22. Jänner 2020: Nachhaltigkeit, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind heuer beim Weltwirtschaftsforum in Davos zentrale Themen

 

Vom 21. bis 24. Jänner stehen diese Themen beim heurigen Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum WEF) im Schweizer Skiort Davos im Mittelpunkt. Junge Aktivistinnen und Aktivisten sind nach Davos eingeladen worden, um über ihre Wünsche an die Politik und über ihre Vorstellungen von der Zukunft zu sprechen. Dabei sind die Augen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem auf Greta Thunberg gerichtet.

 

Der erste Tag wurde in Davos zum Duell Donald Trump gegen Greta Thunberg. Der US-Präsident, der einige Stunden nach Gretas erstem Auftritt eingetroffen war, ging in seiner Rede auf Konfrontationskurs zur jungen schwedischen Klimaaktivistin: „Wir müssen die ewigen Propheten des Untergangs und ihre Vorhersagen der Apokalypse zurückweisen“, sagte Trump bei seiner mit Spannung erwarteten Rede vor Spitzenvertretern aus Politik und Wirtschaft. Es gebe ja immer Schwarzseher, die sehen wollten, wie man scheitere. Es dürfe aber nicht zu viel Skepsis geben. Für die USA seien Wachstum, Kreativität und Bereitschaft, jeder Herausforderung zu begegnen, sehr wichtig.

 

Im Publikum verfolgte Greta Thunberg, die 17-jährige Schülerin aus Schweden, mit ernster Miene die Rede von Trump. Zuvor hatte Greta bei ihrem ersten Auftritt den Politikern und Wirtschaftstreibenden Versagen beim Kampf gegen den Klimawandel vorgeworfen. Sie hatte kritisiert, dass sich bisher auf politischer Ebene de facto „nichts getan“ habe. Der Klimaschutz sei durch die Proteste junger Menschen zu einem wichtigen Thema geworden, noch gebe es jedoch keinen Fortschritt. „Es muss mehr passieren, dies ist erst der Anfang.“ Persönlich könne sie sich über Aufmerksamkeit nicht beklagen, so Greta. „Aber die Wissenschaft und die Stimmen der jungen Generation stehen nicht im Zentrum der Debatte. Doch das müssen sie.“ 

 

Thunberg war mit Worten eher sparsam umgegangen und hatte leise und zurückhaltend gesprochen. Dann hatte sie den anderen jungen Umwelt-Aktivistinnen und -Aktivisten, die sie unterstützen, auf dem Podium den Vortritt gelassen: Die Politik habe die Erfahrung, die jungen Leute die Ideen, sagte z. B. Natasha Mwansa aus Sambia. Es gehe nicht um Reden, sondern um Handlungen. „Was zählt, ist, was wir zu Hause machen. Wir werden nicht immer in Davos sein.“ Die Kanadierin Autumn Peltier kritisierte, die Menschen konzentrierten sich nur auf Geld. „Wir müssen uns aber darauf fokussieren, was passiert“, sagte sie.

 

Klaus Schwab, Gründer und Chef des Weltwirtschaftsforums, schien zu wissen, was die Stunde geschlagen hatte. Kameras schwenkten an Kränen über die Köpfe des Auditoriums. Die 300 Plätze waren alle besetzt.

 

US-Präsident Trump, der einige Stunden nach Thumberg auftrat, erhielt als Regierungschef des mächtigsten Staates, den größten Saal, der 1500 Leute fasst. In blauem Anzug und mit roter Krawatte betrat Trump die Bühne. Nach einer kurzen Einleitung durch Schwab begann er seine halbstündige Rede von den beiden Telepromptern rechts und links des Pults abzulesen. Es war eine Lobeshymne auf die eigene Politik, den guten Zustand US-Ökonomie und eine glorreiche Zukunft.

 

Die Wörter „Erderwärmung“, „Kohlendioxid“ und „Klima“ kamen in seiner Rede nicht vor. Stattdessen erklärte Trump, dank Fracking seien die USA nun der größte Produzent von Erdöl und Erdgas weltweit. Darin liege die Zukunft, wie auch in „sauberer Kohle“. Die Angst der 1990er Jahre, das Erdöl könne zu Ende gehen, habe sich zum Glück als falsch erwiesen. 

 

Die Auftritte von Trump und Thunberg bildeten den Kern des diesjährigen Weltwirtschaftsforums. Thunberg und Trump stehen für zwei diametral verschiedene Richtungen, in die sich die Politik in den kommenden Jahren entwickeln kann. 

 

Bei der Podiumsdiskussion wollte der Moderator von Thunberg wissen, wie sie mit Trollen im Internet umgehe, die sie beschimpfen. Sie schaute irritiert, holte einen Zettel aus der Hosentasche, sagte, sie möchte jetzt zum Punkt kommen, und las vor: „Im Bericht des Panels der Vereinten Nationen zum Klimawandel von 2018, Kapitel zwei, Seite 108, steht: „Wenn man eine 67-prozentige Chance haben will, den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten, dürfen weltweit nur noch 420 Gigatonnen Kohlendioxid ausgestoßen werden.“ Dieses Budget sei im Jahr 2026 aufgebraucht.“

 

Beim Klima jedenfalls war das Forum eindeutig weiter als Trump – und näher bei Thunberg. In einem Brief forderte Schwab alle teilnehmenden Firmenchefs auf, für ihre Unternehmen die Verringerung der Kohlendioxidemissionen auf null bis spätestens 2050 anzupeilen. Der Klimawandel sei „Schlüsselthema“ des heurigen Forums, sagte Schwab. In einer Studie bemängelt das WEF, dass bisher nur ein paar hundert globale Unternehmen planmäßig ihren CO2-Ausstoß reduziert hätten. 

 

Am frühen Nachmittag des 21. Jänner hielt Thunberg eine Rede beim nächsten Panel. Titel: „Die Klimaapokalypse vermeiden“. Einer der vier Diskutanten auf dem Podium war Allianz-Chef Bäte. Thunberg wiederholte ihre Forderung an die Unternehmen, sofort alle Investitionen in fossile Energien zu stoppen. „Sind wir naiv?“, fragte sie und beantwortete die Frage selbst: „Nein, es ist einfach nötig.“

 

Bäte hat gerade zusammen mit den Vereinten Nationen und ein paar anderen Großinvestoren die „Netto-Null-Allianz“ gegründet. Bis 2050 wollen die Unternehmen ihre Kapitalanlagen in Höhe von rund vier Billionen Euro so umstrukturieren, dass sie keinen Kohlendioxidausstoß mehr verursachen. Damit liegt Bäte ganz weit vorn. Er sucht Mitstreiter. 

 

Trotzdem ist 2050 nicht sofort. Warum es nicht schneller gehe, fragte die Moderatorin. Er müsse auch die Interessen seines Unternehmens berücksichtigen, sagt der Allianz-Vorstandschef.

 

Was Schwab mit seinem Brief erreichen will, ist ein Umdenken bei den Firmenchefs. Und was Bäte mit der „Netto-Null-Allianz“ eingeleitet hat, ist hervorragend und löblich. Beide handeln im Sinne von Thunberg, nehmen den Klimaschutz ernst und machen sich nicht wie Trump darüber lustig. Der Kampf gegen die Klimaerwärmung benötigt aber mehr Tempo. Nicht nur Bäte, nicht nur generell die Wirtschaft, sondern wir alle müssen uns mehr anstrengen. Damit das gelingen kann, brauchen wir eine Politik, die beim Klimaschutz in Geschlossenheit an einem Strang zieht und die nötigen Rahmenbedingungen schafft.

 

Quellen: Konzentrat aus Berichten der „Kronenzeitung“ und der „Salzburger Nachrichten“ vom 22. Jänner.