf E-Antrieb wird hingegen länger dauern.

 

Quellen:

1 Silvia Leodolter, „E-MOBIL?“, in: Wirtschaft & Umwelt, Nr. 2/2010, Seite 14, hgg. von Bundesarbeitskammer, Wien

2 Tageszeitung Salzburger Nachrichten vom 1. Juni 2015

 

Quelle: Statistik Austria – Nutzenergieanalyse – Energetischer Endverbrauch 2013

Graphik: ks-i

 

Fahrzeugarten in Österreich 31. 12. 2014:

Diesel: 2,66 Mio. PKW,  0,42 Mio. LKW

Benzin: 2 Mio. PKW