Presse 2018

 

 

 

Leserbrief in der Online-Ausgabe der Salzburger Nachrichten vom 29. November 2018:

 

Energiewende braucht CO2-Steuer

 

Heinrich Höbarth, 4400 Steyr

 

Einerseits machen jene, die zum Kampf gegen Windräder angetreten sind, die Rechnung ohne den Wirt. Denn der Totalumstieg auf erneuerbare Energien ist nur möglich, wenn alle Potenziale bei den Erneuerbaren genutzt werden, also auch die Potenziale bei der Windenergie.

 

Andererseits kann man den Windenergiegegnern nicht böse sein, denn ohne sich dessen bewusst zu sein, richtet sich ihr Kampf gegen eine Energiewende, die diesen Namen nicht verdient. Eine richtige Energiewende würde nämlich das Ziel verfolgen, fossile Brenn- und Treibstoffe zurückzudrängen und den Energieverbrauch generell in Richtung Halbierung zu reduzieren. Laut Studien kann bis 2050 trotz großer Anstrengungen nur etwa die Hälfte des heutigen Gesamtenergieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen aufgebracht werden.

 

Diese Tatsache wird leider kaum thematisiert. Deshalb beherrschen energieintensive Trends die Energieszene: Digitalisierung und Robotik, Bitcoins und Blockchain, Trend zu großen Autos, Wachstum bei Flugreisen und Kreuzschifffahrten usw. So werden die Fortschritte bei der Energieeffizienz, die durch technische Innovationen und durch Sparverhalten erzielt werden, durch steigende Nachfrage nach Energiedienstleitungen und durch mehr Dienstleistungen im motorisierten Verkehr "aufgefressen".

 

Dass der Lebensstil von uns Industriestaaten ganz gegen den Klimaschutz gerichtet ist und weder enkel- noch welttauglich ist, ist ja kein Geheimnis. Wir brauchen daher dringend Politiker, die eine wirkliche Energie- und Verkehrswende vor Augen haben - und zwar durch Einführung einer in kleinen Schritten steigenden Belastung fossiler Brenn- und Treibstoffe (und von Atomstrom) mit einer CO2-Steuer. Das heißt, die Rahmenbedingungen werden mit dieser Steuer so geändert, dass der Markt von sich aus die Energie- und Verkehrswende bewirkt.

 

Dies ist eine weise Selbstbeschränkung, die die Wirtschaft in einem wichtigen Bereich belebt. Intensive Vorbereitung ist natürlich Voraussetzung. Härten (wie z. B. Energiearmut) müssen durch sozialen Ausgleich verhindert werden, und auf energieintensive Betriebe muss Rücksicht genommen werden. Das Aufkommen aus der CO2-Steuer muss für die Senkung der Arbeitskosten, für Förderungen bei den erneuerbaren Energien und für den Ausbau der Schienen-Infrastruktur umgeschichtet werden. Auf Grund der Anstiegsdynamik bei dieser Steuer erübrigen sich nach einiger Zeit Förderungen für erneuerbare Energien. Investitionen in Energieeffizienz (z. B. wärmetechnische Optimierung der Häuser) rechnen sich. Die Energieverteuerung wird durch geringeren Energieverbrauch ausgeglichen. Das heißt: Trotz steigender CO2-Abgabe bleiben die Ausgaben für Energie gleich, weil durch effizienteren Energieeinsatz der Energieverbrauch gesenkt wird.

 

Österreich hat 1978 mit dem Nein zur Atomenergie einen wichtigen Zukunftsentscheid getroffen. Und heute wäre es wieder gut, wenn Österreich als Pionierstaat vorausginge und die Chance des EU-Ratsvorsitzes nützte, um die CO2-Steuer zu thematisieren und selber mit der Einführung einer solchen Steuer zu beginnen.

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