2. Februar 2017: Unbefriedigendes Ökostromgesetz

 

Hat die Regierung bei ihrem überarbeiteten Regierungsprogramm auf den Klima- und Umweltschutz vergessen?

 

Mit der kleinen Ökostromgesetznovelle ist gestern die erste Maßnahme aus dem neuen Regierungsprogramm in die Begutachtung geschickt worden. Änderungen gibt es bei den Regeln für Biogasanlagen und Windrädern. Mehr Ökostrom wird aber nicht erzeugt, kritisieren Vertreter der erneuerbaren Energie.

 

Das Tauziehen um Änderungen beim Ökostromgesetz dauert nun schon drei Jahre. Nun sei ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt, sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Doch vom Inhalt der Novelle sei es eher enttäuschend. „Die Aussage, die im Regierungsübereinkommen erst kürzlich gemacht wurde, dass es einen intensiven Ausbau der erneuerbaren Energien geben werde, den sehen wir nicht. Bei der Windenergie würde diese Novelle, wenn sie so umgesetzt würde, zu einer Kürzung des jährlichen Windkraftausbaus führen.“ Fördergeld würde von der Windkraft zur Kleinwasserkraft umgeschichtet, die nur weniger an Kilowattstunden Ökostrom erzeugen könne.

 

Bei Ökostrom aus Biogas soll es für hocheffiziente Anlagen länger Fördergelder geben. Unrentable Biogasanlagen erhalten hingegen eine Abwrackprämie. Moidl: „Bei Biomasse und Biogas ist es so, dass dann Elemente drinnen sind, die einerseits die Fortführung von bestehenden Anlagen und andererseits den Abbau von Anlagen betreffen. Da sehe ich noch keinen Impuls für eine gesteigerte Energieproduktion aus erneuerbaren Energiequellen.“

 

Mehr Ökostrom könnte es durch Photovoltaik-Anlagen in der Stadt geben. Denn die Novelle mache es möglich, Solarstromanlagen auch auf Mehrfamilienhäuser zu errichten und die Kosten unter den Mietern aufzuteilen.

 

Was in der Novelle fehle, sei ein Weg, die Warteschlange von derzeit 260 genehmigten Windkraftanlagen, die noch keine Förderung haben, abzubauen, sagt Peter Molnar vom Verband der erneuerbaren Energien. Er wünscht sich dafür eine Sonderfinanzierung. „Wir meinen, dass es dafür ein Konjunkturprogramm für Österreich geben soll. Wenn der Abbau der Warteschlange kommt, dass also fix und fertig genehmigte Windanlagen im Ausmaß von 700 bis 800 MW errichtet werden, dann ist das ein Impuls von bis zu einer Milliarde Euro in Österreich. Und da können viele Versprechungen, die von der Politik gemacht wurden, mit dem Abbau der Warteschlange erfüllt werden.“

 

Molnar hofft noch auf Veränderungen in der Novelle. Für den Beschluss der Novelle braucht es im Parlament eine 2/3-Mehrheit. Das heißt, die Stimmen einer Oppositionspartei sind nötig. Größere Hoffnung setzt die Ökostrom-Branche auf die große Ökostromgesetznovelle, die für Dezember angekündigt ist und ein neues, wettbewerbsfähiges Fördersystem bringen soll. Diese Gesetzesänderung muss allerdings auch von der EU-Kommission genehmigt werden.  

 

Quelle: Ö1-Radiosendung „Mittagsjournal“ vom 2. Februar 2017    

 

 

Das Hauptproblem liegt darin, dass es in Österreich kein Energiewende-Gesamtkonzept gibt. Ein solches Gesamtkonzept müsste von folgenden Tatsachen ausgehen:

 

Der Gesamtenergieverbrauch Österreichs basiert zu fast 3/4 auf fossilen Energieträgern und nur zu gut 1/4 auf erneuerbaren Energiequellen. Energiewende heißt, von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umzusteigen. Der Anteil erneuerbarer Energien kann aber aus heutiger Sicht etwa bis 2050 (ökologisch und sozial verträglich) höchstens verdoppelt, also um 1/4 des derzeitigen Gesamtenergie-verbrauchs erhöht werden.

 

Das Aufkommen aus erneuerbaren Energiequellen würde dann um 2050 bei der Hälfte des heutigen Verbrauchs liegen (und würde sich nur mehr minimal steigern lassen). Bei den fossilen Energien muss bis dahin allerdings eine Reduktion gegen Null vollzogen werden, also ein Rückgang um fast 3/4.

 

Es melden sich aber, wenn es um die Energiewende geht, vor allem Kraftwerksbauer (Wasser-, Wind, Solarkraft) zu Wort, obwohl es nicht in erster Linie darum geht, mehr Energie zu erzeugen, sondern weniger Energie zu verbrauchen! Daher muss das Ökostromgesetz in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das folgende Forderungen enthält:

 

- Halbierung des Gesamtenergieverbrauchs bis 2050

 

- Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig. aber auch der Rückgang des Energieverbrauchs. Die Reduktion fossiler Energieträger muss drei Mal so schnell vor sich gehen wie der Zuwachs bei den erneuerbaren Energien.

 

- Die österreichische Nachfrage nach Energiedienstleistungen und nach Dienstleistungen im motorisierten Verkehr muss stabilisiert werden, damit die Fortschritte bei der Energie- und Verkehrseffizienz und beim Energie- und Verkehrssparen tatsächlich zu einem Rückgang des Energieverbrauchs führen können und nicht durch wachsende Nachfrage "aufgefressen" werden.

 

- Wesentlich mehr Aufmerksamkeit als bisher muss der Stromspeicherung geschenkt werden. Denn nicht nur bei der Gewinnung von Strom aus Wind und Sonne, sondern auch bei der Nachfrage nach Strom wird es starke Schwankungen geben, da der Strom die energetische Hauptsäule des Verkehrs werden wird.

 

Diese grundsätzlichen Forderungen sind nur umsetzbar, wenn fossile Energieträger (und Atomstrom) staatlich geregelt schrittweise verteuert werden. Deshalb muss in einem Gesamtkonzept eine CO2-Abgabe enthalten sein – niedrig beginnend und in keinen, verkraftbaren Schritten steigend. Nur so kann ein Substitutionsprozess - weg von fossiler Energie (politisch gesteuerte Verteuerung), hin zu erneuerbaren Energiequellen - in Gang kommen.     

 

Der niedrige Ölpreis ist der Feind der Energiewende. Die Lage könnte noch viel ernster werden. Wird nämlich das Klimaabkommen von Paris auch tatsächlich umgesetzt, dann wird der Verbrauch fossiler Energien, also auch der Einsatz von Erdöl, stark zurückgehen und somit der Ölpreis massiv fallen.

 

Um die Energie- und Verkehrswende stützen zu können, werden wir, die Industriestaaten, um eine CO2-Abgabe nicht herumkommen.

 

 

Das daraus resultierende Aufkommen soll nicht dem Fiskus zufließen, sondern in erster Linie zur Senkung der Lohnnebenkosten umgeschichtet werden, ergänzt durch eine Sozialkomponente (Vermeidung von Energiearmut) und durch eine Entwicklungskomponente (intensive Entwicklungszusammenarbeit).