30. November 2019: Das E-Auto muss zukunftstauglich sein

 

Die Zeit, in der das E-Auto als faszinierendes Spielzeug betrachtet wurde, ist vorbei. Es muss rasch ein E-Auto samt Lade- und Speicherstruktur entwickelt werden, das wirklich für alle benutzbar ist: ein massentaugliches und zugleich fernverkehrstaugliches Auto.

 

Leider stehen bei den derzeitigen PKW-Batterien häufig nur die Speicherdichte und die Reichweite im Mittelpunkt der Debatten, während die Probleme der Ladezeiten und der Ladeinfrastruktur in den Hintergrund treten und die Notwendigkeit zusätzlicher Speicherstrukturen und -kapazitäten nicht die nötige Rolle spielen.

 

Da sich nicht alle Haushalte zwei Autos leisten können – sowohl ein E-Auto für kurze und mittlere Strecken und ein Auto mit Verbrennungsmotor für Langstrecken – muss danach getrachtet werden, dass sich ein E-Auto durchsetzen kann, das sowohl massen- als auch fernverkehrtauglich ist. 

 

 

Das E-Auto muss massentauglich sein

 

Je mehr Autonutzer auf Batterie-Antrieb umsteigen (und je mehr vielleicht auch LKWs, Busse und Traktoren mit Traktions-Batterien angetrieben werden), desto mehr wird sich zeigen, dass das On-Board-System (Batterie bleibt beim Aufladen im Kraftfahrzeug) nicht massentauglich ist. Wer glaubt, der batterieelektrische Antrieb auf Basis des On-Board-Systems könne als allumfassende Universallösung fungieren, hat nicht konsequent zu Ende gedacht. „So bräuchten Autobahnraststellen mit Hochleistungsstationen die etwa 20- bis 50-fache Anzahl von Tanksäulen. Der entsprechende Platz- und Anschlussleistungsbedarf bedarf keiner Kommentierung.“ (Helmut Eichiseder, „Der perfekte Antrieb?“. In: auto touring, Oktober 2017, hgg. vom ÖAMTC).

 

Will man z. B. eine Batterie aufladen, die über eine Kapazität von 36 kWh verfügt, so braucht man – wenn man die Energieverluste außer Acht lässt – bei einer Ladeleistung von 2 kW 18 Stunden. Beabsichtigt man diese Batterie aber in einer Stunde voll aufzuladen (öffentliche Ladestation mit Gleichstrom und mit CCS-Schnellladesystem), also die 36 kWh in einer Stunde in die Batterie zu „pressen“, dann hat man es mit einer Ladeleistung von 36 kW zu tun. Das ist in einer Stunde der vierfache Stromverbrauch von einem Tagesverbrauch eines Durchschnittshaushaltes (3500 kWh pro Jahr, also 9 kWh pro Tag). Zu kriminellen Leistungsspitzen kommt es, wenn mehrere E-Autos gleichzeitig an einem Ort in einer Stunde „aufgetankt“ werden oder wenn der „Tankvorgang“ gar nur 20 Minuten dauern soll. Randbemerkung: Will ich eine Batterie mit 36 kWh „betanken“, so brauche ich über 40 kWh vom Netz, denn beim Aufladen geht Energie in Form von Wärme verloren.

 

 

Das E-Auto muss auch fernverkehrstauglich sein

 

Zwar sollte man für Fernreisen die Bahn wählen. Muss man bzw. will man aber dennoch mit dem Auto eine Fernreise unternehmen, dann sind die langen Ladezeiten ein Problem. Ein Ausweg könnte für Vermögende darin bestehen, sich zwei Autos zu beschaffen: ein E-Auto für kurze und mittlere Strecken und ein Auto mit Verbrennungsmotor für Langstrecken. Dies wäre aber ungerecht gegenüber jenen Haushalten, die sich nur ein Auto leisten können. Außerdem verträgt sich ein System, das neben dem E-Auto auch einen Verbrenner erfordert, also ein On-Board-System, nicht mit Umwelt- und Klimaschutz. Das heißt, das Batterie-Auto auf Basis des On-Board-Systems ist auch nicht fernverkehrstauglich.

 

 

Nur das Off-Board-System ist massen- und fernverkehrstauglich

 

Daher sollten Autobauer und Politik das Off-Board-System anvisieren, bei dem beides möglich ist, sowohl das (langsame) Aufladen der im Auto befindlichen Batterie (z. B. in der eigenen Garage) als auch der schnelle Wechsel der Batterie bei der Tankstelle.

 

Dass sich bisherige Versuche nicht durchsetzten, spricht nicht gegen das Off-Board-System. Beim schnellen Batteriewechsel kann man sich moderner Roboter-Technik bedienen. Ebenso bei der Überprüfung der zu entfernenden Batterie.

 

Die dezentral vorhandenen Tankstellen könnten sich zu Batterie-Zentren entwickeln. In jedem dieser Zentren könnte eine große Zahl von Batterien gelagert werden, um über genügend Kapazität für Lade-Spitzen und für den Batterie-Tausch verfügen zu können. Diese Zentren wären zugleich auch ein wichtiger Beitrag zur Verdichtung der Speicherstrukturen und somit zu einer Steigerung der Speicherkapazität mit ausgleichender Wirkung („Glättung“) auf die Belastung des Stromnetzes (wichtiger Beitrag zur Netzstabilität).

 

Auf diesen Vorteil verweist auch Walter Kreisel von Kreisel-Systems: „…wenn wir auf dem Punkt A und auf dem Punkt B Energie speichern können, brauchen wir nur mehr die Ausgleichsenergie hin- und herschicken.“ („Strom für die Zukunft – Elektrizität neu denken“, Ö1-Radiosendung „Dimensionen“ vom 5. Oktober 2017, 19.05 Uhr)

 

Voraussetzung für das Off-Board-System ist aber, dass die Batterien der einzelnen Hersteller untereinander austauschbar sind (wie derzeit die Treibstoffe der verschienen Firmen genormt sind), sodass sich zuallererst die Hersteller bezüglich der technischen Daten der Batterien zu verständigen haben. Das heißt, dass die Herausbildung eines einheitlichen Industriestandards unerlässlich ist – wie überhaupt im Bereich der E-Mobilität die Standardisierung der Komponenten dringend erforderlich ist.

 

 

Gesamtenergieverbrauch halbieren

 

Experten weisen darauf hin, dass uns in Österreich (und in den anderen Industriestaaten) inländische erneuerbare Energie im heute gewohnten Riesenausmaß sozial und ökologisch verträglich nicht zur Verfügung stehen kann. Es ist sogar von der Notwendigkeit die Rede, dass unser Energiebedarf im Vergleich zu heute auf die Hälfte sinken muss, wenn wir unsere Lebensqualität erhalten wollen, gleichzeitig Umweltschäden und Klimaerhitzung nicht weiter befeuern wollen und die Ausnutzung der Schwächen armer Länder beenden wollen.

 

Erneuerbare Energien gibt es in Form von Grünstrom (aus Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft), Biomasse/Biogas und Umgebungswärme. Man kann davon ausgehen, dass für den Verkehrssektor der Strom die energetische Hauptsäule werden wird, vor allem zum Speisen von Oberleitungen, zum Aufladen von Batterien und zur Erzeugung von Wasserstoff zum Betrieb von Brennstoffzellen. Beim PKW wird wahrscheinlich der Batteriebetrieb die Hauptrolle spielen.

 

 

Der E-Antrieb ist die effektivste Antriebsart und muss im Verkehrssektor zum Rückgang des Energieverbrauchs führen

 

Auch im Verkehrssektor müssen die Energieeffizienz-Potenziale in hohem Maße genutzt werden, vor allem durch Umstieg vom Verbrennungsmotor zum E-Antrieb.

 

Die  Energieverbrauchs-Verminderung gelingt dadurch, dass die Fortschritte bei der Energieeffizienz nicht durch steigenden Energieeinsatz „aufgefressen“ werden, sondern zum Rückgang des Energieverbrauchs führen.

 

Leider steigt beim Verkehr der Energieverbrauch immer noch deutlich. Der derzeitige Trend beim Autokauf zum stark motorisierten, schweren Auto-Riesen hält an. Die Autobauer sind daran interessiert, dass dieser Trend nicht nachlässt. Leider werden auch beim E-Auto Kraftprotze angeboten. Beim Umstieg auf den E-Antrieb fungieren die Autoproduzenten leider nur zum Teil als Treiber, ansonsten eher als Bremser.

 

Die Trendwende hin zur Reduktion des Energieeinsatzes im Verkehr ist und wird eine enorme Herausforderung. Vor allem die Politik ist am Zug, die Rahmenbedingungen zu ändern: Der Ausstoß von fossilem CO2 muss schrittweise verteuert werden. Mit den daraus entstehenden Einnahmen muss klimafreundliches Verhalten belohnt werden, indem an alle Bürgerinnen und Bürger ein gleich hoher Klimabonus ausbezahlt wird, sodass jene, die sich bezüglich motorisierter Mobilität mäßigen oder einschränken müssen, einen finanziellen Gewinn erzielen.  

 

Zu bedenken ist, dass es nicht genügt, die Autoflotte einfach vom Verbrennungsmotor auf E-Antrieb umzustellen und ansonsten so weiterzumachen wie bisher. So wie beim Autoverkehr kann es generell beim Straßenverkehr nicht weitergehen. Dasselbe gilt für den Flugverkehr und bezüglich Kreuzschifffahrt. Es braucht große Anstrengungen in Richtung

- Vermeidung von motorisiertem Verkehr und

- Verlagerung von motorisiertem Verkehr in Richtung Energieeffizienz, vor allem zur Bahn (die auch im ländlichen Raum das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs bilden muss)

 

Der höchste Wirkungsgrad ist erreichbar, wenn auf Schienen gefahren wird und der Strom von der Oberleitung kommt.

 

Durch den Umstieg auf Strom von erneuerbaren Energiequellen entsteht die völlig neue Situation, dass die Zahl der Kraftwerke, die nach den aktuellen Witterungsbedingungen Strom erzeugen, die Zahl der steuerbaren Kraftwerke immer mehr übertreffen wird. Da Strom an sich kein speicherbarer Energieträger ist, muss zum Ausgleich von Schwankungen – vor allem bei der Gewinnung von Strom aus Sonne und Wind – der Errichtung von ergänzenden Speicherstrukturen wesentlich mehr Aufmerksamkeit als bisher geschenkt werden. Zwar ist die Gesamtheit der Traktionsbatterien in den elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen auch eine Speicherstruktur. Aber sie reicht nicht aus, um die genannten Schwankungen auszugleichen. Dazu kommt, dass die zunehmende Elektrifizierung des Straßenverkehrs zusätzliche Schwankungen bei der Nachfrage nach Strom bedingt.