12. April 2019: Green New Deal – Naive Utopie oder letzte Chance?

 

Einen „Green New Deal“ fordern einige Demokraten in den USA und erhalten internationalen Zuspruch. Dieser „Green New Deal“ fordert, dass große Industriestaaten sich innerhalb von zehn Jahren aus dem Verbrauch fossiler Energie ausklinken sollen, weniger Fleisch konsumieren sollen und überhaupt weniger konsumieren sollen. Denn alles, was die Wissenschaft bezüglich Klimawandel prognostiziert hat, ist eingetreten, nur schneller und extremer.

 

Die Wissenschafterin Helga Kromp-Kolb, die sich intensiv mit dem Klimawandel befasst,  schrieb mit anderen ein Buch mit dem Titel „Zwei Grad: Warum wir uns für die Rettung der Welt erwärmen sollten“. In diesem Buch wird festgestellt, dass wir auf dem Kurs sind, über das Zwei-Grad-Ziel hinauszuschießen, obwohl der letzte Sachstandbericht des IPCC (Intergovermental Panel on Climate Change) sagt, dass es keinen wissenschaftlichen Grund gebe, warum wir nicht auch das 1,5-Grad-Ziel erreichen könnten.

 

Aber selbst das Zwei-Grad-Ziel sei in Gefahr. Denn was sich die EU vorgenommen hat, nämlich bis 2030 nur 40 Prozent Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 einzusparen, sei zu wenig. „40 Prozent bis 2030 reicht nicht, wenn wir 2050 auf null sein wollen. Bzw. die Beschleunigung, die wir am Ende bräuchten, wäre enorm.“

 

Im Gespräch mit Moderator Philipp Blomb (Ö1-Sedung „Punkt eins“ vom 20. März 2019, 13:00 Uhr) bemängelt Frau Kromp-Kolb, dass die Klimaschutz-Diskussion generell fasch laufe. „Es geht nicht darum, aufzuzeigen, warum wir das (das Klimaziel: Anm.) nicht erreichen, sondern es geht darum, aufzuzeigen, wie wir es erreichen, wie können wir die ganze Welt mitnehmen. Ein wesentlicher Teil davon ist, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir können nicht erwarten, dass Schwellen- und Entwicklungsländer umstellen, wenn wir auf unserem Lebensstil beharren.“

 

Die Devise müsse lauten: „Was müssen wir tun, damit es geht.“ Und die Alternative müsse uns klar sein: „Das Ende unserer Zivilisation.“

 

Außerdem würde es uns viel schwerer fallen, im Chaos zu überleben, als dies die Bevölkerung in Entwicklungsländern schaffen würde.

 

Es sei eine Schande für uns Erwachsene, betont Frau Kromp-Kolb, dass sich Schüler und Jugendliche für das Klima einsetzen müssen. Jenen, die die demonstrierenden Jugendlichen wegen ihrem verschwenderischen Lebensstil kritisieren, hält sie vor, dass diese jungen Menschen auch nur Opfer des Systems seien – eines Systems, das ständiges Wachstum brauche.

 

Wirtschaftswachstum per se könne doch nicht Ziel sein, betont die Wissenschafterin. Es sei eigenartig, dass eine ganze Generation von Ökonomen und Politikern nichts anderes könne, als in Wirtschaftswachstum zu denken. Diese einseitige Wirtschaftstheorie sei, beginnend bei den Lehrenden, zu ändern. Man müsse loslassen und sich fragen, wie die Alternative aussehen könnte.

 

Frau Kromp-Kolb vergleicht den Mangel an Klimaschutz-Anstrengungen mit dem Bergsteigen: „Wenn es sich nicht ausgeht, dass ich vor Abend oben bin, hab ich ein Problem, weil ich dann im Finstern weitergehen muss.“ Eindringlich warnt sie uns, die Natur reagiere auf unser Wenig-Tun bloß in der Weise, dass sie ihren Weg weiter gehe und nicht warte. „Der Zwang – dass uns die Natur zu etwas zwingt – ist noch nicht verstanden worden. Wir können uns nicht ausreden auf ‚wir haben uns eh so bemüht’.“

 

Der „Green New Deal“ hätte übrigens den positiven Effekt, dass mit ihm auch wesentliche soziale Ziele erricht werden könnten.