16. Februar 2019: Ökostrom – Miteinander reden statt streiten!

 

Die Novellierung des Ökostromgesetzes hat vorgestern die SPÖ im Bundesrat verhindert. Sie will weitere Verhandlungen, was aber die ÖVP-FPÖ-Regierung ablehnt. Es droht eine Entwicklung in Richtung Eskalation. Notwendig wäre aber, dass die Parteien miteinander sprechen. Denn es braucht gemeinsames Vorgehen, damit die Umstellung auf erneuerbare Energien gelingen kann.

 

Problemlage: Die Erzeugung von Strom aus Biomasse ist aufwendig und muss mit öffentlichen Geldern subventioniert werden. Derzeit hängen 137 Anlagen am Subventionstropf. Die Förderung erfolgt über garantierte Strompreise, die über den marktüblichen Strompreisen liegen. Die Unterstützung war befristet. Man ging davon aus, dass die Kraftwerke im Lauf der Zeit marktfähig würden, was aber noch nicht der Fall ist.

 

Das hat – sehr vornehm formuliert – damit zu tun, dass die hohen indirekten Kosten, die die Energieträger Kohle, Öl und Gas verursachen, von der Allgemeinheit getragen werden.

 

Im Klartext heißt das: Die Abgase aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas (hauptsächlich CO2) dürfen nach derzeitiger Gesetzeslage gratis in die Atmosphäre entsorgt werden, obwohl diese Gase am Klimawandel schuld sind – somit immer mehr Leid über die Menschheit bringen und immer höhere Kosten verursachen. Da deshalb Kohle, Öl und Gas, die Konkurrenz-Energieträger zu Biomasse, so billig sind, ist Biomasse nicht konkurrenzfähig. Das heißt, die externen Kosten, die durch die Verfeuerung von Kohle, Öl und Gas entstehen, werden ihnen nicht angerechnet. Oder anders ausgedrückt: Für die bei der Verbrennung frei werdenden und in die Atmosphäre gelangenden klimaschädlichen Gase (Treibhausgase) muss keine Abgaben (z. B. CO2-Abgabe) entrichtet werden.

 

Die Förderung von Biomasse-Ökostrom ist deshalb notwendig, weil die politischen Parteien es bisher nicht zustande gebracht haben, sich an einen Tisch zu setzen und gemeinsam einen Gesetzesentwurf vorzubereiten, dass Kohle, Öl und Gas mit einer Abgabe belastet werden – und dadurch Strom aus Biomasse-Kraftwerken konkurrenzfähig würde.

 

Sollte nicht rechtzeitig eine Novelle zum Ökostromgesetz beschlossen werden, ist bis zum Jahresende ein Drittel – konkret sind das 47 Biomassekraftwerke – vom Auslaufen der Förderungen betroffen. Die Bundesregierung wollte die Förderungen weiterfließen lassen.

 

Die SPÖ verwahrte sich insbesondere gegen den Vorwurf, mit ihrer Weigerung, der Förderung der Biomasseanlagen zuzustimmen, Kohle- und Atomstromimporte notwendig zu machen: Die 130 Biomasseanlagen in Österreich produzierten  nur 3,4  Prozent des benötigten Stroms, heißt es in einem Argumentationsleitfaden der SPÖ-Parlamentsfraktion. Auch die von der Regierung behauptete Gefährdung von 6000 Arbeitsplätzen ließ die SPÖ nicht auf sich sitzen. Tatsächlich seien nur, je nach Berechnung, 120 bis 200 Arbeitsplätze direkt betroffen.

 

Die ÖVP hingegen argumentiert, dass die Gesetzesnovelle existenzielle notwendig sei: „Ansonsten müssen 47 Biomasseanlagen zusperren“, warnte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Landwirtschaftministerin Elisabeth Köstinger zeigte sich enttäuscht von den SPÖ-Bundesräten. Sie hätten „Parteitaktik vor Klimaschutz und Arbeitsplätze“ gestellt.

 

Die SPÖ will nun zurück an den Verhandlungstisch und stellt folgende Forderungen:

- Die Ökostrom-Tarife müssen im Gesetz festgeschrieben werden: Darauf entgegnet die ÖVP: Das sei auch bisher nicht der Fall gewesen.

- Das Fördermodell sollte nach Effizienz abgestuft werden.

- Einkommensschwache Haushalte sollten von der Ökostromabgabe befreit werden. Darauf die ÖVP: Das sei von der Regierung ohnedies geplant gewesen.

- Die SPÖ fordert eine öffentliche Begutachtung der Ökostromgesetz-Novelle.

 

 

Beide, sowohl die SPÖ als auch die Bundesregierung, haben Fehler begangen: Einerseits ist die Bundesregierung zu forsch aufgetreten und hat die SPÖ mit ihrer Drüberfahr-Mentalität vor den Kopf gestoßen. Andererseits hat die SPÖ darauf bestanden, die im Nationalrat vor zwei Wochen von ÖVP, FPÖ und Neos beschlossene Ökostromgesetz-Novelle im Bundesrat abzulehnen, wenn sie die Bundesregierung nicht von der Tagesordnung nimmt.

 

Was am 14. Februar dann tatsächlich geschah, ist uns mittlerweile bekannt: Im Bundesrat konnte das Ökostromgesetz nicht novelliert werden, weil die 21 SPÖ-Bundesräte dagegen stimmten und so die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verhinderten (die zwei grünen Bundesräte stimmten übrigens für die Novellierung).

 

Nun existiert ein Vakuum bei der Förderung von Biomasse-Kraftwerken. Nicht wenige Betriebe hängen damit in der Luft. In den Gemeinden wird das mit Sorge beobachtet, auch in SPÖ-geführten.

 

Nichtsdestotrotz kann so mancher SPÖ-Bürgermeister eine gewisse Art von Verständnis für die Kollegen im Bundesrat aufbringen, so etwa Erich Rohrmoser, Ortschef von Saalfelden. In der Pinzgauer Gemeinde ist ein großer holzverarbeitender Betrieb angesiedelt, der mit seinem Biomasse-Heizkaftwerk 15.000 bis 18.000 Haushalte mit Strom versorgen könnte. Angesichts dieser Dimension würde er sich „sehr wünschen“, dass sich nun „alle gleich einmal an einen Tisch setzen und eine vernünftige Lösung zustande bringen.“ Und das so schnell wie möglich, so Rohrmoser, denn „jeder Betrieb ist für uns wichtig.“ Die besten politischen Lösungen kämen immer dann zustande, sagt Rohrmoser, wenn man sich rechtzeitig bemühe, möglichst alle ins Boot zu holen.

 

Ähnlich sieht das auch der SPÖ-Bürgermeister von der oststeirischen Gemeinde Weiz. Die rund 11.600 Einwohner zählende  Gemeinde bezieht aus zwei Biomasseanlagen rund 70 Prozent an Wärmebedarf für die Bürger. Eines der beiden Werke gehört der Gemeinde, das andere der Weitzer Ökoenergie GmbH. Die Biomasseanlage des Unternehmens Weitzer  Parkett  liefert neben Wärme auch Strom und wäre laut SPÖ-Ortschef Erwin Eggenreich somit langfristig vom Aus der Förderungen betroffen. Sein Wunsch an alle politischen Parteien: „Deshalb hätte ich gern eine andere Lösung gehabt.“ Natürlich treffe die Regierung wegen ihres zu forschen Auftretens eine Schuld. „Aber trotzdem muss man zu einer Lösung kommen“, so Eggenreich weiter.

 

Auch der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer richtet „einen Appell an alle, sich doch noch einmal an einen Tisch zu setzen und zu reden.“

 

Die SPÖ möchte weiter verhandeln. Aber die Regierung will nun mit einem Polit-Trick die Blockade der SPÖ umgehen. Sie strebt eine Gesetzesänderung an, damit die Verlängerung der Förderung auf einfachgesetzlichem Wege möglich wird und die Zwei-Drittel-Mehrheit nicht mehr notwendig ist. Der Vorschlag sieht so aus: Die Regierung legt ein Grundsatzgesetz vor, das sie mit einfacher Mehrheit beschließt. Die Ausführung liegt bei den Ländern.

 

Die ÖVP-Länder wurden bereits in den Plan eingeweiht und stimmten zu. Aber die SPÖ ist über das Ausbremsen empört.

 

 

Ganz offensichtlich steuert die Ökostromgesetz-Novelle in Richtung Eskalation. ÖVP und SPÖ stehen einander unversöhnlich gegenüber. Das ist aber ein Weg, der nicht zur Energiewende führen kann. Denn die Energiewende benötigt ganz im Gegenteil die Zusammenarbeit aller politischen Parteien.

 

 

 

Quellen:

Salzburger Nachrichten vom 11., 12., 13., 15. und 16. Februar

Kronenzeitung vom 3., 11., 14., 15. und 16. Februar